Honor Harrington Bd. 16
gegenüber derart offen über die Unzulänglichkeiten der Regierung High Ridge zu äußern, dachte er mit einem warmen Gefühl in der Brust. Nicht einmal Blumenthal.
»Darf ich annehm’, dass Sie sich aufs Kabinett der augenblicklichen Regierung bezieh’n und nicht etwa auf die Qualität des an Bord der Gauntlet verwendeten Personals?«, fragte er, als er sich sicher war, dass sein Lachen verschluckt blieb.
»Aber selbstverständlich! Schließlich und endlich war es die Admiralität, die unsere unvergleichliche Crew zusammengestellt hat! Die Regierung hat nie die Chance bekommen, da hineinzupfuschen.«
»Verstehe.« Er musterte sie durchdringend. »Und welcher Minister meines verehrten Cousins hat Ihre Bemerkung nun provoziert?«
»Alle«, antwortete sie unverblümt. »Ich gebe aber zu, dass ich in diesem Fall vor allem an Descroix und Janacek denke. Descroix hat offensichtlich nicht die leiseste Ahnung, wie hinfällig unsere Beziehungen zu Erewhon bereits geworden sind, und Janacek hilft ihr munter, den letzten Rest auch noch zur Hölle zu schießen.« Sie schüttelte den Kopf. »Offen gesagt ist Ihr Vetter vollkommen unempfänglich, wenn es um Diplomatie geht, und sich ausgerechnet jemanden wie Descroix als Außenministerin auszusuchen, macht das Ganze nur noch schlimmer.«
»Kaum die Art, wie’n dienender Offizier der Raumstreitkräfte ihre politischen Vorgesetzten beschreib’n sollt’«, stellte Oversteegen trocken fest, und sie schnaubte.
»Sagen Sie bloß, Sie sind einverstanden mit dem, was jetzt vorgeht - ob es die Flottenpolitik ist oder die Diplomatie«, forderte sie ihn heraus, und er zuckte die Achseln.
»Aber selbstverständlich bin ich das. And'rerseits hab’ ich Ihnen doch gerade gesagt, was wir gebürt’gen Manticoraner für gute Lügner sind, oder?«
»Ja, ich glaube, so was habe ich gehört«, stimmte sie zu. Sie beugte sich ein wenig vor, und ihr Gesicht wurde ernst.
»Spaß beiseite, Michael«, sagte sie und gestattete sich, ihn mit Vornamen anzusprechen und zu duzen, da niemand zugegen war, der die Vertraulichkeit zwischen den beiden höchsten Offizieren an Bord der Gauntlet mitbekommen konnte, »wir sollten Himmel und Hölle in Bewegung setzen, um uns mit Erewhon wieder gut zu stellen, das weißt du so gut wie ich. Im Laufe der letzten paar T-Jahre ist es gelungen, mittlerweile so gut wie jedes andere Mitglied der Manticoranischen Allianz zu vergrätzen, und Erewhon ist wahrscheinlich noch stinkiger auf uns als Grayson - was einiges heißen will! Aber ist sich die Regierung dessen auch nur ansatzweise bewusst? Wenn es so wäre, hätte sie doch wenigstens eine Lenkwaffen-Superdreadnoughtdivision hierher geschickt, um Flagge zu zeigen - und ein wenig Respekt zu bezeugen -, und nicht einen einzelnen Schweren Kreuzer. Vor allem aber hätte man Fraser schon längst als Botschafter abgelöst!«
»Ich sollte wohl darauf hinweisen, dass auch die Gräfin Fraser zu meinem offenbar endlosen Vorrat an Cousins und Cousinen gehört«, sagte Oversteegen.
»Wirklich?« Watson verzog das Gesicht. »Trotzdem, ich stehe zu meiner Meinung. Wahrscheinlich muss jede Familie ihren Teil an Idioten hervorbringen.«
»Wahr gesprochen. Es ist eben ein Unglück, dass im Moment die meisten Idioten aus meiner Familie offenbar den Weg an die Schalthebel der Macht gefunden ha’m.«
»Vielleicht. Doch um Descroix gegenüber fair zu bleiben, muss ich sagen, dass sie Frasers Fähigkeiten wahrscheinlich schon recht gut eingeschätzt hat. Dass sie Fraser dann aber dennoch als Botschafterin nach Erewhon schickte, ist ein umso beunruhigenderes Anzeichen, dass die Regierung einfach nicht begreift, wie schlimm die Lage hier draußen schon ist. Offensichtlich hält Descroix den Posten für so unwichtig, dass sie ihn zur Arbeitsbeschaffung für eine absolut Unfähige mit besten Beziehungen nutzen kann.«
»Und mein lieber Vetter High Ridge ist mit ihr einer Meinung«, stimmte Oversteegen zu.
»An der ganzen Lage stört mich — aus einer selbstsüchtigen Perspektive heraus - am meisten, dass man von uns erwarten wird, Fraser als offizielle Repräsentantin und Sprecherin für das Sternenkönigreich den Rücken zu stärken. Und offen gesagt bist du nicht in einer genügend starken Position, um ihr zu ... helfen, ihr Vorgehen zu formulieren, wie es jemand mit Admiralsstreifen wäre. Das bedeutet, dass wir wahrscheinlich keine andere Wahl haben als ihr zu helfen, alles nur noch schlimmer zu machen, falls - oder sobald
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