Honors Mission: Honor Harrington, Bd. 25. Roman
Er lächelte, als er sah, wie seine Anruferin die Augen zusammenkniff. Seine Anrede war gänzlich angemessen, sogar ausgesprochen höflich... auch wenn er genau wusste, wie sehr sich Vizeadmiral Gloria Michelle Samantha Evelyn Henke, Gräfin Gold Peak darüber ärgerte. Vor allem, wenn der Titel mit diesem trägen Aristokraten-Akzent ausgesprochen wurde. Natürlich wurde es für Oversteegen noch deutlich belustigender, weil ihr natürlich klar war, dass er wusste, wie sehr sie sich darüber ärgerte.
Geschieht ihr recht, dachte er. All die Jahre hat sie’s hingekriegt, nie zugeb ’n zu müssen, dass sie nur’n paar Schritte vom Thron entfernt ist. Aber das ist jetzt vorbei, Mylady Gräfin.
Oversteegen hatte höchsten Respekt vor Michelle Henke. Aber ihn störte, dass sie stets mit höchster Aggressivität gegen alles ankämpfte, was auch nur so aussah, als würde sie alleine wegen ihrer Herkunft anderen vorgezogen. Ach, wäre sie unfähig gewesen, oder zumindest deutlich weniger kompetent, dann hätte Oversteegen ihr sofort beigepflichtet! Den Einfluss der eigenen Familie dazu auszunutzen, persönliche Interessen zu fördern und seine Mittelmäßigkeit (oder gar noch Schlimmeres) auszugleichen, stellte die größte Gefahr für ein jedes System dar, das auf Aristokratie aufbaute. Oversteegen hatte sich ausgiebig genug mit der Geschichte der Menschheit befasst, um für diese Erkenntnis zahllose Beispiele nennen zu können. Ja, das war wirklich eine Schwäche, er musste es eingestehen. Aber jedes Gesellschaftssystem hat die eine oder andere Schwäche, und die Gesellschaft auf Manticore basierte nun einmal auf der Aristokratie. Damit ein solches System funktionierte, mussten diejenigen, die an der Spitze standen, auch begreifen, dass dies mit Verantwortung einherging. Oversteegen hatte keinerlei Geduld mit Gestalten, die in ihrer hohen Geburt lediglich ihren eigenen Vorteil sahen und ihn hemmungslos ausnutzten - wie zum Beispiel Michael Janvier, seines Zeichens Baron High Ridge ... der bedauerlicherweise auch noch sein Onkel war. War man in diese Gesellschaftsschicht hineingeboren, so war man verpflichtet, die damit einhergehenden Vorteile auch dazu zu nutzen, sich um die Gesellschaft verdient zu machen. Oversteegen gestand durchaus ein, dass dieses System im Übermaß diejenigen förderte, die unter der Schirmherrschaft einer namhaften Familie standen. Das war bedauerlich. Genau das war eine jener Schwächen, die jedes Gesellschaftssystem nun einmal hatte. Aber der Konteradmiral wollte nicht so tun, als sähe er diese Vorteile nicht als das gute Recht eben derjenigen an, die ihre Pflichten erfüllten ... und dazu gehörte ganz besonders die Pflicht, dafür zu sorgen, dass man diese Vorteile zum Nutzen anderer einsetzte. Man musste das ganze Gesellschaftssystem unterstützen, das diese Vorteile mit sich brachte. Man durfte sie nicht für die eigenen Zwecke ausnutzen, und auch nicht in jenes kurzsichtige Klassendenken verfallen, wie es bei Aristokraten wie seinem Onkel (oder auch Oversteegens eigenem Vater) nur allzu leicht geschah. Vor allem gehörte es zu den Pflichten eines jeden Raumoffiziers, diejenigen zu erkennen und zu fördern, die in der Lage wären, einst die Nachfolge der jetzigen höchsten Offiziere anzutreten. Oversteegen sah keinen Grund, seinen eigenen Einfluss nicht dafür geltend zu machen, die Karriere fähiger Untergebener zu fördern, gleich welcher Gesellschaftsschicht auch immer sie nun entstammen mochten. Es war ja nun nicht gerade so, als würde einen die Tatsache, dass man in den Adelsstand hineingeboren worden war, mit einer Art angeborener Überlegenheit ausstatten. Eine der größten Stärken des Gesellschaftssystems von Manticore war von Anfang an gewesen, dass entsprechend fähige Bürgerliche relativ leicht selbst in den Adelsstand erhoben werden konnten.
Gerade Mike sollte das doch nun wirklich wiss’n, sinnierte er, schließlich ist ihre beste Freundin das beste Beispiel dafür, wie so was funktioniert. Sei nicht ungerecht, Michael -immer funktioniert es ja nun auch nicht, und das weißt du genauso gut wie Mike.
»Was kann ich an diesem prächtig’n Morgen denn für Sie tun?«, erkundigte er sich freundlich. Michelle Henke schüttelte den Kopf.
»Ich wollte Sie ja eigentlich einladen, in den nächsten Tagen auf die Artie zu kommen, um sich eine kleine Kommandosimulation anzuschauen«, sagte sie und verwendete dabei den Spitznamen von HMS Artemis, den die Besatzung ihrem
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