Honor Harrington Bd. 16
Stuhlkante. Von Berrys Befürchtungen war sie offenbar völlig frei. Von Web Du Havels lässiger Entspannung allerdings auch. Es schien nicht viel zu fehlen, dass die Prinzessin vor Ungeduld auf und ab zu hüpfen begann.
»Was dieser solarische Lieutenant mir zu sagen hatte, war Folgendes: Er könne mir eine Spur liefern, mit der ich die Herkunft der geheimnisvollen Elaine Komandorski eruieren könnte - oder es zumindest versuchen.«
Offenbar wussten weder Du Havel noch die beiden Mädchen etwas mit dem Namen anzufangen, und Anton wäre auch überrascht gewesen. Soweit er sagen konnte, war der Name der Frau nur einer kleinen Anzahl von Landinger Polizisten bekannt. Von ihnen hatte im Gegensatz zu Anton keiner herausgefunden, was letztendlich aus ihr geworden war.
»Den Namen benutzt sie nicht mehr. Sie hat schon vor einiger Zeit die Identität gewechselt. Heutzutage ist sie als Lady Georgia Young bekannt, angeblich geborene Georgia Sakristos.«
Diesen Namen allerdings kannten die beiden Mädchen, während Du Havel ihn noch nie gehört hatte. Berry hatte die Augen aufgerissen; Ruths waren untertassengroß.
»Die Frau des Earls von North Hollow«, fuhr Anton fort, »die Frau, die in den Augen vieler, mich eingeschlossen, die Graue Eminenz hinter der gegenwärtigen Regierung des Sternenkönigreichs ist - zumindest dann, wenn es an die Schmutzarbeit geht.« Er sah die Prinzessin kurz an. »Auf deine kleine Liste der besten Spione in der Galaxis kannst du ihren Namen neben den von Kevin Usher setzen.«
Ruth strich sich über die Kehle. »Sie hat North Hollows schwarze Dateien, nicht wahr?«
Anton nickte grimmig. »Ja, das ist richtig. Im Großen und Ganzen jedenfalls. Diese verdammten Dateien, die der alte Earl von North Hollow angelegt hat und mit denen schon mehr manticoranische Politiker erpresst worden sind, als ich mir vorstellen möchte. Und die wahrscheinlich das Mittel waren, das High Ridge und seinen Spießgesellen gestattet hat, den Schaden einzudämmen, der ihnen eigentlich hätte entstehen müssen, nachdem Cathy und ich die Daten aus dem Manpower-Zwischenfall auf Alterde veröffentlicht hatten.«
»Wer war ›Komandorski‹?«, fragte Berry.
»Elaine Komandorski war in ihrer Blütezeit eine der berüchtigsten Verbrecherinnen von Landing City - bei der Polizei zumindest, denn ihr Name hätte den allermeisten manticoranischen Bürgern nichts gesagt. Sie unternahm keine plumpen bewaffneten Raubüberfälle, verstehst du, sie war auf Industriespionage spezialisiert und großangelegten Betrug; im Grunde Wirtschaftsverbrechen. Die Polizei war allerdings überzeugt, dass sie für wenigstens zwo Morde verantwortlich war und mit dem Selbstmord einer dritten Person zu tun hatte, um ihre Spuren zu verwischen.«
»Aber ...« Berry schüttelte den Kopf. »Wenn du beweisen kannst, dass Lady Young in Wirklichkeit...«
Anton schüttelte den Kopf. »Genügt nicht. Sicher, durch einen DNA-Vergleich könnte man beweisen, dass Georgia Young und Elaine Komandorski ein und dieselbe Person sind. Doch Komandorski ist nie eines Verbrechens überführt worden, obwohl die Polizei in einer erstaunlichen Vielzahl von Fällen gegen sie ermittelt hat. Die Polizei ist sich an sich schon sicher, dass sie die meisten der Verbrechen, derer man sie verdächtigte, auch begangen hat, aber nachzuweisen war ihr nichts.
Deshalb« - er zuckte mit den Achseln - »könnten wir wahrscheinlich nicht mehr herausholen, als das High-Ridge-Regime in Verlegenheit zu bringen. Große Sache. Solange High Ridge an die North-Hollow-Dateien herankommt, kann er genau dort genug Druck ausüben, wo er Druck ausüben muss, um die Sache zu vertuschen. Genau wie bei der Manpower-Untersuchung.«
Ruths rascher Verstand war bereits vorausgeeilt. »Ich gehe davon aus, dass die Polizei nie herausfinden konnte, wo Komandorski herkam.«
»Nein. Und ich auch nicht. Sie war einfach eines Tages ... da, in Landing City, und besaß genügend Startkapital für ihre Betrügereien. Und das waren von Anfang an keine kleinen Dinger.«
»Wenn du also ihrer Herkunft auf den Grund gehst, kannst du den Fall vielleicht knacken.«
»Genau. Aber...«
Ruth schnitt ihm das Wort ab. »Ja, ich weiß. Warum liefert dir ein untergeordneter solarischer Offizier diesen saftigen Leckerbissen auf dem silbernen Tablett? Und in wessen Auftrag? Eins steht todsicher fest - okay, dann eben neunundneunzigprozentig: aus Nächstenliebe nicht. Soweit ich sehe, gibt es nur drei
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