Honors Mission: Honor Harrington, Bd. 25. Roman
das war doch ein wenig beeindruckend.
»Dachte ich mir, Ma’am.« Der Gesichtsausdruck des Schreibersmaats änderte sich kein bisschen. Trotzdem gelang es ihm, eine gewisse überbeanspruchte Geduld zu verströmen - vielleicht wäre ›Enerviertheit‹ der bessere Ausdruck. Erfreulicherweise schien jedoch nichts davon gegen Ginger gerichtet.
»Der Admiral hat leider im Augenblick keine Zeit, Ma’am«, fuhr der Maat fort. »Das gleiche gilt auch für Lieutenant Weaver, ihren Flaggleutnant. Es findet, ähm, eine außerplanmäßige Besprechung mit dem Stationskommandeur statt.«
Trotz ihres Erstaunens gelang es Ginger, nicht die Augen aufzureißen. Eine »außerplanmäßige Besprechung‹ mit dem Kommandeur der Weyland, ja? Kein Wunder, dass sie überall eine gewisse Anspannung bemerkt hatte!
»Ich verstehe ... Chief Timmons«, sagte sie, nachdem sie einen kurzen Blick auf das Namensschild des Schreibersmaats geworfen hatte. »Können Sie vielleicht schon abschätzen, wann Admiral Yeager Zeit für mich hätte?«
»Um ehrlich zu sein, Ma’am, könnte das ziemlich lange dauern.« Timmons blieb lobenswert ernst. »Deswegen habe ich mich ja auch noch einmal vergewissert, dass Sie wirklich der Offizier sind, auf den Abteilung Delta schon wartet.«
»Und da dem so ist?«
»Nun, Ma’am, ich dachte mir, Sie könnten vielleicht gleich zu Delta hinübergehen und sich bei Captain Jefferson melden. Er ist der Kommandeur von Abteilung Delta. Ich dachte, vielleicht kann er Ihnen dabei helfen, erst einmal Ihre Sachen zu verstauen und richtig anzukommen. Und dann könnten Sie sich beim Admiral melden, sobald sie wieder Zeit hat.«
»Wissen Sie, Chief«, stimmte Ginger zu, »das klingt wirklich sehr vernünftig.«
»Na, das war doch mal ein schöner Kotzcluster, was?«
Vizeadmiral Claudio Faraday, Kommandeur von HMSS Weyland, war für seine markige Ausdrucksweise bekannt. Zugleich hatte er auch einen sehr ausgeprägten Sinn für Humor. Allerdings entging Tina Yeager nicht, dass davon im Augenblick nicht die geringste Spur zu bemerken war.
»Könnte es sein«, fuhr Faraday fort, »dass hier irgendwo, zwischen den Personalakten Ihrer Untergebenen, der ausgiebigen Korrespondenz, den Handbüchern und Dienstanweisungen, den Zeitplänen, Forschungsberichten, den Speicherchips mit Holodramas und Spielen und den Schinkenbroten vielleicht auch eine Kopie des stationseigenen Evakuierungsplans für Notfälle existiert?«
Er blickte zwischen Yeager und Konteradmiral Warren Trammell hin und her. Trammell war Tinas Gegenstück aus der Fabrikationsabteilung der Station. Er wirkte nicht viel glücklicher, als Yeager sich fühlte, doch auch er war nicht töricht genug, diese Frage zu beantworten. Faraday lächelte dünn.
»Wissen Sie, ich frage nur«, fuhr er beinahe schon leutselig fort, »weil die Ergebnisse unserer letzten Übungen nur zwei mögliche Schlussfolgerungen gestatten. Entweder sie haben diesen Plan einfach nicht, oder keiner von denen kann lesen. Und irgendwie missfällt mir die Vorstellung, die Navy Ihrer Majestät würde die wichtigsten, geheimsten Forschungsprogramme einem Haufen Analphabeten anvertrauen.«
Unruhig rutschte Yeager in ihrem Sessel hin und her, und Faraday richtete den Blick auf sie.
»Sir«, setzte sie an, »zunächst einmal muss ich sagen, dass ich keine Erklärung für die Leistung meiner Abteilung habe. Weiterhin bin ich mir voll und ganz bewusst, dass meine Leute deutlich schlechter abgeschnitten haben als die von Admiral Trammell.«
»Ach, Sie sollten das nicht alles auf Ihre Schultern nehmen, Admiral«, erwiderte Faraday und lächelte erneut. »Ihre Leute mögen ja wirklich schlechter abgeschnitten haben als Admiral Trammells Abteilung. Aber wenn man sich deren alles andere als überwältigende Leistungen anschaut, dann zweifle ich doch sehr, dass es überhaupt möglich ist, noch »deutlich schlechtem abzuschneiden als sie.«
»Sir«, sprach Captain Marcus Howell schüchtern den Vizeadmiral an, und alle drei Flaggoffiziere blickten zu ihm hinüber. Abgesehen von Yeagers und Trammells Flaggleutnants - deren deutlich niedrigerer Dienstgrad sie vor der unmittelbaren Wucht von Admiral Faradays Unzufriedenheit schützte war er der rangniedrigste Offizier in dieser Kabine. Allerdings war er eben auch Faradays Stabschef.
»Ja, Marcus? Sie möchten dem etwas hinzufügen?«
»Nun, Sir, ich möchte lediglich anmerken, dass dies die erste simulierte Evakuierungsübung an Bord der Weyland seit zwei
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