Hoppe
natürlich im Weg stand«. Vermutlich nicht nur im Weg, sondern Jahrzehnte später auch Pate für jenen sprechenden Hund Munter, den Reimar Strat so wenig mochte und dem Hoppe in ihrem Roman
(Paradiese, Übersee)
eine besondere Rolle zuweisen sollte, weil er weit mehr als sein Herr weiß und, gegen jede hündische Gewohnheit, nicht auf Befehl, sondern auf eigene Faust handelt, vor allem dann, wenn es darum geht, wichtige Briefe zu überbringen.
Dass Hoppe auch Hunde zu Briefträgern macht, verwundert bei ihrer Leidenschaft für das Briefeschreiben nicht weiter. Was allerdings Wicket, jener »kleine gedrungene und auf angenehme Weise kurzhaarige (hier spricht die Asthmatikerin/fh) Blindenhund«, nicht nur dem sprechenden Munter, sondern auch Virginia und Quentin voraushat, ist die Tatsache, dass er Felicitas und Joey nicht nur ins Stadion, sondern auch auf jenen Spaziergängen durch Adelaide begleiten durfte, die sie gelegentlich an »gestohlenen Nachmittagen« unternahmen und die alle, der Choreographie ihrer gemeinsamen Geschichte folgend, auf dem Montefiore Hill begannen, wo sie unter der Statue von William Light eine, manchmal auch zwei Zigaretten rauchten, um dann, Arm in Arm (»eine kleine bewegliche Mauer«) zu Fuß weiterzugehen bis hinaus nach Port Adelaide, wo es bei Lucy Ayrton regelmäßig Kaffee und Kuchen gab.
Folglich ist Wicket (neben Joey und Lucy) der einzige Zeuge, als sich Felicitas kurz vor ihrem siebzehnten Geburtstag an einem Freitagnachmittag (an einem jener Freitage, an denen Quentin ihr versprochen hatte, sie zum Orgeln in die Kirche der Grote Street zu führen), entschließt, ein günstiges Zweibettzimmer mit Hafenblick zu mieten, für das Lucy ihr einen Sonderpreis in Naturalien machte, zwei Wochen lang doppelte Übungsstunden: »Denn, Kinder, was soll ich euch sagen: Hätte ich sie nicht aufgenommen, dann stünden sie immer noch in der Grote Street, unter dem Bildnis von Sister McKillop, und wüssten nichts mit sich anzufangen.«
Aus
Wicketoos Traumbuch
: »In jener Nacht bei
Grant’s Children
hatte ich einen Traum. Ich sitze mit Phyllis in Gretzkys Garage, sie raucht (ich höre deutlich ihren pfeifenden Atem), ich staube, gleichfalls rauchend, Pokale ab, die Tür springt auf, in der Tür steht Wayne, vollkommen aufgelöst. Ich will meine Zähne zurück, schreit Wayne. Phyllis bleibt ruhig, raucht in langen tiefen Zügen und sagt mit leiser trauriger Stimme: Aber du weißt doch, dass die Zähne längst verkauft sind, für einen guten Preis, bald kriegst du neue, die sind viel schöner als die alten. Ich lasse die Zigarette fallen, durchsuche fieberhaft die Regale, alles fällt zu Boden, Masken, Schläger, Handschuhe, Pokale, der erste Puck. Das Glas mit den Zähnen ist nirgends zu finden. Ich drehe mich um, hinter mir Wayne, der nicht aufhört zu schreien: CHASE THAT !, ich will meine Zähne wiederhaben. Erst jetzt sehe ich, dass er wirklich keine Zähne mehr hat, sein Mund ist vollkommen leer, ein gähnender Abgrund, ich will meine Zähne wiederhaben!
Phyllis zündet sich (am Ende der alten) eine neue Zigarette an, steht langsam auf, schiebt mich freundlich zur Seite und beginnt, alles, was zu Boden gefallen ist, Stück für Stück zurück in die Regale zu stellen, sie arbeitet rauchend, bedächtig, mit langsamen schweren Bewegungen, als bereite das Bücken ihr große Mühe. Wayne sitzt auf einem Hocker, schluchzt wie ein Kind. Ich will ihn trösten, er stößt mich zurück, ich beginne zu weinen, taste mit der Zunge nach meinen eigenen Zähnen: Seid ihr alle noch da? Ja, sagt Phyllis, sie sind alle noch da, und die nicht mehr da sind, kommen bald wieder. Und jetzt, Kinder, beruhigt euch, und kommt in die Küche.
Die Garage verwandelt sich in die Küche, sie ist anders als damals, der Tisch nicht mehr rund, sondern eckig. Am Kopfende des Tisches sitzt Bamie (Boots/fh), neben ihm Lucy (Bell oder Ayrton?/fh). Willst du ihnen nicht gratulieren, fragt Phyllis, sie haben gestern geheiratet. Ich gehe zu Bamie und Lucy, küsse sie auf die Stirn, also bist du mir nicht mehr böse, fragt Lucy. Ich will was sagen, es kommt nichts raus, also gehe ich rüber zum Kühlschrank, die Sahne ist weg, sagt Phyllis, alles wegen der Hochzeitstorte.
Ich bemerke plötzlich, dass Wayne nicht mehr da ist, wo ist eigentlich Wayne, frage ich Phyllis. Aber Wayne wohnt doch schon längst nicht mehr hier, sagt Phyllis, lacht und fährt mir durchs Haar, den haben wir doch schon letztes Jahr nach Toronto
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