Honor Harrington Bd. 16
der Solaren Liga hatte sie nie solches Aufsehen erregt wie im Manticore-System, denn Solarier neigten zur Gleichgültigkeit gegenüber allem, was außerhalb der eigenen gewaltigen Grenzen geschah. Manpower Unlimited hatte - wie auch anders - keinerlei öffentliche Verantwortung für die Affäre übernommen. Und sowohl Zilwicki Security als auch Catherine Montaigne und - ganz gewiss! - die Regierung High Ridge hatten, wenn auch aus völlig unterschiedlichen Gründen, kein Interesse an einer genaueren Untersuchung besessen. Schon bald darauf hatte jeder ernsthafte Nachrichtendienst im besiedelten Teil der Galaxis die Wahrheit herausgefunden. Catherine Montaigne setzte nunmehr ihr Vermögen und die Talente ihres neuen Geliebten ein, um der Anti-Sklaverei-Liga ein paar echte Zähne zu verschaffen - und Anton Zilwicki hatte sie gerade gebleckt, triefend vor Blut.
Seitdem hielt sich Manpower, so weit man es sagen konnte, von Montaigne fern. Das konnte schon allein daran liegen, dass die professionellen Söldner, die gemeinhin für Manpower arbeiteten, astronomische Preise für weitere derartige Vorhaben verlangen mussten, nachdem zwei Einsatzgruppen von Zilwicki geschreddert worden waren - zuerst in Chicago, dann auf Manticore.
Pritchart lächelte. »Gehe ich recht in der Annahme, dass Sie Ihre eigene kleine Falle aufgestellt haben für den Fall, dass Manpower sich je entscheidet, Ihnen auf den Pelz zu rücken? Ich bin mir nicht ganz sicher, ob Sie damit nicht den Geist des Gesetzes beugen, dem Ihre Federal Investigation Agency untersteht, wissen Sie.«
»Verknotet ihn zu einer Brezel«, stimmte Usher ihr zu. »Andererseits halte ich meine Leute dadurch auf Trab - und mir den Rücken frei.«
Pritchart verfolgte das Thema nicht weiter. Sie wusste sehr gut, dass Kevin Usher sich auch auf seinem neuen Posten nicht abhalten ließe, in die legalen Grauzonen abzudriften. Letztendlich war sein neuer Beruf als oberster Polizist Havens so etwas wie ein Satz neuer Kleidung, die von einem alten, erfahrenen Verschwörer getragen wurde. Doch solange er die neuen Gesetze nicht rundheraus brach und von Schattenoperationen die Finger ließ, würde sie in die andere Richtung sehen.
Daher führte sie das Gespräch auf das aktuelle Thema zurück.
»Ich habe ein Problem, Kevin.«
»So kann es man es auch ausdrücken«, witzelte er ohne Belustigung. »Die Renaissance Association hat die Republik Haven ebenso wie die anderen Sternnationen der Galaxis eingeladen, offizielle Repräsentanten zum Begräbnis zu schicken. Wenn wir uns nicht zeigen, werden unsere Lehren von politischer Verruchtheit wie eigennütziges Geschwafel erscheinen. Wenn wir uns zeigen, verärgern wir garantiert die meisten Kräfte innerhalb der Solaren Liga, auf die wir nach wie vor wegen des Technologietransfers angewiesen sind - wenn es nicht sogar schlimmer kommt.«
Pritchart runzelte die Stirn. »High Ridge soll zur Hölle fahren. Wenn die Manticoraner sich nur endlich bequemen würden, diesen Friedensvertrag mit uns zu schließen, könnte ich diesen solarischen Dreckschweinen sagen, sie sollen machen, dass sie davonkommen. Darauf warte ich schon so lange.« Sie seufzte schwermütig. »Ich nehme nicht an, dass Foraker ...«
»Da musst du Tom Theisman fragen«, entgegnete Usher. »Ich bezweifle aber sehr, dass selbst eine Shannon Foraker unsere Flotte ohne Technologietransfer von den Sollys modernisieren könnte.«
Er neigte den Kopf zur Seite und blickte der Präsidentin in die Augen. »Deshalb schlage ich vor, dass wir Ginny schicken. Gewiss, es wäre noch immer eine ›private Geste‹ und keine offizielle. Aber ...« Er verstummte und dachte kurz nach.
»Vielleicht genügt es ja. Ist jedenfalls ausreichend. Jeder weiß, dass wir uns nahe stehen, und da Ginny meine Frau ist, braucht man nicht lange nachzudenken, um zu begreifen, dass du damit deine Ansichten deutlich machst - ohne zugleich zu riskieren, dass die Solarier öffentlich Anstoß nehmen.«
»Das ist aber noch nicht alles, Kevin. Die Erewhoner strecken in letzter Zeit die Fühler auf merkwürdige - und sehr interessante Art - nach uns aus. Sowohl durch Giancolas Leute als auch über den Geheimdienst.«
Nun war es an ihr, den Kopf zu neigen. »Wie ich sehe, überrascht dich das nicht im Mindesten. Ha! Man lässt also wirklich nur sehr schwer von alten Gewohnheiten.« In spöttischem Ernst sagte sie: »Kevin Usher, du sollst dich nicht mehr um Geheimdienstangelegenheiten kümmern. Du bist jetzt
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