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Hoppe

Hoppe

Titel: Hoppe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felicitas Hoppe
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Wüste. Weder Schakale noch Araber. Kein schroffes Gericht, kein Urteil. Ich liebe, ich verehre die mittlere Landschaft, den Kompromiss, die Versöhnung, ein Getränk, das nicht auf Eis liegen muss, um ganz wie von selbst über die Zunge zu gehen. Einmal ihr Kleiner Baedeker sein (gemeint ist vermutlich der
Kleine Baedeker
aus
Paradiese, Übersee
/fh) und einfach neben ihr reiten, um ihr, für den Fall, sie sollte ermüden (ein Fall, der leider kaum eintreten wird), für einen kurzen Moment lang die Zügel zu halten und zu sein, was von uns niemand werden kann: Hoppes erster und letzter Kavalier, den sie niemals freundlich empfangen kann, weil sie ihn vermutlich dafür verachten würde, dass sie sich nach ihm sehnt.«
    Kavaliere stehen allerdings längst nicht mehr im Mittelpunkt von Hoppes Leben. In den mittleren und späten achtziger Jahren hat sie andere Sorgen. Sie ist offensichtlich, wie sie in einer kleinen Erzählung mit dem Titel
Altwerden
andeutet, voll und ganz damit beschäftigt, »endlich irgendwo unterzukommen« und einen, wie sie es nennt, »wenigstens vorübergehenden Posten« zu finden. Denn sie befindet sich, wie so oft, in akuter Geldnot. Im Sommer 1986 finden wir sie im Bundesstaat Oregon wieder, dem ersten Ort übrigens, an dem sie seit ihrer Reise mit Viktor Seppelt faktisch aktenkundig zu machen ist. Wider Erwarten gibt es sogar eine Postadresse und eine Telefonnummer in Eugene/ OR , wo Hoppe sich offenbar an der State University of Oregon als Studentin für
German Languages and Literatures
immatrikulieren konnte und tatsächlich eine Stelle als »Graduate Teaching Fellow« mit einem Unterrichtsdeputat von fünf Stunden pro Woche (First Level/Anfängerkurs/fh) erhält, vergütet mit 550  $ pro Monat.
    Darüber, wie sie, ohne jede nachweisbare Qualifikation, lediglich mit einem fadenscheinigen australischen Vordiplom für Klavier und Komposition in der Tasche, diese Stelle tatsächlich erhielt, lässt sich nur spekulieren. Vermutlich dürfte dabei aber ein gewisser Herman (Prof. Dr. phil. Hans Herman Haman) eine tragende Rolle gespielt haben, der schon seit über zwanzig Jahren an der University of Oregon unterrichtete, sich nebenbei feierabends zum reinen Vergnügen als vielsprachiger Schriftsteller und Übersetzer betätigte (Schwerpunkt Lyrik und Kurzprosa) und unter den Studenten eine gewisse Berühmtheit dafür erlangt hatte, dass er, sommers wie winters gleichermaßen, seine Unterrichtsstunden in Anzug und Krawatte abhielt, wobei weniger die Anzüge als die Tatsache, dass er angeblich nur zwei davon besaß, die er wechselweise zum Einsatz brachte, zu seinem legendären Ruf als »Doktor Suit« (»Doktor Anzug«), gelegentlich auch »The Tie« (»Die Krawatte«) geführt haben dürfte.
    Eine kleine von Herman Haman verfasste Erzählung (
Woodcutter/Holzfäller
/ 1987 ) berichtet uns Folgendes: »Sie (gemeint ist vermutlich Felicitas/fh) stach sofort ins Auge. Sie war nicht eigentlich schön zu nennen, aber irgendetwas an ihr fiel auf, wie sie da so in der halboffenen Tür des
Woodcutter
stand, ein Ort, an den sich Frauen nur selten verirren, ihren Blick (braune Augen) durch den Raum wandern ließ und offensichtlich nicht genau wusste, ob sie gehen oder bleiben sollte. Er musterte sie von oben bis unten, die braunen Locken (sie war offenbar lange nicht mehr beim Friseur gewesen), das braungebrannte Gesicht, die Müdigkeit auf der Stirn (sie war offenbar lange unterwegs gewesen), die viel zu breit geschnittenen Hosen (offenbar secondhand), die ihre kräftigen Hüften unvorteilhaft betonten, die kurzen Beine und die Füße, die in abgetragenen schmutzigen Turnschuhen steckten. Sie trug eine abgewetzte Lederjacke und auf dem Rücken einen karierten Rucksack, der offenbar schwer beladen war. Trotzdem stand sie kerzengerade und wirkte im Übrigen größer, als sie in Wirklichkeit war. (Angaben im Reisepass zufolge misst Hoppe bis heute nicht mehr als 1 , 62 m./fh)
    Wie lange sie schon so dastand, hätte er nicht sagen können, wahrscheinlich handelte es sich bloß um Sekunden, jene wenigen und zugleich endlos langen Sekunden, die man im Wilden Westen in der Regel so braucht, um die allgemeine Lage zu erfassen und was die Stunde geschlagen hat, ob der, dem wir uns gegenübersehen, Freund oder Feind ist. Ihm dagegen, der an der Bar lehnte, gerade einen zweiten Krug (Plastik) Bier bestellt hatte und im Begriff war, sich eine weitere (filterlose) Zigarette anzustecken, während er (seit mindestens

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