Honor Harrington: Im Donner der Schlacht: Roman (German Edition)
nicht unbegrenzt viel Zeit. Aber ich werde keine Panik-Entscheidungen fällen, die alles nur noch schlimmer machen. Also werden wir überhaupt keine Entscheidungen fällen, bis wir uns alles gründlich angeschaut haben. Du sagst, Collin sei auf dem Weg?«
»Jawohl, Sir.«
»Sobald er hier eintrifft, sollten wir drei alles Punkt für Punkt durchgehen, was uns derzeit vorliegt. Darf ich davon ausgehen, dass du in deiner üblichen Effizienz bereits alle entsprechenden Berichte dabei hast?«
»Ich hatte mir schon gedacht, dass du dir das alles selbst wirst ansehen wollen«, nickte Ben und zog einen Chipordner aus seiner Jackentasche.
»Das ist eine der Freuden, kompetente Untergebene zu haben«, bemerkte Albrecht in beinahe schon normalem Tonfall. »Dann«, fuhr er fort und streckte eine Hand nach dem Ordner aus, während er mit der anderen seinen Rechner aktivierte, »legen wir mal los und begutachten die angerichteten Schäden!«
Kapitel 18
»Willkommen an Bord, Chien-lu. Schön, Sie wiederzusehen!«
»Gleichfalls, Honor«, erwiderte Chien-lu Anderman, Herzog von Ravenheim, mit einem herzlichen Lächeln, während er Honor die Hand schüttelte.
Der andermanische Admiral, zufälligerweise ein Cousin Kaiser Gustavs, war ein recht kleiner Mann, nicht viel größer als Honors Onkel Jacques. Ebenso wie Jacques Benton-Ramirez y Chou und Honor selbst hatte er dunkle Mandelaugen. Momentan blitzten diese Augen freudig, ja, von Ravenheim strahlte übers ganze Gesicht. Dabei waren Honor und er nicht immer so gut miteinander ausgekommen.
Die beiden standen in Honors Arbeitszimmer an Bord von HMS Imperator . »Ich bin froh – und ehrlich gesagt sogar ein bisschen erstaunt –, dass Sie so rasch hierherkommen konnten«, fuhr Honor fort. Der Andermaner zuckte die Achseln. Über den Gregor-Terminus des Manticoranischen Wurmlochknotens brauchte ein Kurierboot vom Doppelsternsystem bis zur andermanischen Hauptstadt im Neu-Potsdam-System sechs Tage. Von Ravenheim war weniger als einen Tag nach Benjamin Mayhew eingetroffen. Also musste er weniger als vierundzwanzig Stunden nach Eintreffen des Kuriers aufgebrochen sein, den Elizabeth Kaiser Gustav geschickt hatte.
»Ich will nicht behaupten, eine Reise an Bord eines gewöhnlichen Kurierbootes wäre jemandem meines aristokratischen Standes wahrhaft angemessen. Alles viel zu eng. Aber es bringt einen eben rasch ans Ziel. Obwohl …«, von Ravenheims Lächeln verblasste ein wenig, »… vielleicht nicht ganz so rasch wie gewisse andere Schiffe, wenn man den Berichten über den Blitzantrieb Glauben schenken kann.«
Sein Tonfall ließ den letzten Satz beinahe (aber nicht ganz) wie eine Frage klingen. Nun war es an Honor, die Achseln zu zucken.
»Ich kann Ihnen lediglich berichten, dass Nimitz und die anderen Baumkatzen der Ansicht sind, Simões sage nach bestem Wissen die Wahrheit. Auch laut Admiral Hemphill und ihren Technikern ist das, was Simões bislang berichtet hat, in sich durchaus schlüssig. Unser Nachrichtendienst ist auch der Ansicht, sämtliche von Simões stammenden technischen Daten seien echt und mit der allgemein gültigen Theorie vereinbar.«
Aufmerksam und ruhig blickte von Ravenheim Honor an. Dann nickte er. Honor schmeckte seine Zufriedenheit. Sicher war sie sich natürlich nicht, aber sie hatte das Gefühl, seine Zufriedenheit erstrecke sich auf gleich mehrere Dinge. Zumindest was sie persönlich betraf.
»Genau das hatte ich erwartet«, meinte er schließlich.
»Hatten Sie erwartet, dass ich der Ansicht sein würde, er sage die Wahrheit? Oder hatten Sie erwartet, ich würde Ihnen sagen , er sage die Wahrheit – so wie es einem guten, treuen Offizier Ihrer Majestät ansteht?«, fragte sie mit einem schiefen Lächeln. Es fiel schiefer aus als üblich.
»Ich hatte erwartet, dass Sie mir sagen, was Sie persönlich für die Wahrheit halten … und dass Sie unterscheiden würden, was sich realistisch abschätzen lässt und was nicht«, erwiderte er.
Kaum merklich hoben sich Honors Augenbrauen angesichts der ungewohnten Offenheit – oder zumindest undiplomatischen Direktheit – seiner Antwort. Von Ravenheim reagierte belustigt.
»Honor, eine sonderlich talentierte Lügnerin waren Sie noch nie«, erklärte er. »Und nur ein Narr – was Manticores Staatsoberhaupt sicher nicht ist! – würde von Ihnen erwarten, andere hinters Licht zu führen. Ich nehme an, das ist auch der Grund dafür, warum ich mein erstes Gespräch nicht mit der Kaiserin, sondern mit Ihnen
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