Hope - ein weihnachtlicher Streifzug (German Edition)
Halsabschneider, der ihn damals nur unter der Maßgabe den Job gegeben hatte, dass sich sein delikater Familienstand nicht auf die Arbeit auswirken würde.
Sicher. Als alleinstehender Vater von zwei Kindern machte Josh sich wie ein besonders ekelerregender Alien aus. Wer kam schon auf die Idee, dass es noch andere von seiner Sorte gab?
Sein Blick versank in dem des kleinen Mädchens auf seinem Arm, dessen Tränen endlich doch versiegt waren.
Helle blaue Augen – wie die seiner Mutter. Traurig, flehend. Die Lippen schimmerten kirschrot.
Das Fieber stieg unentwegt. Wie zur Bestätigung bettete sie ermattet ihren zierlichen Kopf an seine Schulter.
Okay!
Rasch küsste er ihre glühende Stirn und lehnte seine Wange dagegen. Dann holte Josh tief Luft. »Es tut mir leid, dass Sie so denken, Mr. Smith. Aber meine Kinder gehen nun einmal vor. Auf Wiederhören!«
Benommen beendete er das Gespräch und versuchte, das leere Gefühl in seinem Magen zu missachten.
Das war es dann wohl.
* * *
»A lice behalte jetzt die verdammte Mütze auf!«
»NEIN, DADDY!«
Es war der achte Versuch und derzeit stand es 8:0 für Alice.
Klare Fronten.
Joshs Tochter verabscheute Wolle – es handelte sich bei der Kopfbedeckung um ein wundervolles gestricktes Exemplar mit violetten Sternen auf PINKFARBENEM Untergrund.
Pink hasste Alice noch viel mehr. Beides war durchaus bekannt.
Der leicht entnervte Vater hätte überhaupt nicht zu diesem verhassten Objekt begriffen. Leider war die blaue Mütze des Mädchens seit letztem Freitag spurlos verschwunden. Zum Suchen fehlte schlicht und ergreifen die ZEIT!
David – sein Klugscheißer von einem Sohn – stand an der Tür, die Schultasche in der Hand und beobachtete die Szene mit gespanntem Interesse.
Er hatte seinem Dad bereits vor fünf Minuten mitgeteilt, dass der »keine Chance habe.«
Nun, Josh war lernfähig. Inzwischen sah er es ein.
»Dann gehen wir eben so!«, zischte er – mal wieder pädagogisch total unbrauchbar. »Aber wenn du deshalb zu allem anderen auch noch Ohrenschmerzen bekommst, ist das DEINE Schuld!«
Er packte das kleine Mädchen und floh. Aus der Wohnung und vor dem trockenen Gelächter in seinem Kopf, das sich irre über seine noch irreren Thesen und die Tatsache amüsierte, dass er soeben – und NICHT zum ersten Mal – vor einer Zweijährigen kapituliert hatte.
Die zweite Flucht war eher aussichtslos, sein wirklich nicht edles und schon gar nicht weises Haupt begleitete ihn nämlich und unternahm keine Anstalten, zurückzubleiben.
»Komm!« Das galt seinem Sohn, der überlegen grinste.
Gemeinsam stürzten sie die eisigen New Yorker Straßen entlang. Zu allem Überfluss war der verdammte Schnee auf dem Asphalt liegen geblieben, was die Unfallgefahr noch einmal erhöhte.
Außerdem machte es sich ziemlich mies, NICHT auszurutschen, wenn man ständig damit beschäftigt war, die zierlichen Ohren der winzigen Alice irgendwie vor dem schneidenden Wind zu schützen. An der nächsten Straßenecke blieben sie stehen.
»Schaffst du es allein?«
David wirkte überhaupt nicht glücklich. »Sie wird wütend sein.«
Josh nickte. »Sage ihr, dass es meine Schuld ist.«
Für diesen Tipp erntete er einen entnervten Blick. »Das wird sie aber nicht interessieren, Dad!« Uhhh, wenn nicht mehr Daddy kam, war das ein dezenter Hinweis, dass Davy wirklich sauer war. Nicht auf die Lehrerin, sondern auf seinen Vater.
»Sobald ich vom Arzt zurück bin, rufe ich sie an«, versprach Josh.
Das beruhigte David zwar auch nicht besonders, doch schließlich trollte er sich. Sein Dad wartete, bis der Sohn sicher die Straße überquert hatte, dann eilte er in die entgegengesetzte Richtung weiter. Die Hände schützend über den eisigen Ohren seiner Tochter.
Die weinte wenigstens nicht mehr.
* * *
D er alte Dr. Baxter behandelte die beiden Kinder seit deren Geburt.
Josh mochte den immer etwas grummeligen Kerl. Denn er neigte nicht zu Überreaktionen und wies ihn nicht ab, wenn die Rechnung mal wieder ein paar Wochen zu spät bezahlt werden konnte.
Ewigkeiten mussten sie im Warteraum sitzen. Mit dem Schnee schien auch die Influenza in der Stadt Einzug gehalten zu haben. Er fragte sich jedoch nach wenigen Minuten, ob diese Kinder tatsächlich krank waren, wo sie einen solchen Lärm veranstalten konnten.
Alice jedenfalls saß auf seinem Schoß, die Hände fest um seinen Hals und gab weder Ton noch Regung von sich.
Irgendwann – da mussten so ungefähr fünf Äonen vergangen
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