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Hoppe

Hoppe

Titel: Hoppe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felicitas Hoppe
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Steinplatten, die niemals ersetzt wurden. Das Unkraut stand hoch. Aber wann immer man am Haus vorbeikam, es brannte Licht. Genaugenommen brannten zwei Lichter, eins im Keller und eins unterm Dach. Im Keller saß der Patentagent, unter dem Dach seine Tochter. Der Rest lag in einem verschwiegenen Dunkel.« (Übersetzung ins Deutsche: fh)
    Der Erzähler (Clark Dark) scheut im weiteren Verlauf der Erzählung nicht davor zurück, in »Hoppes haunted house« (Hoppes Spukhaus) Geister und Spiritisten und nebenbei auch noch eine Versammlung russischer Verschwörer auf den Plan zu rufen, die »die ahnungslose Tochter auf dem Dachboden« zu weit mehr als nur unbotmäßigen Spionagediensten heranziehen. Die Verschwörung fliegt auf, weil die »russischen Schurken« erstens die Wachsamkeit der Brantforder Bürger unterschätzen und sich zweitens bei einem »Wintergelage« unfreiwillig selbst zur Strecke bringen, als beim Öffnen »der letzten Flasche« eine Kerze umfällt, die das »Haus der zwei Lichter« vernichtend in Brand steckt. Während Verschwörer und Agent entkommen können, wird die Tochter, »im Dachgeschoss von Flammen umzingelt«, in letzter Sekunde von tollkühnen Nachbarn über eine von außen angelegte Leiter gerettet: »Sie fanden sie in verbrannten Kleidern und Tränen, das Gesicht rußgeschwärzt, aber das Kind begriff sofort, dass es gerettet war. Und dass sein Leben, tatsächlich, erst jetzt begann.«
     
    In der Schule von Brantford, die Felicitas bis zu ihrem Umzug nach Australien besuchte, sind die Erinnerungen etwas nüchterner: »Sicher hatte sie ihre Eigenarten, aber insgesamt war sie eine gute, gewissenhafte und in den meisten Fächern begabte Schülerin, allerdings manchmal etwas abwesend, man könnte auch sagen gelangweilt, als ginge sie das alles nichts an«, erzählt Martha Knit, Lehrerin der ersten Stunde, und gießt Tee nach. »Ich erinnere mich noch gut daran, wie ihr Vater sie am ersten Tag in die Schule brachte. Statt eines Ranzens trug sie einen unförmigen karierten Rucksack, mit dem sie irgendwie eine komische Figur abgab, obwohl sie eigentlich ein ganz hübsches Kind war, nur ein bisschen verstockt und seltsam angezogen. Was nicht heißt, dass sie schlecht oder nachlässig gekleidet war, nur eben seltsam. Ihr Vater hat ja nicht nur Schulrucksäcke genäht, er nähte auch all die anderen Sachen, Hosen, Röcke, Jacken und Mäntel. Schaun Sie sich mal die Fotos an (Martha öffnet einen Schuhkarton), sie fällt einfach auf, solche Sachen wurden hier ja sonst nicht getragen. Dieser Wintermantel zum Beispiel, ein Einzelstück der besonderen Sorte. Wissen Sie (Martha lacht), ich komme selbst aus einer Schneiderfamilie und sehe solche Sachen sofort, ich habe einen Blick dafür (sie fährt mit dem Zeigefingernagel über die Bilder und bleibt auf Felicitas’ Mantel stehen): Eine Kapuze mit einklappbarem Sichtschild, bei Bedarf abtrennbar durch einen Reißverschluss, Mantelaufschläge mit nach innen verklappbaren Handschuhen, die man auch festknöpfen konnte. So was gab’s doch damals in keinem Laden. (Die alte Lehrerin ist sichtlich begeistert.) Dieser Vater hatte nicht nur Ideen, der verstand auch was vom Handwerk, der nähte wie einer vom Fach. Natürlich wusste Felicitas nicht, was sie da trug, besser gesagt, sie wusste wahrscheinlich genau, was sie trug, weshalb sie sich ziemlich unwohl fühlte. (Martha steht auf und holt Kekse.)
    Die ersten zwei Wochen waren das reine Spießrutenlaufen, Kinder haben ja wenig Feingefühl: Karierter Rucksack!, schrien sie ihr andauernd hinterher. Dagegen war nichts zu machen, da musste sie durch, na ja, sie trug das mit bewunderungswürdiger Fassung. Wahrscheinlich wusste sie, dass sie was Besonderes war, obwohl sie von diesem Bewusstsein nichts hatte. Angebiedert hat sie sich jedenfalls nie. Wenn man sie ansprach, hat sie sich einfach weggedreht und irgendwas in den Schulhofsand gemalt. Aber (Martha gießt zum dritten Mal Tee nach) sie verstand ganz genau, wovon die Rede war, ihr entging nichts, alles bekam sie mit, hatte überhaupt ein phänomenales Gedächtnis. Ehrlich gesagt brauchte ich eine ganze Weile, bis ich begriff, was für ein gutes Gedächtnis sie hatte, warum sie nie mitschrieb. Jedenfalls kann ich mich nicht daran erinnern, dass sie auch nur ein einziges Mal ihre Hausaufgaben vergessen hat oder die Unterschrift ihres Vaters.«
    Martha Knits Begeisterung für Felicitas Kleidung (»Den Kindermantel mit Reißverschlussschild hätte ihr Vater

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