Honors Mission: Honor Harrington, Bd. 25. Roman
Frage, wieso jemand wie Josef Byng, ein Offizier der Schlachtflotte, der die Grenzflotte über alle Maßen verachtete, auf einmal das Kommando über eine Kampfeinheit der Grenzflotte übernommen hatte -jene Kampfeinheit, die er mit so katastrophalen Folgen nach New Tuscany gebracht hatte. Da Manpower und Technodyne irgendwie in die Geschehnisse von Monica verstrickt waren, und da Shavarshyan von einigen der schmutzigen kleinen Geheimnisse von Kommissar Verrochio und Vizekommizar Hongbo wusste (Geheimnisse, die er eigendich nicht kennen sollte), hatte er eine recht genaue Vorstellung davon, wer im Hintergrund die Fäden gezogen hatte, um das hinzubekommen.
Und das brachte ihn zu der noch drängenderen Frage, warum Admiral Crandall das abgelegene Hinterland des Madras-Sektors für ihr Manöver ›Winterernte‹ ausgewählt hatte. Shavarshyan wusste, dass dieser Sektor aufgrund seiner Entfernung zu jedem der bestens ausgestatteten Stützpunkte im Kern und in der Schale hervorragend dafür geeignet war, bei einem ausgedehnten Feldzug auch eine Einheit von Wallschiffen der Schlachtflotte hinreichend zu beliefern. Andererseits hätte man das Gleiche auch nur wenige Dutzend Lichtjahre vom Solsystem selbst entfernt erreichen können. Sie hätten doch nur eines der gänzlich nutzlosen, unbesiedelten Sonnensysteme in der Nähe auswählen und sich dort parken müssen.
Vielleicht war die Schlachtflotte ja zu dem Schluss gekommen, es sei einfach unbedingt notwendig, die zu bewertende Flotte diesen ganzen Weg zurücklegen zu lassen, all die Hunderte von Lichtjahren bis mitten ins Nirgendwo. Schließlich war das ja das erste Mal seit beinahe hundert Jahren, dass Einheiten der Schlachtflotte in größerer Zahl in den Rand verlegt wurden. Aber selbst dann erschien es Shavarshyan immer noch bemerkenswert, dass Sandra Crandall ausgerechnet diesen Sektor ausgewählt hatte, ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt, bloß um dort ein Manöver abhalten zu lassen, über das schon seit Jahrzehnten diskutiert worden war. Eine der möglichen Erklärungen war, dass irgendjemand ganz offensichtlich genug Einfluss besaß, um dafür zu sorgen, dass Byng auf einen Einsatz nach hier draußen geschickt wurde. Dieser Jemand musste zugleich auch einflussreich genug sein, um Byng dazu zu bewegen, dieser Abkommandierung zuzustimmen. Wenn besagter Jemand dieses schlichtweg unmögliche Kunststück tatsächlich fertigbrachte, dann wüsste Hago Shavarshyan wirklich nicht, warum dieser Jemand nicht auch noch das unwahrscheinliche Kunststück fertigbringen sollte, Crandall für ›Winterernte‹ nach hier draußen zu locken.
Diese Erklärung behagte Shavarshyan ganz und gar nicht -wodurch sie leider nicht weniger wahrscheinlich wurde. Aber damit blieb noch eine weitere brennende Frage übrig:
Wie fest hatte Manpower Sandra Crandall wirklich im Griff? Shavarshyan war schon seit fünfzehn T-Jahren Offizier der Grenzflotte. Natürlich hatte er in dieser Zeit auch begriffen, wie die Dinge hier im Rand gehandhabt wurden. Es überraschte ihn also nicht im Mindesten, dass Manpower mit Verrochio und Hongbo eine Art Abmachung getroffen haben sollte. Hingegen überraschte ihn durchaus, wie viel Einfluss Manpower anscheinend bei der Schlachtflotte und sogar der SLN im Ganzen besaß. Aber eigentlich ging das auch nicht viel weiter über das hinaus, was er über etwaige Abmachungen bereits wusste. Also kam Shavarshyan durchaus mit der Vorstellung zurecht, einzelne Admirale der Schlachtflotte würden ihre Marschbefehle von Manpower erhalten.
Shavarshyan war zu dem Schluss gekommen, dass zumindest Byng von seinem ganzen Wesen her eher eine Art ballistisch abgefeuertes Projektil gewesen war als ein Lenkflugkörper. Gewiss hätte niemand, der noch alle Sinne beisammen hatte, sich jemals auf dessen Kompetenz verlassen, wenn es darum ging, eine Aufgabe zu erfüllen, die komplizierter war als ein Raubzug in einem Süßwarenladen. Hätte er, Shavarshyan, einen Einsatz geplant, bei welchem Josef Byng hier draußen etwas zu tun haben sollte, dann nur, weil er sich darauf verlassen hätte, die schiere Dummheit und Selbstgerechtigkeit dieses Mannes würden ihn dazu bewegen, genau das zu tun, was er auch tun sollte. Ganz gewiss wäre Shavarshyan nicht das Risiko eingegangen, dem Admiral zu erklären, worum es bei diesem Einsatz wirklich ginge. Und er hätte sich niemals auf die - nicht existente - Kompetenz dieses Mannes verlassen, wenn es darum ginge, besagte Ziele auch zu
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