Hopp! Hopp! Es geht weiter. Vom Glück und Unglück eines Reiseleiters im Wilden Westen
Umzugskartons werden auf ganze
Gallonen von Säften und Milchprodukten gestapelt. Ungläubig schauen meine Gäste
zu, wie amerikanische Hausfrauen Tiefkühlkost gleich stapelweise aus den Truhen
hieven. Wozu sparen, wenn doch auf der Packung steht: Buy one - get one free .
Alles ist im Angebot und da muss man einfach zugreifen. Wäre ja auch eine
Schande. Besonders die Obst- und Gemüseabteilung löst bei meinen Schäfchen
immer Begeisterungsstürme aus.
„Schau mal,
Gertrud, die Paprika. Die glänzt ja richtig. Boah, ey, und die Äpfel erst. Da
wird man ja blind.“
Mir waren die
amerikanischen Äpfel noch nie geheuer. Alle haben exakt dieselbe Größe und es
gibt nirgendwo auch nur eine einzige Druckstelle. Damit sie schön glänzen und
das Neonlicht des Supermarktes möglichst stark reflektieren, werden die Äpfel
gewachst. Hält man sie in der Hand, weiß man im ersten Augenblick nicht, ob es
sich nun um ein Stück Obst oder um eine Weihnachtskerze handelt. Zündet man den
Stiel an, brennt so ein Ding sicher eine ganze Weile. Für Singles wie mich sind
diese Supermärkte ein Alptraum. Egal was ich kaufe, es kommt nur im Zwölferpack
und reicht grundsätzlich für zwei Wochen. Interessant ist es auch an der Kasse.
Hat man Pech, steht vor einem ein sogenannter Coupon Clipper . Ein
Mensch, der alle Tageszeitungen akribisch nach Rabattscheinchen durchforstet,
sie ausschneidet und dann fein säuberlich, einen nach dem anderen, an den
Kassierer weitergibt. Da kann man schon mal verzweifeln, wenn man in Eile ist.
Der Yosemite
Nationalpark wird in den deutschen Medien und Reiseführern als Highlight jeder
USA Reise angepriesen. Mir persönlich scheint das eher übertrieben, aber die
Geschmäcker sind bekanntlich verschieden. Ich bin eben ein Fan von Canyons und
roten Felslandschaften. Gegenden eben, die es in Deutschland und Umgebung nicht
zu sehen gibt. Besonders im Sommer und im Herbst fällt es mir schwer, die
nötige Begeisterung für den Yosemite Park aufzubringen, da dessen
Hauptattraktion, die hohen Wasserfälle, in dieser Zeit trocken sind. Zum einen
gibt es in den Sommermonaten kaum noch Niederschläge und zum anderen fließt
kein Schmelzwasser mehr aus den Bergen der Sierra Nevada nach. Einzig ein
Besuch bei den Mammutbäumen, den Riesensequoias, könnte meinen Enthusiasmus
wiederbeleben. Die bekommen wir aber leider nicht zu Gesicht. Unsere Reisebusse
sind zu groß und dürfen die entsprechenden Lichtungen, in denen die Giganten zu
Hause sind, nicht anfahren. Obwohl diese Tatsache in den meisten Reisekatalogen
vermerkt ist, reagieren die Gäste immer leicht säuerlich, wenn der Reiseleiter
so ganz nebenbei erwähnt, dass sie weder Wasser noch Bäume zu sehen bekommen.
Was bleibt, ist eine zauberhafte Gebirgslandschaft, den Alpen sehr ähnlich.
Ähnlich wie in den Alpen ist hier auch die Straße, die ins Yosemite Valley
führt, dem spektakulärsten Tal des Nationalparks. Unzählige Kurven bedeuten für
viele Gäste Stunden der Übelkeit und nicht selten wird die Spucktüte
hervorgeholt. Mit etwas Glück sehen die Leute an diesem Tag ein paar Rehe oder
anderes Getier. Das hebt die Stimmung dann etwas. Mit sehr viel Glück oder mit
sehr viel Pech, je nachdem, wie man es sieht, begegnet man auch einem
amerikanischen Schwarzbär. Es gibt dabei drei verschiedene Arten der Begegnung.
Variante Nummer 1: Man sieht den Bär tot am Straßenrand liegen, weil irgendein
Raser zu schnell gefahren und mit dem Tier auf Kollisionskurs gegangen ist.
Diese Art der Begegnung ist für keinen der Beteiligten besonders angenehm. Die
zweite Variante ist wesentlich schöner und gleichzeitig die wohl
wünschenswerteste der drei Möglichkeiten. Der Bär lebt und der Reiseleiter ruft
durchs Mikrofon:
„Achtung!
Teddy auf der linken Seite.“
Aus sicherer
Entfernung können die Gäste dann ein schnelles Bild knipsen und der Bär zieht
fröhlich seines Weges. Alle sind zufrieden: der Busfahrer, der Reiseleiter, der
Bär und die Gäste, mit Ausnahme derer, die auf der rechten Seite im Bus saßen
und nichts gesehen haben. Aber man kann schließlich nicht alle glücklich
machen. Nun bleibt noch die Begegnung der dritten Art. Die hatte Herr Doktor
Bammel, ein Urologe aus Ostdeutschland, den ich vor nicht allzu langer Zeit zu
meinen Gästen zählen durfte. So ein Treffen kann erfreulich oder nicht so
erfreulich sein. Das hängt jeweils vom Verhalten des Menschen und von der
Tagesform des Bären ab.
Herr Dr.
Bammel war zu Beginn der
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