Honor Harrington: Im Donner der Schlacht: Roman (German Edition)

Sie recht. Das aber wird jemanden wie Kolokoltsov nicht davon abhalten, sich wenigstens noch das eine oder andere Ass in den Ärmel zu schieben, Gabriel.« Longacre schüttelte den Kopf. »Nein, der wird nach Mitteln und Wegen suchen, die Lage irgendwie zu seinen Gunsten zu verändern. Und das ließe sich beispielsweise bewerkstelligen, wenn er Beowulf in den Angriff hineinzieht. Wenn wir der Liga helfen, Manticore anzugreifen, sitzen wir mit der Liga in einem Boot, wenn es darum geht, unser Handeln zu rechtfertigen.«
    »Aber niemand, der auch nur über ein halbwegs funktionsfähiges Gehirn verfügt, käme doch auf die Idee, dass wir der Liga dabei helfen würden!«, warf Pinder-Swun ein. »Und nicht nur das, wir sind doch mit Manticore ebenso wirtschaftlich wie kulturell eng verbunden. Schon seit dem Monica-Zwischenfall mahnen unsere Parlamentsdelegierten doch unablässig zur Zurückhaltung, von Hadleys Antrag einmal ganz zu schweigen! Ständig haben wir davor gewarnt, angesichts der Bombenexplosionen in Green Pines in Hysterie zu verfallen. Die Mandarine müssen doch begreifen, wie sich Manticores Anschuldigung, Mesa habe mit allem zu tun, was dem Sternenimperium bislang widerfahren ist, auf unsere Bürger auswirkt!«
    Damit hat der Herr Verwaltungsdirektor recht , sinnierte Caddell-Markham. Ja, Pinder-Swun selbst war der lebende Beweis für die enge Verbundenheit der Beowulfianer zu Manticore: Schließlich war seine Mutter eine befreite Gensklavin, befreit, wenn Caddell-Markham die Erinnerung nicht trog, von einem Kreuzer der Royal Manticoran Navy.
    »Natürlich ist sich Kolokoltsov dessen voll und ganz bewusst, Joshua«, stimmte Longacre zu. »Aber wenn er langfristig denkt – wenn er versucht, sein kleines Quintett auf einen echten Krieg vorzubereiten oder zumindest auf eine ausgedehnte Krise –, könnte er es darauf anlegen, uns beim Rest der Liga in Misskredit zu bringen.
    Stellen Sie sich folgendes Szenario vor: Die SLN wünscht unsere Unterstützung beim Angriff auf Manticore. Vielleicht stellen die sich vor, dass unsere Systemverteidigungskräfte sich aktiv am Kampfgeschehen beteiligen; vielleicht sollen wir auch nur den Wurmlochknoten dazu nutzen, Manticores Nachhut zu bedrohen und bei den erforderlichen Schiffsverlegungen behilflich zu sein. Was auch immer sie wollen: Sie werden uns darüber in Kenntnis setzen, und wir lehnen ab. Gemäß Artikel Fünf der Verfassung können wir es ablehnen, unsere Systemverteidigungskräfte der Ligaregierung zu unterstellen, solange sich die Liga nicht in einem Krieg befindet. Das nämlich setzt eine entsprechend förmliche Kriegserklärung voraus. Zudem befindet sich der Beowulf-Terminus jenseits der Zwölf-Minuten-Grenze. Also handelt es sich streng genommen sowieso nicht um unser Eigentum. Vielleicht wird man mit dieser Interpretation nicht einverstanden sein, vor allem angesichts unseres Bündnisses mit Manticore. Aber streng genommen handelt es sich beim Astro-Lotsendienst von Beowulf um eine Privatfirma, keine Regierungsstelle. Diese Firma hat mit den manticoranischen Entdeckern des Terminus nur einen Leasingvertrag abgeschlossen. Also haben wir reichlich Möglichkeiten, Rechtsanwälte beider Seiten ein oder zwei Jahrzehnte lang in Lohn und Brot zu halten, wenn die Ligaregierung es darauf ankommen lassen will. Das bedeutet, wenn wir deren Bitte ablehnen und unsere Mitarbeit verweigern, dann können wir völlig rechtmäßig vorbringen, wir würden lediglich ein Recht nutzen, das uns verfassungsmäßig zusteht.
    Aber von deren Seite aus betrachtet können nur zwei Dinge geschehen, wenn Filareta Manticore erreicht. Entweder er hat Erfolg, und die Mantys geben gänzlich kampflos klein bei – und jeder von uns weiß, dass das auf gar keinen Fall passieren wird. Oder es kommt zu einer Schlacht. Kolokoltsov und die anderen mögen ja glauben, Filareta könne dabei gewinnen. Schließlich ist Manticore schwer angeschlagen. Aber sollte tatsächlich einer ihrer sogenannten Analysten genau das annehmen – vor allem nach dem, was Crandall passiert ist –, dann hätte ich für meine nächste Benefizveranstaltung auch gerne ein Kilo von dem Zeug, das die sich durch die Nase ziehen! Letztendlich gibt es nur zwei Möglichkeiten: Wenn Filareta die Schlacht gewinnt, schadet es überhaupt nichts, wenn wir die Zusammenarbeit mit der Liga-Regierung verweigern. Denn dann ist die Krise vorbei. Oder aber Filareta wird völlig fertiggemacht … und dann werden die seine Niederlage damit