Honors Mission: Honor Harrington, Bd. 25. Roman
lügen, Ladys und Gentlemen«, fuhr sie schließlich fort, »wollte ich behaupten, die Manticoraner, die sich für die endgültige und vollständige Zerstörung der Republik Haven aussprechen, seien in der Minderheit. Es gibt gewiss auch eine beachtliche Anzahl von Haveniten, die nach so vielen Jahren des Krieges und der Zerstörung in gleicher Weise über Manticore denken.
Doch Rache beschwört nur weitere Racheakte herauf.« Nun sprach sie noch leiser und blickte mit ihren braunen Mandelaugen der Reihe nach jeden einzelnen der hier anwesenden Haveniten an. »Zerstörung kann nur dann eine »endgültige Lösung‹ sein, wenn die Zerstörung vollständig und absolut ist. Wenn auf der Gegenseite niemand mehr übrig ist - wenn auch niemals wieder jemand auf der Gegenseite übrig sein wird, um doch noch eines Tages Rache zu nehmen. Die Geschichte bietet reichlich Beispiele für diese grundlegende, unschöne Wahrheit. Seinerzeit auf Alterde hatte Rom letztendlich wirklich ›Frieden‹ mit Karthago gemacht, aber erst, nachdem Karthago nicht nur besiegt, sondern vollständig zerstört war. Und niemand im Sternenimperium ist töricht genug zu glauben, wir könnten die Republik Haven »vollständig zerstören‹. Was auch immer wir tun, wofür auch immer sich das Sternenimperium und die Republik von nun an entscheiden, es wird immer noch auf beiden Seiten Menschen geben, die sich als Manticoraner oder Haveniten sehen. Diese Menschen werden sich daran erinnern, was die Gegenseite ihnen angetan hat, und kein militärischer Vorsprung währt ewig. Das haben Admiral Theisman und Admiral Foraker ja vor zwo oder drei Jahren recht deutlich zur Schau gestellt. Ich kann Ihnen versichern, dass das Sternenimperium daraus seine Lektion gelernt hat. Gründlich.«
Angesichts dieses Eingeständnisses breitete sich kurz düstere Befriedigung im Geistesleuchten der Haveniten aus. Honor blickte Theisman in die Augen und nickte ihm kurz zu.
»Daher, Ladys und Gentlemen«, fuhr sie dann fort, »ist das Sternenimperium der Ansicht, es sei letztendlich im Interesse sowohl von Manticore als auch von Haven, diesen Krieg hier zu beenden. Ihn jetzt zu beenden, mit so wenig weiterem Blutvergießen und Zerstörung wie möglich, damit nicht noch weitere Grande hinzukommen, einander zu hassen und auf Rache zu sinnen. Meine Königin erwartet nicht, dass dies leicht wird. Sie rechnet auch nicht damit, dass es schnell geht. Aber in Wahrheit ist das Problem, vor dem wir hier stehen, sogar ziemlich einfach. Es mag nicht so einfach sein, es auch zu lösen, aber wenn wir uns darauf einigen können, dass ein Scheitern hier nicht akzeptabel ist, dann können wir eine Lösung finden. Wir müssen eine Lösung finden! Denn wenn uns das nicht gelingt, dann bleiben uns nur weitere genau jener »schlechten Möglichkeiten‹, die das alles hier überhaupt erst herbeigeführt haben. Und wenn uns nur noch schlechte Möglichkeiten bleiben, dann werden die Regierung Ihrer Majestät und unsere Streitkräfte sich für das Vorgehen entscheiden, das am aussichtsreichsten dafür sorgen wird, dass Haven das Sternenimperium nicht mehr bedrohen kann - für so viele Jahrzehnte wie möglich.«
Wieder blickte sich Honor am Konferenztisch um, schmeckte den Mahlstrom der Gefühle, die sich hinter den maskenhaft ruhigen, höflichen Mienen verbargen, und schüttelte langsam den Kopf.
»Ich persönlich, sowohl als Offizier im Dienste Ihrer Majestät als auch als Privatmensch, bin der Ansicht, eine solche Entwicklung wäre katastrophal. Sie würde nur die Saat für einen neuen Kr eislauf von Blutvergießen, Tod und Leid legen. Das bedeutet allerdings nicht, dass es nicht doch so kommen kann, falls wir keine andere Lösung finden. Es bedeutet nicht, ich wäre nicht bereit, meine Befehle auszuführen, um genau das geschehen zu lassen. Es liegt also an uns - an uns allen, an Manticoranern und an Haveniten - zu entscheiden, welches Endergebnis wir erzielen können. Und ich, Ladys und Gentlemen, bin der Ansicht, wir müssen die richtige Entscheidung treffen. Das schulden wir nicht nur all jenen, die die Zukunft noch vor sich haben, sondern auch allen - Manticoranern, Graysons, Andermani und Haveniten -, die bereits gestorben sind.«
Kapitel 11
»Guten Morgen, Michael«, sagte die auffallend dunkelhäutige Frau, die Konteradmiral Michael Oversteegen von seinem Combildschirm aus anblickte.
»Morg’n, Mylady«, erwiderte Oversteegen mit seiner charakteristischen, schleppenden Sprechweise.
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