Honor Harrington Bd. 16
wenn sie bei Abwesenheit von Sklaven an Bord die Ausrüstungsklausel zur Anwendung brachten. Das Sternenkönigreich und die Republik hingegen klagten eine Sklavenschiffscrew ohne lebendige Fracht augenblicklich des Massenmords an; im Falle eines Schuldspruchs wurden die Leute auf die gleiche Art exekutiert: Sie wurden ohne Raumanzug aus der Luftschleuse gestoßen. Der Tod durch Dekompression war - recht furchtbar.
Zu vertuschen, dass ein Schiff zum Transport von Sklaven benutzt wurde, war nicht möglich und stellte die Grundlage der Ausrüstungsklausel dar. Die Natur der ›Fracht‹ bedingte, dass ein Sklavenschiff anders aufgebaut war als ein normaler Frachter oder ein legitimes Passagierschiff. Zwar wurden die alten Fußeisen und Ketten des Sklavenhandels auf der Erde vor der Diaspora nicht mehr benötigt, doch der Aufbau der Schiffe mit ihrer Vielzahl an Sicherheitsmechanismen zur Verhinderung von Sklavenaufständen war einfach unmöglich zu tarnen.
Das galt auch dann, wenn die Einrichtungen fehlten, mit denen man Hunderte - und manchmal Tausende - wehrloser Menschen zugleich ins All schleudern konnten. Für eine kleine Sklavenschiffsbesatzung war es unmöglich, tausende Sklaven persönlich in eine Luftschleuse zu schleppen. Deshalb besaßen solche Schiffe Vorrichtungen, um die Sklavenquartiere mit reizenden (wenngleich nicht tödlichen) Gasen zu fluten, wodurch die Sklaven in große Frachtschleusen getrieben wurden, und sobald man deren Tore öffnete, waren die Menschen dem All preisgegeben.
Dieser Aufbau war vor allem in der Nähe manticoranischen und havenitischen Hoheitsraums obsolet. Zu viele manticoranische und havenitische Kommandanten waren stillschweigend dazu übergegangen, jeden Sklavenhändler zu exekutieren, der an Bord eines Schiffes angetroffen wurde, das derart zum Massenmord ausgestattet war, auch wenn die ›Fracht‹ noch lebte, und zum Teufel mit den Vorschriften. Einzelne solarische Kommandanten, die in diesen Regionen operierten und von der politischen Linie der eigenen Regierung an solch direkten, wirksamen Maßnahmen gehindert wurden, hatten es sich angewöhnt, die Besatzungen solcher Schiffe dem nächsten manticoranischen oder havenitischen Captain zu übergeben. Schließlich waren sowohl das Sternenkönigreich als auch die Republik Vertragspartner, nicht wahr? Was ging es den Kommandanten an, der die Verhaftung vorgenommen hatte, was mit den Verbrechern geschah, nachdem man sie in den Gewahrsam einer örtlichen Regierung überstellte?
Außerdem stellte die Hinrichtungsmethode eine Art poetischer Gerechtigkeit dar: Die Sklavenschiffscrews wurden in einen ihrer eigenen Frachträume getrieben und dort ins All geschleudert.
Wie es sich traf, war die Felicia III tatsächlich zum gewalttätigen Auswerfen der Sklaven ausgestattet; so viel wusste Thandi schon nach fünf Minuten. Eine Erklärung für die erhebliche Zahl großer Frachtschleusen, die sie seit Betreten des Schiffes durchquert hatten, gab es nicht. Leere Frachtschleusen mit sehr großen Toren - aber ohne entsprechende weite Transportgänge, um große Frachtstücke zu verschieben.
Prinzessin Ruth hatte den Zweck dieser Schleusen offensichtlich ebenfalls begriffen. In ihrem schmalen Gesicht stand die Wut.
»Das bringen wir in Ordnung«, murmelte sie. Im nächsten Augenblick hatte sie mit den sicheren Handgriffen einer Expertin die Verkleidung einer Instrumentenkonsole entfernt und ihren Minicomputer angeschlossen. Ohne auf Thandis warnendes Zischen zu achten, begann Ruth, die Tastatur zu bearbeiten.
Kurz darauf trennte die Prinzessin ihr Gerät wieder ab. Sie machte sich nicht die Mühe, die Verkleidung wieder anzubringen.
»Diese Vorrichtungen funktionieren nun nicht mehr. Die Dreckskerle können niemand mehr von Bord schießen. Und die Steuerleitungen zu den Gastanks habe ich ebenfalls unterbrochen, als ich schon dabei war.« Sie musterte kurz Thandis Raumanzug. »Das Gas tut uns natürlich nichts, aber wenn die Sklavenhändler es freisetzen ...«
Sie brauchte den Satz nicht zu Ende zu führen. Thandi nickte unbehaglich. Das Gas, mit dem die Sklaven in die Todesschleusen getrieben wurden, wirkte nur technisch gesehen nicht tödlich: Es blieb nur solange ungiftig, wie das Opfer in saubere Luft fliehen konnte. Wer ohne Fluchtweg in einer Abteilung gefangen saß, die er nicht verlassen konnte, starb irgendwann an dem Gas. Und zwar qualvoll, einen noch furchtbareren Tod als die, die ins All geschleudert wurden. Freiwillig
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