Honor Harrington Bd. 16
ihr charakteristisches Erscheinungsbild und ihre Gesichtszüge und begriff den Grund. Schwätzerinnen. Schneller vermutlich als die beiden mesanischen Wachleute, die hastig nach ihren Waffen griffen. Da sie am weitesten von der Tür entfernt gestanden hatten, waren sie nicht von den Beinen gerissen worden.
Viel nutzte es ihnen nicht. Die erste Frau hatte einen Pulser in der Hand und gab zwei rasche, wohlgezielte Feuerstöße ab. Die beiden Wachleute sackten zusammen, tot, bevor sie den Boden berührten.
Die zweite Frau schlenderte zu Flairty, der noch reglos auf dem Teppich lag, und richtete den Pulser auf seinen Hinterkopf.
Den wären wir los, dachte Ringstorff. Wenigstens starb er nicht, ohne anzusehen, wie der besessene Bastard vor ihm in die Grube fuhr.
Doch zu seiner Überraschung schoss die Frau nicht. Im letzten Augenblick nahm sie die Waffe beiseite und trat dem Masadaner gegen den Schädel. Der Tritt war kräftig, aber nicht tödlich, obwohl sie sich dazu ganz offensichtlich nicht hätte anzustrengen brauchen. Er genügte, um Flairty vollkommen benommen zu machen.
Vier Männer hatten inzwischen das Zimmer betreten. Sie bewegten sich ein wenig langsamer als die Frauen. Einer von ihnen blieb an der Tür stehen, in der Faust einen Pulser, mit dem er jedoch auf niemanden direkt zielte. Von den Übrigen kam jeweils einer zu Ringstorff, zu Lithgow und zu Diem. Lithgow hatte sich wie Ringstorff mittlerweile auf die Knie aufgerichtet, Diem lag noch am Boden, offenbar besinnungslos.
Die Männer, die sich näherten, waren ebenfalls mit Pulsern bewaffnet, doch wie der Posten an der Tür schienen sie die Waffen nicht unbedingt benutzen zu wollen. Jedenfalls nicht sofort. Ringstorff entschied, dass Lithgow und er noch eine Chance hätten - eine lächerlich geringe, gewiss -, und spannte sich zum Sprung.
Dann streckte der Mann, der auf Ringstorff zuging, die Zunge heraus - weit-, und Ringstorff erstarrte. Die genetische Markierung war leicht zu sehen und - unverkennbar.
»Wie wär’s mit einem Tänzchen?«, höhnte der Mann. »Aber empfehlen kann ich’s dir nicht, Ringstorff. Ich bezweifle wirklich, dass du mir gewachsen wärst als Tanzpartner.«
Audubon Ballroom. Noch mehr Fanatiker. Ich bin ein toter Mann.
»Ich heiße Saburo X, übrigens. Den kleinsten Scheiß, und ich schieße dir Arme und Beine weg, schneide dir die Nase ab und geb sie dir zu fressen. Wenn du brav bist, lebst du weiter. Vielleicht sogar noch lange, wer weiß?«
Ringstorff nickte stumm. Ohne Aufforderung legte er die Hände hinter den Kopf. Aus dem Augenwinkel sah er, dass Lithgow es ihm gleichtat. Niemand bei Verstand - ganz gewiss niemand, der auf der Gehaltsliste Mesas stand - würde das Wort eines fanatischen Ballroomers anzweifeln, wenn dieser ihm Gewalt androhte.
Offenbar zufrieden blickte Saburo X die Frau an, die Flairty getreten hatte.
»Gut gemacht«, sagte er. Er klang ein wenig widerwillig.
»Selbstverständlich«, entgegnete sie. Die Antwort klang jedoch nicht hitzig. Gewiss, die Frau runzelte dabei die Stirn. Das Stirnrunzeln schien jedoch mehr von Konzentration als von Unwillen herzurühren.
»Mach das noch mal«, sagte sie plötzlich.
»Was?«
Sie streckte die Zunge heraus. Saburo stierte sie an. Dann biss er die Zähne zusammen.
»Bitte«, fügte die Frau hinzu, als käme ihr das Wort nicht leicht über die Lippen.
Saburo verbiss sich die ärgerliche Entgegnung, die ihm schon auf den Lippen gelegen hatte, zögerte, zuckte mit den Achseln und streckte die Zunge wieder heraus.
Die Frau musterte sie kurz.
»Damit kann ich leben«, verkündete sie. »Es sieht sogar irgendwie interessant aus. Ich bin Lara. Hast du eine Frau?«
Der Ballroomer glotzte sie wieder an. »Im Augenblick nicht«, würgte er hervor. »Wieso?«
»Weil du jetzt eine hast«, erklärte Lara so beiläufig, als teile sie ihm die Uhrzeit mit. »Ich mag es nicht, ohne Mann zu sein, und der, den ich hatte, lebt morgen nicht mehr, das stinkende Schwein.«
Sie streckte die linke Hand aus, packte Flairty beim Hemdkragen und zog ihn mühelos hoch. Flairty schlotterte. Seine Augen waren noch immer benommen, und nur Laras Hand bewahrte ihn vor dem Zusammensacken.
»Ich lass dir eine Weile, dich an den Gedanken zu gewöhnen«, erklärte sie. »Aber nimm dir nicht zu viel Zeit. Ich bin scharf.«
Sie begann Flairty zur Tür zu zerren. Sie trug ihn mehr, als sie ihn führte. Auf dem Weg bedachte sie Ringstorff mit einem kalten Blick.
»Wenn du meinem
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