Hope - ein weihnachtlicher Streifzug (German Edition)
sein und sein Gehör hatte sich schließlich doch verabschiedet – wurden sie aufgerufen.
Kaum hatte er den Behandlungsraum betreten, traf Josh der nächste Schock.
Denn anstatt des ewig etwas brummigen Dr. Baxter saß eine Frau hinter dem riesigen Schreibtisch.
Sie war jung – viel zu jung für seinen Geschmack. Und das Erste, was sie überhaupt von sich gab, war: »Wo ist die Mütze?«
Spontane Frage, spontane Antwort. »Draußen.«
Jetzt erst blickte sie auf - yeah, sie war wirklich jung. »Ich sah Sie vorhin kommen. Das Kind trug KEINE Mütze. Warum nicht?«
Na ja, kein Wunder, dass sie so lange warten mussten, wenn sie ständig am Fenster stand und ihre Patienten observierte, anstatt sie zu behandeln. Josh ging auf, dass sie tatsächlich auf eine Antwort wartete, denn ihr grimmiger Blick lag noch immer auf ihm. »Sie ... äh ... Alice mag kein Pink ...«, war das Einzige, was ihm auf die Schnelle einfiel.
Und nun erkannte er, dass die zierliche junge Frau mit dem dunklen Haar nicht einmal einen weißen Kittel trug. War das überhaupt die Ärztin oder eher eine dieser Praktikantinnen, die mal ausprobierten wie es war, Arzt zu sein?
Wenn es sich so verhielt, dann hatte sie einen miesen Tag erwischt. Denn sie wirkte gar nicht glücklich. Konnte natürlich auch sein, dass sie schlicht und ergreifend den Beruf verfehlt hatte, was ihr so langsam aufging.
»Setzen Sie die Kleine auf den Behandlungstisch!« Das glich abermals einem Knurren. Wenngleich einem Hellen. Josh beschloss, besser nicht zu diskutieren, sondern tat, wie ihm geheißen.
Die Praktikantin/Ärztin kritzelte irgendetwas auf einen ihrer zahlreichen Zettel und sah schließlich auf, die Augenbrauen erhoben. »Ausziehen?«
»Oh, klar!« Eilig begann er, seine Tochter aus deren Klamotten zu schälen.
»Warum trägt sie keine Strumpfhose?«
Entgeistert betrachtete er die dicken wollenen Kniestrümpfe, in denen Alice pummelige Beinchen steckten. »Äh ...«
Sie seufzte. »Welche Jahreszeit haben wir, Mr. Carter?«
So langsam ging ihm das Theater auf den Geist! Offenbar hielt sie ihn für nicht ganz zurechnungsfähig. Da konnte er mithalten. Josh warf einen kritischen Blick aus dem Fenster. »Hochsommer schätze ich.«
Humor besaß sie schon mal nicht. Weder erfolgte ein Lachen, noch verzog sich ihr Mund zu einer Art von Lächeln. Stattdessen stand sie wortlos auf und trat zu ihnen.
Dass diese Person tatsächlich die Mundwinkel nach oben befördern konnte, warf Josh total aus dem Gleichgewicht. Denn für die kleine Alice, die ziemlich in sich gekehrt auf dem Tisch saß und die Fremde mit großen furchtsamen Augen betrachtete, hatte sie doch wirklich eines auf Lager.
»Mein Name ist Dr. Fresh, ich habe vor einigen Wochen die Praxis von Doktor Baxter übernommen.« Sie streichelte Alice Wange. »Oh, du bist aber heiß, Sweety!« Das kam nett, kurz darauf senkte sich ihre Stimmlage allerdings wieder auf das bekannte Knurren. »Solange Sie die Kleine nicht der Witterung entsprechend kleiden, müssen Sie sich nicht wundern, wenn sie krank wird.«
Nicht, dass sie Josh dabei angesehen hätte.
Der schwieg besser, denn ganz nebenbei untersuchte sie Alice Ohren und deren Hals. »Hustet sie?«
Angestrengt dachte der leicht gestresste Vater nach. »Nein ...« Sehr überzeugend klang es nicht. Und das kam bei der Praktikantin/Ärztin – ach so, dass sie Ärztin war, stand ja mittlerweile fest – nicht besonders gut an. Sie sah auf, die Augenbrauen befanden sich mal wieder am Haaransatz. »Vielleicht sollten Sie beim nächsten Mal mit Ihrer Frau erscheinen, Mr. Carter.«
Das war der falsche Einwurf. »Nicht verfügbar, sorry!«, stieß Josh hervor.
»Sie sind alleinerziehend?«
»Sieht so aus.« Seit wann waren derartige Informationen für eine Untersuchung vonnöten?
»Ich verstehe ...« Das klang wie: Jetzt wundert mich gar nichts mehr. »Da hast du dir eine schöne Grippe eingefangen, nicht wahr Schätzchen?«
Alice, die den Blick nicht von der Frau nahm, lächelte zaghaft und die Zicke brachte es doch tatsächlich auf ein weiteres Strahlen. Als sie jedoch zu Josh aufsah, war der Mund nur noch ein schmaler Strich.
»Wir machen ein Blutbild und ich brauche eine Urinprobe ...«
Fantastisch!
* * *
J osh benötigte eine halbe Stunde, um Alice dazu zu bewegen, in das Röhrchen mit der winzigen Öffnung zu pinkeln.
Das meiste ging auf seine Hände. Verdammt, warum war sie kein Junge, da wäre das kein Problem gewesen! Dann erfolgte jede Menge
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