Honor Harrington Bd. 16
Uniformjacke aufzuknöpfen.
»Warum lässt du deine Dämonen nicht eine Weile ruhen, Victor? Wir haben alle unsere Dämonen, musst du wissen. Die Art, wie wir sie handhaben, ist es, was uns menschlich macht.«
Sie hatte sich fast ganz ausgezogen, indem sie sich so rasch bewegte, wie sie es konnte, wenn sie wollte. Ihre Stimme klang rauchig, tief - sie hatte sich entschieden und ließ sich von der Hitze ihrer Entscheidung durchströmen.
»Also, hilfst du mir bei meinen Dämonen, für den Rest der Nacht? Ich wäre bereit zu wetten, dass diese Suite ein riesiges Bett hat. Und das werden wir brauchen.«
Er machte nun sehr große Augen. Den Kopf hatte er halb abgewandt, also wollte er sie nicht anstarren, doch ... seine Augen konnte er nicht bewegen, als hätten sie ein Eigenleben entwickelt.
Trotzdem bemühte er sich um Heiterkeit. »Widerstand ist wohl zwecklos, was? Wie sollte ich dich davon abhalten, mir Gewalt anzutun?«
Sie fühlte sich wie Magma; endlich war sie die Schuhe los und den ganzen Rest. Sie lachte noch tiefer und rauchiger als sie sprach.
»Zufälligerweise, Victor, gehen meine Absichten in die vollkommen entgegengesetzte Richtung.«
Sie war völlig nackt. Zwei Schritte, und sie hob ihn wie ein Baby vom Stuhl. Dann trug sie ihn ins Schlafzimmer, legte ihn aufs Bett und floss mehr oder minder neben ihn.
»Tut mir leid, das mit den vertauschten Rollen«, gurgelte sie und fuhr mit den Händen an ihm entlang. Sie brauchte ihm nicht beim Auskleiden zu helfen, da Victor es genauso schnell schaffte wie zuvor sie.
»Ist dir je der Gedanke gekommen, dass eine Dame auch mal der Kraftmeierei müde werden könnte?«, wisperte sie, während sie ihn küsste und liebkoste. Binnen Sekunden war er ebenfalls nackt. Sein Körper war hart und muskulös, ganz wie sie geahnt hatte. Nicht so hart wie ihrer in allen Situationen außer dieser. In diesem Moment fühlte sie sich endlich vollkommen weich; weicher als sie sich je gefühlt hatte, und sie genoss es. Weich und offen, beinahe knochenlos.
Ihre Hand glitt hinab und entdeckte zu ihrem Entzücken, dass Victor das genaue Gegenteil davon war.
»Oh, Gott, ja«, zischte sie. »Nimm mich einfach.«
31
Ruths Gesicht war abgespannt und sorgenvoll, als Oversteegen ihr Zimmer verließ. Wer die Prinzessin nicht so gut kannte wie Berry, hätte vielleicht angenommen, dass Ruths Elend von Oversteegens eiserner Weigerung herrührte, ihren Vorschlägen zuzustimmen.
Berry jedoch kannte ihre Freundin mittlerweile sehr gut, und deshalb überraschte es sie nicht, als die Prinzessin in Tränen ausbrach, kaum dass der manticoranische Captain die Tür hinter sich geschlossen hatte. Du Havel war offensichtlich erschrocken, doch Berry hatte damit gerechnet.
Ruth gehörte zu jenem Menschenschlag, dessen erste Reaktion auf eine beliebige Situation im Handeln bestand, im Unternehmen dessen, was gerade nötig war. In einer Krise war das ein wertvoller Charakterzug - den Berry ebenfalls besaß, wenngleich nicht so ausgeprägt wie bei Ruth -, doch er verlangte im Nachhinein seinen Zoll, denn augenblicklich und entschieden zu handeln erforderte oft, die eigenen Gefühle hintanzustellen. Das gelang zwar - eine Weile, aber nicht unbefristet. Am Ende musste der Preis der Entschiedenheit gezahlt werden, und er konnte sehr hoch werden - besonders für jemanden wie Ruth, der Berrys Gabe der Selbstanalyse fehlte.
Berry legte den Arm um die Prinzessin und drückte sie fest an sich. »Schon gut, Ruth.«
»Gar nichts ist gut.« Ruth schluchzte beinahe. »Ich komme mir vor wie eine Verräterin.«
Das schreckliche Wort schien den Damm weit geöffnet zu haben. Ruth begann, unkontrollierbar zu schluchzen, und schloss die Arme fest um Berry. Kräftig, beinahe verzweifelt, hielt sie sich an ihr fest.
Berry erhaschte einen Blick auf Du Havels Gesicht. Die Überraschung des Professors war dem Begreifen gewichen - ach natürlich; sie reagiert endlich auf das furchtbare Blutvergießen nur um wiederum Überraschung und Unverständnis Platz machen zu müssen.
› Verräterin ‹ ? Wovon redet sie da ?
Berry war ein wenig ärgerlich auf Web, aber nicht sehr. Eigentlich war Ruth in vielerlei Hinsicht solch eine merkwürdige Persönlichkeit, dass Berry kaum zu glauben vermochte, irgendjemand außer der Prinzessin selbst könnte verstehen, was sie in diesem Augenblick empfand.
Nun ... vielleicht bis auf eine weitere Person. So eng, wie ihre Freundschaft nun war, wusste Berry sehr viel über Ruths
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