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Hoppe

Hoppe

Titel: Hoppe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felicitas Hoppe
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die gingen nach Polen, an eine Maria, genau gefragt habe ich nie, ich spioniere meinen Gästen nicht nach, habe mir nur mein Teil gedacht.
    Merkwürdig war: Die Briefe sind später zurückgekommen, nicht die nach Kanada, auch nicht die nach Polen, nur die nach Deutschland, allerdings erst Monate später, ich habe sie alle gesammelt, keinen einzigen weggeworfen, aber auch keinen davon gelesen, auch wenn ich oft in Versuchung war, es wäre ja nicht weiter aufgefallen, wenn ich sie hätte verschwinden lassen. Was ich genauso wenig übers Herz gebracht hätte wie die Wahrheit über die Lippen, wofür ich mich, um ehrlich zu sein, bis heute schäme. Jahrelang habe ich sie mit der Geschichte von Robinson Crusoe vertröstet: Irgendwann kommt ein Schiff vorbei.«
    An dieser Stelle gießt sich Ms Ayrton, die nicht Helena ist und gelegentlich gerne trinkt, ein Glas Portwein
(Seppeltsfield Winery)
ein, bevor sie mit ihrer Erzählung fortfährt: »In der dritten Woche legte Felicitas den Hebel um und erschien als Erste zum Frühstück, man hätte die Uhr nach ihr stellen können. Manchmal kam sie schon kurz vor sechs runter, um mir in der Küche zu helfen. Dabei stand sie mir meistens im Weg, in Haushaltssachen war sie ziemlich unbeholfen für ein Mädchen von vierzehn Jahren, zwei linke Hände, aber wegschicken ließ sie sich nicht, war anhänglich wie ein junger Hund. Und erzählte ununterbrochen Geschichten, was mir auf die Nerven ging, aber die Gäste mochten das, besonders ihre Seefahrtsgeschichten, viel besser als das, was Seeleute sonst so erzählen, stumm wie Fische, miserable Erzähler. Felicitas war dagegen unschlagbar, eine blühende Phantasie, keine Ahnung, was wahr, was erlogen war, sie war eine große Erfinderin, übrigens auch im praktischen Leben, immer voller Ideen, nur dass sie nichts davon umsetzen konnte. (Vgl. hierzu Karls oben zitierte Aufzeichnungen: »Zur Durchführung fehlt es an Präzision. Insgesamt Mangel an Ausdauer.«/fh)
    Ich sehe sie noch vor mir, wie sie morgens in meiner Küche steht und den tastenfreien Toaster erfindet, akustisch animierte Brotscheiben, die auf Anruf nach oben springen, und den automatischen Eierwender, eine Pfanne, die alle Probleme löst, die man mit Spiegeleiern so hat. Sie erfand alles neu, den ganzen Haushalt, lauter Unsinn, einen sprechenden Sahneschläger und für den Frühstücksraum eine Art Tischleindeckdich, mit dem sie Servierpersonal einsparen wollte, für den Zimmerservice den Lakendreher, fürs Bad einen je nach Körpergröße verstellbaren Seifenspender und, um den Briefverkehr zu beschleunigen, die Deutsche Taube, die in Sekundenschnelle übers Meer fliegt.« (Vgl. hierzu
Meine Sonntagserfindungen
./fh)
    Spätestens nach dem dritten Portwein wird klar, dass Lucy Ayrton mehr über Hoppe erzählen könnte als jedes deutsche Feuilleton, mit der einzigen Ausnahme, dass sie nicht die geringste Ahnung hat, was tatsächlich aus Hoppe geworden ist, eine deutsche Schriftstellerin nämlich, wovon sie sich kaum überrascht zeigt: »Felicitas traue ich alles zu.« Von Deutschland hat Lucy keine Ahnung, die Stadt Hameln hält sie, wie sich herausstellt, bis heute für reine Erfindung (»Warum sonst hätten die Briefe zurückkommen sollen?«), genau wie die Geschichte vom Rattenfänger, die sie noch aus ihrer Schulzeit kennt.
    Der geographisch faktische Gegenbeweis, eine Deutschlandkarte in großem Maßstab, auf der die Stadt Hameln im niedersächsischen Weserbergland überdeutlich gekennzeichnet ist, beeindruckt Ms Ayrton nicht im Geringsten: »Geographie war doch überhaupt kein Thema, hat sie nicht interessiert, Felicitas’ Hameln liegt ganz woanders. Sie wissen schließlich so gut wie ich, dass das nichts als Märchengeschichten sind: Hameln, der Rattenfänger, dieses Hochzeitshaus mit den besonderen Glocken, lauter Kinder- und Jungmädchenträume, genau wie die Hochzeit mit diesem Wayne, von dem sie andauernd sprach und dem sie andauernd Briefe schrieb.
    Eine ganz große Sache sollte das werden, diese Hochzeit. Natürlich in Hameln, wo sonst, nicht etwa mit Anzug und weißem Kleid, sondern in voller Hockeymontur, zweimal die Nummer  99 , sie trug ja nichts anderes als dieses schmuddelige Trikot (gemeint ist Waynes Abschiedsgeschenk mit der Signatur »Wayne for Fly«/fh), alle Gäste unter Helmen und Masken, mit Handschuh und Schläger, Brautjungfern auf Schlittschuhen, auf dem Tisch eine Hochzeitstorte in Form eines riesigen Pucks. Irgendein Goaly sollte den

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