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Hopp! Hopp! Es geht weiter. Vom Glück und Unglück eines Reiseleiters im Wilden Westen

Hopp! Hopp! Es geht weiter. Vom Glück und Unglück eines Reiseleiters im Wilden Westen

Titel: Hopp! Hopp! Es geht weiter. Vom Glück und Unglück eines Reiseleiters im Wilden Westen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Tappe
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Dämmerlicht. Stimmen. Spanisch. Ich hatte eins der mexikanischen
Kinder über den Haufen gerannt. Verdammt! Das auch noch. Ich tastete nach dem
Arm des Jungen und half ihm wieder auf die Beine.
    „Ich bin kein
Geist.“ sagte ich stammelnd. „Ich bin Reiseleiter.“ Etwas Schlaueres fiel mir
nicht ein. Der Vater des Kleinen redete laut und bedrohlich in spanischer
Sprache auf mich ein.
    „No hablo
español“ erklärte ich.
    Hoffentlich
schlägt er mich nicht. Ich kann nicht sagen, wer mehr Angst hatte, der Junge oder
ich. Jedenfalls hielt ich mich instinktiv an seinem kleinen Arm fest.
    „Lassen Sie
mein Kind los!“, brüllte der Mexikaner in gebrochenem Englisch.
    „Aber... ich
wollte doch nur...“
    Der Mann
verstand meine Sprache nicht. Und meine Situation verstand er schon gar nicht.
Ich war allein! Allein unter Chuckys. Ich hatte Fürchterliches durchgemacht.
Erst der brutale Hieb des mexikanischen Ellenbogens, der mich oberhalb der
linken Hüfte traf, holte mich in die Realität zurück. Es war definitiv Zeit zu
gehen. Ich verabschiedete mich mit einem doppelten I’m sorry und zog
eiligen Schrittes davon. Als ich nach wenigen, aber erneut schaurigen Minuten
den Ausgang des House of Horrors erreichte, war ich erschöpft, jedoch
erleichtert. Und ich war patschnass, in Schweiß gebadet. Meine Rippen
schmerzten. Ich atmete tief durch und machte mich leicht wankend vom Acker,
damit mich der Mexikaner nur nicht bei Tageslicht zu sehen bekam.
    Kaum hatte ich
den Busparkplatz vor dem Studiogelände erreicht, lief ich auch schon einem
Ehepaar aus meiner Reisegruppe in die Arme.
    „Da sind Sie
ja endlich, Herr Oliver. Wo ist denn der Rest der Gruppe? Wir warten hier schon
seit über einer Stunde auf den Bus.“
    Ich sah auf
meine Armbanduhr.
    „Da werden Sie
wohl noch ein weiteres Stündchen warten müssen“, entgegnete ich. „Wir fahren
nämlich erst um 18 Uhr.“
    „Ach,
wirklich?“ Der Herr holte tief Luft. „Und ich sach noch: Lieschen, sach ich,
wir fahren nicht schon um Viere.“
    Lieschen hob
die Schultern und nahm Ihren Mann bei der Hand.
    „Ja, ja. Ist
ja gut, Herbert. Lass doch den armen Reiseleiter mal ein paar Minuten Pause
machen. Der sieht ja ganz blass aus. Als sei ihm ein Gespenst begegnet.“
    Wenn die
wüssten...
     
    Etwa
ein Jahr später betrat ich das Haus des Horrors erneut. Diesmal mit meiner
Kollegin Maria im Schlepptau. Ich weiß nicht, ob mich der Teufel geritten hatte
oder ob ich ganz einfach unbewusst mein Trauma aufarbeiten wollte. Ich weiß
nur, dass es keine gute Idee war. Maria hat mir bis heute nicht verziehen.
    Inzwischen
empfehle ich diese Attraktion nur noch Gästen, die es verdient haben, sich mal
so richtig zu gruseln.

03 Von Los Angeles
nach San Diego - Die Sache mit der Körperpflege
     
    Endlich
raus aus der Stadt. Der Wilde Westen ruft. Am frühen Morgen verlassen wir Los
Angeles, um die erste Überlandetappe in Angriff zu nehmen. San Diego ist unser
Tagesziel, und zur Freude meiner Gäste sind es bis dahin nur zwei Fahrtstunden.
Aber zuvor müssen die Koffer gezählt und verladen werden. Bei fünfzig Gästen
ist das gar nicht so einfach. Am Tag vor der Abreise bitte ich alle
Reiseteilnehmer, die von mir vorbereiteten Namensschilder an ihren
Gepäckstücken zu befestigen und diese dann im Zimmer an der Tür für die
Kofferträger bereitzustellen. Gesagt – getan. Sollte man wenigstens meinen.
Aber von fünfzig Leuten befestigen zehn ihre Anhänger nicht am Gepäck.
Mindestens acht von ihnen stellen die Koffer entgegen meiner Anweisung nach
draußen auf den Hotelgang. Vier oder fünf trauen dem Braten gar nicht und
schleppen ihr Gepäck lieber selbst auf den Parkplatz, um sicher zu gehen, dass
es korrekt in den Bus geladen wird. Mindestens zwei oder drei Gäste bestehen
kurz vor der Abfahrt vehement darauf, noch einmal in den Gepäckraum sehen zu
dürfen, obwohl der längst verriegelt ist. Irgendwie trauen sie dem Reiseleiter
einfach nicht zu, bis fünfzig zählen zu können. Ich hoffe dann immer auf
Verständnis von Seiten des Busfahrers, der die Prozedur zwar einige hundert Mal
vollzogen hat, aber dennoch leicht gereizt reagiert, soll er die schweren
Ladeklappen wieder öffnen.
    „Ich kann
meinen Koffer aber gar nicht sehen, Herr Tappe.“
    „Das liegt
daran, dass er wahrscheinlich ganz hinten im Laderaum liegt.“
    „Ich hab’ aber
nicht gesehen, wie der Busfahrer ihn eingeladen hat.“
    „Das liegt
daran, dass sie nicht hier waren, als wir die ersten

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