Honors Mission: Honor Harrington, Bd. 25. Roman
Gesicht der Präsidentin. Ihre Selbstbeherrschung ist wirklich bemerkenswert, ging es Honor durch den Kopf. Zweifellos hatte das damit zu tun, dass sie und Javier Giscard so viele Jahre lang unter dem stets misstrauischen, paranoiden Auge des größenwahnsinnigen Oscar Saint-Just überlebt hatten. Ihr Gesicht hätte in Stein gemeißelt sein können, doch der plötzliche innerliche Ausbruch von Freude, beherrscht durch Disziplin und Vorsicht, war für Honors empathischen Sinn wie eine lautlose Explosion. Aber so begierig die Präsidentin auch ein Ende des Kämpfens herbeisehnen mochte, diese Frau war keine Närrin. Sie wusste, wie schwierig ›Verhandlungen‹ werden konnten, und sie wusste ebenso gut wie Honor selbst, wie viele blutige Jahre der Feindschaft, des Zorns und des Hasses zwischen dem Sternenimperium und ihrer eigenen Sternnation lagen.
»Ganz Manticore erwartet nicht, dass dies einfach werden wird - selbst angenommen, dass die Republik wirklich nicht für die Attentate verantwortlich war, die Ihre Majestät dazu bewogen haben, das Gipfeltreffen abzusagen. Trotzdem ist Ihre Majestät bereit, diese Verhandlungen in gutem Glauben und mit aller in ihrer Macht stehenden Kraft zu führen. Und ich wurde ermächtigt, in ihrem Namen und im Namen des Sternenimperiums diese Verhandlungen einzuleiten.
Gleichzeitig jedoch hat mich Ihre Majestät auch angewiesen, Ihnen ausdrücklich zu sagen, dass sie nicht bereit ist, diese Verhandlungen übermäßig in die Länge zu ziehen. Angesichts dessen, was ich Ihnen gerade über die Lage im Talbott-Sternhaufen berichtet habe, werden Sie auch gewiss ihre Beweggründe dafür verstehen. Und ich bin mir durchaus bewusst, dass Sie hier in Nouveau Paris der Ansicht sind - und mir will scheinen, mit gutem Grund -, es sei nicht die Republik Haven gewesen, die es verabsäumt hat, nach dem Sturz des Saint-Just-Regimes in gutem Glauben in Verhandlungen zu treten. Ihre Majestät hat sich seinerzeit gegen die Haltung der High-Ridge-Regierung gesträubt. Bedauerlicherweise war es ihr aufgrund einer Eigenart unserer Verfassung nicht möglich, den amtierenden Premierminister einfach gegen eine andere Person auszutauschen, die den Pflichten und der Verantwortung, die mit diesem Amt einhergehen, deutlich mehr Aufmerksamkeit entgegengebracht hätte. Und um ganz ehrlich zu sein: Ganz Manticore hatte keinen Grund zu der Annahme, High Ridges Unnachgiebigkeit, Arroganz und Ehrgeiz könnten dazu führen, dass die Feindseligkeiten zwischen Haven und dem Sternenimperium wieder aufgenommen würden. Wie praktisch alle Manticoraner hat auch Ihre Majestät in dieser Situation in erster Linie einen politischen Machtkampf in der Heimat gesehen -einen Machtkampf, der zwar vielleicht diplomatische Folgen haben mochte, aber gewiss war nicht damit zu rechnen, dass die Lage derart außer Kontrolle geriete und er tatsächlich wieder zu Kampfhandlungen führte. Unter diesen Umständen war Ihre Majestät nicht bereit, den Premierminister abzusetzen und damit eine Verfassungskrise heraufzubeschwören. Stattdessen hat sie abgewartet, bis besagter Ehrgeiz und besagte Arroganz zu High Ridges unausweichlichem Sturz führten - und damit zum Verlust seines Amtes. Gewiss werden Sie, Madame Präsidentin, bereits ähnliche Schwierigkeiten kennengelernt haben.«
Trotz all ihrer Selbstbeherrschung und Konzentration hätte Honor vor Überraschung beinahe die Augen aufgerissen, als sie angesichts ihres letzten Satzes von Eloise Pritchart eine plötzliche, weiß glühende Explosion aus Zorn, Frustration und noch etwas anderem spürte ... etwas wie ... Schuldgefühlen? In mancherlei Hinsicht war diese Gefühlsaufwallung sogar noch stärker als vorhin, als sie begriffen hatte, dass Elizabeth tatsächlich bereit war, in Verhandlungen zu treten. Das verwirrte Honor fast ebenso, wie es sie überraschte. Vor allem, weil sich dieser Gefühlsausbruch weder gegen Manticore im Allgemeinen noch gegen High Ridge im Speziellen richtete. Er schien jemand gänzlich anderem zu gelten. Honors Verstand überschlug sich fast, als sie in Gedanken noch einmal all die Stunden durchging, die sie vor ihrer Abreise nach Haven damit verbracht hatte, sich über die politischen Gegebenheiten der Republik zu informieren. Ja, sogar noch während der Reise selbst hatte sie fast ausschließlich darüber nachgedacht.
Doch sie konnte es sich nicht leisten, sich jetzt durch Spekulationen ablenken zu lassen. Daher fuhr sie mit der gleichen ruhigen Stimme wie
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