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Hoppe

Hoppe

Titel: Hoppe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felicitas Hoppe
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dass sie oft an mich denkt und dass Clark Dark jetzt eine Kolumne hat:
Haus der zwei Lichter
. Dann verschwindet sie plötzlich im Hinterzimmer, aus dem laute Klaviermusik dringt.
    Bist du das da drinnen, Glenn?, rufe ich. Keine Antwort, nur leises Geklimper. Ein Hund bellt. Ich drehe mich auf die andere Seite, will zurück in die Kissen, aber die Glocken rufen mich wach, das müssen die Glocken vom Hochzeitshaus sein. Oder womöglich mein großer Bruder, aber es ist nicht mein Bruder, sondern nur Viktor (gemeint ist vermutlich Viktor Seppelt, Felicitas’ späterer Kommilitone am
Elder Conservatorium of Music
/fh), der mir das Trikot unter die Nase hält ( 99 ) und ruft: Wach auf, höchste Zeit, hier wegzukommen, sonst legen Kramer und Small noch ohne uns ab!«

4. Kapellmeister
    » K ramer und Small legten natürlich ohne uns ab«, schreibt Felicitas’ Kommilitone Viktor Seppelt Jahre später in seinem
Buch F
, »und blieben noch auf Jahre der Geheimcode unseres gemeinsamen Scheiterns, den außer Felicitas und mir höchstens ihr Vater hätte entschlüsseln können. Aber ihr Vater Karl hatte sich längst aus dem Staub gemacht, als Melville Drugs (siehe hierzu Kapitel  1 ) ihr an einem Montag beschied, es gäbe in Adelaide für sie nichts mehr zu holen. Viel Wüste, kaum Wasser, kommentierte Mel, der unter den Fenstern des großen Saals des
Elder Conservatorium of Music
der Prüfungskommission seiner Dirigierklasse vorsaß, ihre Kür, in der sie, nachdem sie ein tadellos klassisches Pflichtprogramm absolviert hatte, mit einem improvisierten Blasorchester unter dem Wappen der University of Adelaide (
SUB CRUCE LUMEN /Licht unter dem Kreuz des Südens
/fh) vollkommen unbeirrbar Julius Fučiks
Einzug der Gladiatoren
(
March of the Gladiators
, auch bekannt unter
Thunders and Blazes
, op 68 ) dirigierte. Eine plumpe Provokation. Kein Wunder also, dass Mels Daumen nach unten ging, nicht wegen des Rucksacks, wie Felicitas später gern behauptete, sondern weil er Blasmusik hasste. Frauen dagegen mochte er, er zog sie männlichen Bewerbern vor, vor allem, wenn sie talentlos waren. Sein Motto: ›Wo die Queen regiert, soll hin und wieder auch eine Frau dirigieren.‹
    Die Liebe zur Königin war vermutlich das Einzige, was Mel mit Felicitas verband. Sie blieb in der Kompositionsklasse sitzen. Den begehrten einzigen Platz in der Dirigentenklasse bekam nämlich ich, nicht mit Fučik natürlich, sondern, eine zugegeben rein strategische Wahl, mit Ausschnitten aus Melvilles eigener Oper
Alexander
(gemeint ist vermutlich der berüchtigte irische Strafgefangene Alexander Pearce, der in Tasmanien zu zweifelhaftem Ruhm gelangte/fh), unter den Studenten auch als
Menschenfresseroper
bekannt (Pearce wurde 1824 wegen Kannibalismus zum Tod verurteilt und hingerichtet/fh), die wir mit einer Mischung aus Abscheu und Faszination einstudiert hatten. Felicitas hielt das Stück für billig und effekthascherisch, hatte sich sogar dazu hinreißen lassen, anlässlich einer der zahlreichen Grillpartys, die die Studenten der Kompositionsklasse regelmäßig feierten, aus dem Stegreif eine Parodie auf Alexanders berühmte Todesarie (
Man’s Flesh is delicious/Wie köstlich mundet Menschenfleisch
/fh) zu Gehör zu bringen, was nur deshalb auf wenig Begeisterung stieß, weil der Meister persönlich anwesend war. Felicitas war eine großartige Performerin, sie hatte eine zwar miserabel ausgebildete, aber von Natur aus wunderbare Stimme (Mezzosopran/fh) und begleitete sich in der Regel selbst, wenn kein Klavier zur Hand war, meistens auf der Gitarre. Das Beste waren allerdings die Texte, die fielen ihr zu, lässig wie aus der Luft gegriffen, alle in Versen und gereimt, niemand wusste, woher sie kamen, ich glaube, sie wusste es selbst nicht. Ihre Quelle war unerschöpflich, von Wüste keine Spur.
    Klar, dass Mel eifersüchtig war, nicht auf die Musik, im Komponieren war sie reines Mittelmaß, sondern auf die Texte, die sie in der Regel über Nacht schrieb. Keine Ahnung, wie viele Libretti sie in unseren gemeinsamen Jahren am Konservatorium verfasst hat, es müssen an die hundert gewesen sein, die vermutlich niemals zur Aufführung kamen, aber das war ihr egal, sie führte sie einfach selber auf, bei jeder Gelegenheit, die sich bot. Manchmal verdiente sie sich sogar Geld damit, dass sie bei ›special occasions‹ (›zu besonderen Anlässen‹) auftrat, wo sie sich von den Gästen Themen zuwerfen ließ, zu denen sie dann frei improvisierte.
    Was diese

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