Honor Harrington: Im Donner der Schlacht: Roman (German Edition)
das erst so spät kapiert, dass er unser derzeitiges Debakel nicht mehr verhindern konnte.«
»Und?« Caddell-Markham wusste selbst, wie skeptisch er dreinblickte, und schüttelte reumütig den Kopf. »Jukka, ich widerspreche Ihrer Einschätzung von Kolokoltsov und seinen Mandarinen doch gar nicht! Ich verstehe nur einfach nicht, warum er jemanden vom Militär ausschicken sollte, um eine politische Nachricht überbringen zu lassen.«
»Das liegt daran, dass Sie selbst eine anständige Karriere als Offizier hinter sich haben«, meinte Longacre und schnaubte.
»Das mag ja sein«, meldete Mikulin sich zu Wort. »Aber ich finde, die Frage ist durchaus berechtigt.«
»Natürlich. Aber sehen Sie es doch einmal so.« Der Reihe nach blickte Longacre seine Direktoratskollegen an. Seine eisblauen Augen blitzten mehr denn je. »Wir sind uns doch einig, dass Kolokoltsov und die anderen – vor allem wahrscheinlich MacArtney – in diese ganze Sache hineingeschlittert sind, weil sie zu arrogant und zu sehr von ihrer eigenen Allmacht überzeugt sind, um zu begreifen, worauf das alles hinauslaufen würde. Aber mittlerweile muss zumindest Kolokoltsov begriffen haben, dass er geradewegs in den Lauf einer gegnerischen Kanone blickt. Er wird wissen, dass er unmittelbar vor einer ausgewachsenen Krise steht – und zwar nicht nur außenpolitisch, sondern auch verfassungsrechtlich. Rajampet verbiegt Artikel Sieben jetzt schon bis zur Unkenntlichkeit, um sein bisheriges Handeln zu rechtfertigen, von dem, was er noch vorhat, ganz zu schweigen! Und das wird Artikel Sieben nicht mehr lange mitmachen. Wenn – nein: sobald das passiert – wird die Kacke so sehr am Dampfen sein, wie das die Solare Liga noch nie erlebt hat. Und selbst wenn keiner der Mandarine vermutet, dass wir Manticore vor den kommenden Ereignissen vorgewarnt haben, wissen sie doch, wie eng unsere Beziehung zum Sternenkönigr …, Verzeihung, -imperium sind.«
Er verfiel in Schweigen, und Caddell-Markham nickte bedächtig.
Das Sternenimperium von Manticore war Beowulfs mit Abstand wichtigster Handelspartner. Deswegen, und weil Manticore unerschütterlich Beowulfs Kreuzzug gegen den Gensklavenhandel unterstützte, war das Sternenimperium schon seit mehr als drei T-Jahrhunderten auch einer der engsten Verbündeten. Ja, anders als bei allen anderen solarischen Militärverbänden gehörte es zur Tradition von Beowulfs Systemverteidigungskräften, eng mit der RMN zusammenzuarbeiten. Sie hatten auch schon mehrmals gemeinsame Übungen abgehalten, in denen es um die Verteidigung des Beowulf-Terminus gegangen war. Mehr noch: Schon seit der Entdeckung des Wurmlochknotens im Jahre 1585 P. D. war es immer wieder zu Eheschließungen zwischen Manticoranern und Beowulfianern gekommen. Mindestens vier Angehörige der Planetaren Direktion – darunter auch der Vorstandssprecher – hatten Verwandte auf Manticore. Es hatten auch einige Beowulfianer (wiederum einschließlich einiger Mitglieder der Direktion) beim Yawata-Schlag Familienangehörige verloren. Selbst die Geistesriesen, die für die Außenpolitik der Solaren Liga verantwortlich waren, mussten doch begreifen, was das bedeutete – vor allem dafür, auf welche Seite sich Beowulf im Konfliktfall stellen würde.
Was das betrifft , rief sich der Direktor des Verteidigungsressorts ins Gedächtnis, muss auch in Kingsfords Abteilung jemandem der Gedanke gekommen sein, wir könnten vielleicht mehr über Manticores technische Möglichkeiten wissen, als wir der SLN mitgeteilt haben. Himmel noch eins, wir führen gemeinsame Manöver durch! In der SLN wird man sich also fragen, warum wir nie die neuen Mehrstufenraketen erwähnt haben. Na gut, es hat auch niemand direkt danach gefragt , aber trotzdem …
»Nun gut«, fuhr Longacre fort, »nehmen wir einmal an, denen ist wirklich schon der Gedanke gekommen, wir könnten nicht gerade erbaut über den geplanten Angriff auf Manticore sein – von dem wir offiziell allerdings gar nichts wissen. Weiterhin angenommen, denen ist auch noch in den Sinn gekommen, wir würden gewiss von unserem Vetorecht Gebrauch machen, sobald offiziell über eine förmliche Kriegserklärung debattiert würde. Was meinen Sie wohl, was die dagegen zu unternehmen gedenken?«
»Ich glaube nicht, dass die etwas unternehmen können «, erwiderte Caddell-Markham. »Ich vermute, die sind inzwischen schon so weit, dass sie meinen, sie können einfach nur immer weitermachen und das Beste hoffen.«
»Wahrscheinlich haben
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