Honor Harrington 9. Der Stolz der Flotte
recht halsstarrig sein sollen.«
»Nicht halsstarrig genug, wie es scheint!«, knurrte er, und nun mussten auch Clinkscales und Mayhew lachen. »Nun, wenn Sie mitkommen wollen, Mylady, dann brechen wir lieber auf, bevor Commodore McKeon und Commander Montaya Wind davon bekommen. Von den beiden würden Sie es sich zwar ebenso wenig ausreden lassen wie von mir, aber ehe die aufgeben, haben wir Mitternacht.«
»Jawohl, Sir«, murmelte sie unterwürfig.
LaFollet bedachte sie mit einem sauren Blick, dann bückte er sich nach dem Baumkatzengestell, das Harkness für sie gebaut hatte, und schnallte es ihr um.
Solange sie Nimitz nicht nach Hause brächten und in die Hände eines guten sphinxianischen Veterinärchirurgen geben würden, der das verkrüppelte Bein des Baumkaters behandelte, konnte er nicht auf Honors Schulter sitzen, wie er es gewohnt war. Selbst wenn er gesund gewesen wäre, so hatte Honor doch keine ihrer maßgeschneiderten Uniformjacken oder Westen dabei, die speziell verstärkt waren, um den Krallen des Baumkaters zu widerstehen. Ohne diese besonderen Polster hätte Nimitz ihr T-Shirt rasch in Fetzen gerissen – und ihrer Schulter wären seine Krallen auch nicht gerade gut bekommen. Wegen ihrer eigenen Verletzungen konnte sie ihn nicht in den Armen tragen, und daher hatten Harkness und Master Chief Ascher ihr eine Art leicht gepolsterten Rucksack gebastelt. Er war so groß, dass Nimitz aufrecht darin stehen konnte, und hing ihr vor der Brust, nicht auf dem Rücken, damit der ‘Kater nach vorn schauen konnte – zwar von weiter unten als gewohnt, aber immerhin.
»Mir wäre es wirklich lieber, wenn Sie sich schonen würden, Mylady«, raunte LaFollet ihr zu, sodass die anderen beiden ihn nicht hören konnten. »Ganz im Ernst. Mir gefällt es nicht, dass Sie sich in Gefahr begeben, und Sie sind noch immer sehr schwach. Das wissen Sie genau.«
»Ja, das steht außer Frage. Ich weiß aber auch, dass ich als befehlshabender Offizier anwesend sein muss, wenn Sie tatsächlich auf jemanden aus Camp Inferno treffen«, entgegnete sie ebenso leise. »Für jede Entscheidung, die getroffen wird, bin ich verantwortlich, und deshalb muss ich dabei sein, wenn sie fällt. Außerdem wird es wichtig und entscheidend sein, … welches Gefühl ich bei den Leuten habe, denen wir begegnen.«
LaFollet hatte den Mund schon zu einem weiteren Einwand geöffnet, doch bei ihrem letzten Satz schloss er ihn klickend. Er gehörte zu den wenigen, die begriffen hatten, dass Nimitz’ Empathie es Honor gestattete, die Gefühle der Menschen ringsum zu spüren. Bei wenigstens einer Gelegenheit hatte ihr diese Fähigkeit in seinem Beisein das Leben gerettet. Doch auch ohne diese Erfahrung hätte sie Recht gehabt: Wenn jemand in ihrer Gruppe zu entscheiden vermochte, wem sie auf diesem Planeten trauen durften und wem nicht, dann war es – mit Nimitz’ Hilfe – Lady Harrington.
LaFollet half ihr, die Riemen festzuziehen und wieder nachzulockern, bis das Gestell richtig saß, dann nahm er sein Pulsergewehr auf und begutachtete Honors Ausrüstung rasch, aber gründlich. Sie alle hatten Buschmesser, und wie er trug auch Honor eine havenitische Nachtsichtbrille um den Hals, die in der bevorstehenden Dunkelheit sehr vorteilhaft sein würde. An ihrer rechten Hüfte hing ein schwerer Pulser in einer Pistolentasche, ein Gegengewicht zum Fernglasfutteral und der Feldflasche. LaFollet seufzte und blickte die beiden anderen an. Mayhew war wie er selbst mit einem Pulsergewehr und einem Handpulser bewaffnet, der junge Ensign Clinkscales hingegen schleppte einen leichten Drillingspulser. Im ersten Moment hatte LaFollet dagegen Einspruch erheben wollen, doch dann hatte er es sich anders überlegt. Clinkscales war groß und stark genug, um die schwere Waffe zu tragen, und wenn sie LaFollet auch übertrieben erschien, gab es durchaus Argumente, die für die Wahl des Ensigns sprachen. Die gurtgeladene Infanterie-Unterstützungswaffe konnte pro Minute zwischen einhundert und dreitausend 5-Millimeter-Hochgeschwindigkeitsbolzen feuern, was sie so lange unglaublich wirksam machte, wie der Munitionsvorrat in dem tankartigen Gurtmagazin auf Clinkscales’ Rücken reichte.
»Also gut, Mylady«, seufzte der Waffenträger. »Gehen wir.«
Als LaFollet eine weitere Rast verkündete, bemühte sich Honor, ihre tiefe Erleichterung zu verbergen. Sie beabsichtigte keinesfalls, die anderen aufzuhalten – oder LaFollet Gelegenheit zu geben, sich ein äußerst
Weitere Kostenlose Bücher