Honor Harrington Bd. 16
zulassen, dass auf der Route über Congo ein Attentat auf Pritchart verübt wird.«
»Wieso?«
Victor holte tief Luft. Wie ein Mann, der sich anschickt, von einer Klippe zu springen, in der Hoffnung, unten wäre das Wasser tief.
»Nun ...« Er setzte sein grimmigstes Funkeln auf. (Welches, wie man ihm versichert hatte, sehr grimmig war. Und die Masadaner schlossen sich, nach ihren Reaktionen zu urteilen, dieser Ansicht an.)
»Ich muss hier wohl die Geheimhaltung ein wenig lockern. Ich warne Sie aber - beim kleinsten Fehler Ihrerseits ...«
Die Masadaner wichen tatsächlich ein wenig vor ihm zurück. Es war alles sehr merkwürdig. Victor hatte sich schon selbst im Spiegel angefunkelt, wenn er wegen eines Fehlers mit sich unzufrieden war. Doch dabei hatte er - leider - noch nie beobachtet, dass er vor sich zurückwich.
»Pritchart ist eine Verräterin, aber wenigstens hat sie noch ein paar Prinzipien. Theisman hingegen - der Admiral, der den Putsch angeführt hat und heute auf Haven die wirkliche Macht in Händen hält-, seine Treulosigkeit kennt keine Grenzen. Das Schwein hat einem Geheimbündnis mit Mesa zugestimmt, um die gesamte Republik Haven in einen lukrativen neuen Absatzmarkt für Manpower zu verwandeln. Als mein Vorgesetzter Kevin Usher diese Verschwörung zur Ausbeutung der Republik entdeckte, begriff er, dass wir nicht länger zögern dürfen ... «
Ich werde nicht erleben, wie das hier ausgeht. ’Wunderknabe’ genannt zu werden, das war schlimm genug. Sobald Kevin es herausfindet ... vielleicht kann ich lügen... nein, keine Chance, Ginny bekommt es aus mir heraus, vor ihr konnte ich noch nie etwas geheim, halten...
Beim Gedanken an Ginnys Sarkasmus erschauerte er fast. Dennoch machte er furchtlos weiter. Nachdem er sich einmal in die Tiefe gestürzt hatte und durch die Luft schnitt, blieb ihm auch kaum etwas anderes übrig.
Himmel, was hoffe ich, dass das Wasser tief ist. Richtig tief.
»... sich eingerichtet wie ein Pharao aus alter Zeit. Die Bestechungsgelder Manpowers füllen seine Kassen. Gegen ihn wirkt Nero wie ein Heiliger. Was von Havens Rückgrat noch übrig ist, wird in ein paar Jahren verschwunden sein, weil die gesamte Bevölkerung sich dem Nichtstun und der Sünde hingibt. Die Revolution muss gerettet werden, ehe ...«
Sich durch die Gänge vorzuarbeiten war nicht so schlimm, wie Thandi befürchtet hatte. Wenigstens hier hatte sich Watanapongse geirrt. Die simple Logik des halb überholten Massenauswurfsystems des Sklavenschiffes schloss komplizierte interne Wege aus. Die Sklavenhändler konnten es sich nicht leisten, wenn Sklaven, die von giftigem Gas zu ihrem Tod in den Frachtschleusen getrieben werden sollten, auf dem Weg dorthin am Gas starben, weil sie sich verlaufen hatten. Selbst wenn man von der Gefahr absah, dass solche Leichen bei einer Schiffsdurchsuchung entdeckt werden konnten, wollte keine Sklavenschiffsbesatzung die Korridore zu reinigen haben.
Deshalb war der Gangverlauf einfach und vorhersehbar. Auch bestand kein Zweifel, wo die Sklaven eingepfercht waren. Jeder Korridor war von Luken gesäumt, die sich offensichtlich in die Sklavenquartiere öffneten.
Das Problem war nur, sie zu öffnen.
Genauer gesagt bestand das Problem darin, dass Thandi keine andere Wahl hatte, als die Luken zu öffnen. Ihr wäre es lieber gewesen - und so war es auch geplant gewesen -, die Sklavenquartiere umgehen zu können. Vom rein militärischen Standpunkt aus gesehen, gerieten die Sklaven Thandis Amazonen nur in den Weg. Besser war es, man ließe sie eingesperrt und befreite sie erst, wenn alles vorüber war. Selbst in diesem Falle hatte Thandi dem Chaos, das entstehen musste, nicht sonderlich freudig entgegengeblickt.
Aber jetzt...
»Sind Sie sicher, dass Sie das Ding nicht aufmachen können?« Thandi sah die Luke am Ende des Ganges wütend an. Sie führte eindeutig nicht in eine Sklavenzelle. Vielmehr bot sie den Zugang in die Teile des Schiffes, die der Besatzung Vor behalten waren - und letztendlich zur Brücke.
Ruth schloss sich Thandi im Anfunkeln der widersetzlichen Luke an.
»Ich kann’s nicht«, knurrte sie gereizt. »Diese Luke ist nicht elektronisch verriegelt, Lieutenant. Sie muss einen rein von Hand bedienten Mechanismus zum Offnen und Schließen haben - und der Mechanismus ist auf der anderen Seite.«
Ruths technische Kenntnisse erstreckten sich nicht auf die Metallurgie, und sie war kein Marine wie Thandi, doch selbst sie sah, dass die Luke aus Panzerstahl
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