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Hoppe

Hoppe

Titel: Hoppe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felicitas Hoppe
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diesen Sommer?«/
Öschinger Tagblatt
) »ist eine pure Illusion. Die Zeit ist so frei oder unfrei, wie wir selber in dieser Zeit sind. Urlaub ist im Prinzip schön und gut, aber nur, wenn man nicht weiß, was sich hinter diesem Begriff verbirgt: Urlaub, im ritterlichen Sinn, heißt nicht mehr und nicht weniger, als sich nicht zu verliegen, sondern immer wieder aufzustehen und weiterzugehen auf der Suche nach neuen Abenteuern. Nur dass es am Strand keine Abenteuer gibt, sondern bloß Gestrandete.«
    Was Hoppe, eine in der Regel äußerst höfliche und gelegentlich bis zur Selbstverleugnung zuvorkommende Interviewpartnerin, dem
Öschinger Tagblatt
verschwieg, war die Geschichte ihrer ausgedehnten Angelausflüge, die sie im Laufe des Sommers 1974 zusammen mit ihrem Vater und Lucy Bell unternahm und die sie offenbar auf immer das Fürchten verordneter Freizeit lehrten: »Eine völlig idiotische Idee meines Vaters, jedenfalls wenn man bedenkt, wie sehr Bell bis heute Glenn verehrt und wie sehr Glenn das Angeln hasst, weil er Tiere abgöttisch liebt und genau weiß, wie schlecht sich ein Fisch am Haken fühlt. Von uns dreien bin ich übrigens die Einzige, die jemals faktisch einen Fisch an der Angel gehabt hat und keine Sekunde lang daran dachte, ihn wieder zurück ins Wasser zu werfen, weil mir das den Spott des gesamten Gretzkyclans eingebracht hätte!«
    Sowenig sie Glenns Tierliebe teilte, so sehr machte Felicitas in ihrem Kampf gegen Lucy raffiniert und unverhohlen Gebrauch davon, indem sie, im Boot sitzend, Vorträge über die grausamen Qualen der am Haken Gefangenen hielt, wie eine Notiz Karls verrät (»sonntags immer wieder Fischmonologe«), die allerdings deutlich ihren Zweck verfehlten, nämlich Lucy des Weiteren davon abzuhalten, die Wochenenden mit Karl am See zu verbringen, auch wenn man ihr, wie Felicitas feststellt, »deutlich ansieht, dass sie nicht die geringste Lust verspürt, so zu tun, als verschaffe es jemals jemandem Lust, Karl dabei zuzusehen, seinerseits angestrengt so zu tun, als verschaffe es ihm größte Lust, für eine Frau einen Fisch aus einem See zu ziehen, zu dem sie beide in keinem Verhältnis stehen.« (
Fische am Haken
, 1998 )
    Dem widerspricht allerdings das einzige von den Angelausflügen erhaltene Bild, das, Arm in Arm, nicht nur einen lachenden Karl (Felicitas’ Vater lachte gern und oft, was seine Tochter uns konsequent verschweigt), sondern auch eine lachende Lucy zeigt, die mit der rechten Hand einen riesigen Fisch in die Kamera hält, von dem allerdings nicht sicher ist, wer ihn wirklich gefangen hat, was das Glück des Paares offenbar nicht trübt. Kein Wunder also, dass Felicitas sich den letzten Angelausflügen des letzten gemeinsamen Sommers nachhaltig verweigert. Die bis zu ihrem Umzug nach Australien verbleibenden Wochenenden verbringt sie so demonstrativ wie ausschließlich bei den Gretzkys (»Wo sonst könnte ich die restliche Zeit schöner auf den Kopf hauen!«), obwohl Wayne in jenem »langen und lauen Sommer des Abschieds« an den Wochenenden längst nicht mehr da war, sondern ständig woanders, ständig auf Tour, immer unterwegs, endlose Nächte in Bussen und auf künstlichem Eis, Walter natürlich immer dabei.
    »Zurück blieben Phyllis und ich, während er geisterhaft in der Ferne verschwand und sonntags abends, genau wie all die anderen Brantforder Angler, mit lauter Trophäen nach Hause kam, aus Silber und Gold, lauter alberne Pokale, Säcke voller nutzlosem Zeug und Sachen, für die im Haus längst kein Platz mehr war. Er war dreizehn, hatte längst Pickel und jede Menge Fans und war immer noch schön wie am ersten Tag. Je länger er weg war, umso mehr liebte ich ihn, und wenn er länger weg war als ein Wochenende, liebte ich ihn sogar mehr als mein Leben.
    Wie gut ich mich an jene Sonntage erinnere, an denen Phyllis und ich in der Garage sitzen, die Walter feierabends, nachdem er im unermüdlichen Dienst für
Bell Canada
sämtliche Telefone der Nachbarschaft repariert hatte, so gründlich wie hingebungsvoll ausbaute – Gretzkys kleines Museum der großen Triumphe: Pokal an Pokal, Schläger an Schläger, der zweite und dritte neben dem ersten, Handschuh an Handschuh, wieder ein Handschuh und noch ein Handschuh und wieder ein Handschuh. Im Regal wird es eng, die Trophäen fangen schon an zu drängeln, das erste Gitter gegen die letzte Maske, das erste Polster am linken Knie, das auf den ersten siegreichen Schuh trifft, auf die erste Kufe, von Anfang an die

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