Honor Harrington Bd. 16
sein.«
Von Stolz erfüllt, weil es ihr gelungen war, graziös Platz zu nehmen - was bei ihrer erlesenen Kleidung gar nicht einfach war trieb Berry das Gespräch voran. »Aber ich glaube, ich habe Sie unterbrochen, Captain.«
Oversteegen hatte sich wieder gesetzt. Bevor er fortfuhr, sah er Ruth fragend an.
»Ich vertraue Berry vorbehaltlos, Captain.« Sie nickte dem Mann zu, der auf der anderen Seite neben ihr saß. »Wie auch Professor Du Havel. Fahren Sie entsprechend fort.«
Oversteegen zögerte, bevor er weitersprach, aber nicht länger als eine Sekunde.
»Nun gut. Wie ich bereits sagte, Prinzessin, halte ich’s für außerordentlich zweifelhaft, ob die manticoran’sche Botschaft’rin mit Ihrem Vorschlag einverstanden wär’. Ob ich ohne dieses Einverständnis ...«
Er zuckte die Achseln. »Wahrscheinlich. Wenn ich überzeugt wär’, dass es der richt’ge Weg ist, würd’ ich’s bestimmt so tun, egal, welche Folgen es hätt.«
Ruth lächelte. »Eine Bemerkung, die meine Tante Elizabeth neulich machte, könnte für Sie recht interessant sein, Captain.« Sie nickte Berry zu. »Die Bemerkung richtete sich sogar an ihren Vater. ›Ich glaube nämlich, dass ich am ehesten einem Mann trauen kann, der keine Angst davor hat, am Strand auf dem Trockenen zu sitzen, wenn er muss.‹«
Oversteegen erwiderte ihr Lächeln mit einem schiefen Grinsen. »Wirklich. Ich weiß zwar, worauf Sie hinauswoll’n,
Prinzessin - trotzdem müssen Sie mich noch überzeugen, dass das eine gute Sache wär’. Ihre Majestät ist nicht hier, und welche Entscheidung ich auch treff’, es muss rasch geh’n, sonst hat das Ganze sowieso keinen Sinn mehr.«
Ruth öffnete den Mund, doch Oversteegen kam ihren Worten zuvor, indem er die Hand hob.
»Es geht nicht um die Idee an sich, Prinzessin. Wenn ich ehrlich bin, seh’ ich, von dem unleugbaren Charme einer Welt abgeseh’n, die von Sklaven regiert wird, noch wenigstens zwo and’re Vorteile.«
Er hielt den Zeigefinger hoch. »Erstens - das bezieht sich direkt auf meine Aufgabe hier - wird die Piratenbekämpfung viel einfacher. Kein Pirat mit auch nur ’nem Funken Verstand treibt sich in einer stellar’n Umgebung rum, wo es von bewaffneten Ex-Sklaven wimmelt - und ein Sklavenhändler schon gar nicht. Erst recht nicht, wenn - wir machen uns ja nichts vor, oder? - diese Sklaven vornehmlich vom Audubon Ballroom organisiert und angeführt wer’n.«
Oversteegen hob den zweiten Finger. »Darüber hinaus könnte Congo - vorausgesetzt, dieser ›Sklavenplanet‹ bleibt politisch neutral - einen sehr nützlichen neutral’n Hafen in dieser Region bieten.« Grimmig fuhr er fort: »Man kann nicht vorherseh’n, zu welchen bewaffneten Konflikten es in dieser Region noch kommen wird, aber solange Congo neutral und in den Händen ehemal’ger Sklaven bleibt, würde ein Ausbruch von Feindseligkeiten wenigstens nicht zum sonst üblichen Anstieg der Piraterie führ’n.«
Ruth begann schon zufrieden auszusehen, doch Oversteegens nächste Worte löschten ihr die Zufriedenheit vom Gesicht.
»Und das bringt mich zu meiner Hauptsorge, Prinzessin - und zwar der Rolle, die dieser havenit’sche Geheimagent spielt, dieser Victor Cachat.«
Ruth setzte zu einer Antwort an und zögerte. Berry bezwei- feite nicht, dass Ruth hatte einwenden wollen, Victor Cachat sei eigentlich gar kein Geheimagent, doch ...
Zum Glück war Ruth so verständig, diese Behauptung nicht zu erheben, weil sie einsah, dass sie für jemandem, der sich offensichtlich so gut auskannte wie Captain Oversteegen, nur absurd hätte klingen können.
Stattdessen entgegnete Ruth ein wenig kurz angebunden: »Wenn Sie das bitte ausführen würden.«
»Ich dachte, es wär’ offensichtlich: Cachat versucht gewiss, durch diese Episode die Int’ressen der Republik Haven in erewhon’schem Raum voranzutreiben. Int’ressen, die beinahe mit Sicherheit denen des Sternenkönigreichs abträglich wär’n.«
Ruth nickte. »Ja, selbstverständlich. Ich bin sicher - und Sie wohl auch, könnte ich mir vorstellen dass er im Einzelnen hofft, die Episode als Hebel benutzen zu können, um Erewhon aus der Allianz herauszubrechen. Wahrscheinlich mit dem Endziel, es zu einem Bündnis mit der Republik Haven zu bewegen. Was unseren Interessen allerdings, wie Sie es ausdrücken, abträglich wäre. Zuallermindest wäre selbst dann, wenn der Waffenstillstand tatsächlich zu einem Friedensvertrag führt, ein erewhonischer Technologietransfer nach Haven
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