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Hoppe

Hoppe

Titel: Hoppe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felicitas Hoppe
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verkauft, für eine gute Million an McMaster. In diesem Augenblick klingelt im anderen Zimmer ein Telefon. Ich will aufstehen und ans Telefon gehen, aber Bamie hält mich am Ärmel fest, das Gespräch ist für mich, flüstert Bamie, Lucy darf nichts davon wissen. Ich bin schneller, laufe ins Nebenzimmer, finde das Telefon nicht. Hinter mir höre ich Bamies Schritte. Als ich mich umdrehe, steht Tony (Tonell/fh) hinter mir. Warum störst du mich, wenn ich das Telefon stimme, sagt Tony, du weißt doch genau, wie kompliziert das ist, weil jedes Telefon auf A gestimmt ist, dafür braucht man Ruhe und Feingefühl.
    Ich starre das Telefon an, das ununterbrochen weiterklingelt, ununterbrochen auf A, der Hörer liegt neben der Gabel. Tony zieht eine Stimmgabel aus der Tasche, schlägt sie an der Tischkante an, hält sie mir ans Ohr. Du hörst eindeutig schlechter als früher, sagt Tony und schiebt mich zur Tür, wie alt bist du jetzt eigentlich? Siebzehn, sage ich. Er lacht, ab siebzehn geht es bergab, da verliert sich das absolute Gehör. Wir fangen an zu boxen. Ich haue mit Fäusten auf ihn ein, Tony lacht weiter, als würde ich ihn kitzeln, während ununterbrochen das Telefon klingelt.
    Plötzlich steht Walter in der Tür. Schluss, ruft Walter, wir wollen jetzt essen, sag diesem Grushenko, dass er nicht immer zur Essenszeit anrufen soll. Aber ich muss mit ihm sprechen, rufe ich, er hat meinen Puck und meinen Adventskranz. Dein Puck interessiert mich nicht, sagt Walter, dreht sich um und geht. Von irgendwoher die Stimme von Phyllis: Deinen Leuchtpuck sieht doch ein Blinder.
    Das Telefon verstummt. Ich laufe zurück in die Küche, keiner da, auf dem Tisch die Reste der Hochzeitstorte. Daneben ein Zettel: ›Kann nicht kommen. Patentkonferenz. Maria hat angerufen. Bitte Briefmarken schicken, damit sie dir zurückschreiben kann. Die mit dem Schiffsmotiv‹. Ich beginne, die Schubladen zu durchwühlen, stoße dabei auf einen Puck (den für die Blinden), halte ihn, schüttelnd, gegen mein Ohr, höre Glöckchen, Briefmarken finde ich allerdings nicht. Irgendwo bellt ein Hund. Ich suche fieberhaft weiter.
    Plötzlich steht hinter mir die schöne Helena. Du bist ja schlimmer als dein Vater, dieser Spion, ruft Helena, wühlst sogar bei Tageslicht in fremden Sachen. Was soll aus dir werden? Sie schiebt mich zur Seite, zieht einen Schlüssel aus der Schürze, öffnet eine zweite Schublade, holt zwei Bögen mit Briefmarken heraus. Die sind eigentlich für Dick Floater, sagt Helena, aber der schreibt ja keine Briefe mehr, also kannst du sie haben. Aber ich will sie nicht, stampfe stattdessen fest mit dem Fuß auf und rufe so laut, dass sie warnend den Finger an die Lippen hält: Ich will keine Marken, ich will das Klavier. Im Gegentausch biete ich ihr eine Zigarette an. Helena lacht, hält plötzlich zwei Pässe in der Hand, öffnet den einen, blättert darin, hält die einzelnen Seiten gegen das Licht. Haben wir diese Kinder wirklich? Weißt du überhaupt, wer du bist?
    Ich stelle zu meinem Entsetzen fest, dass ich nicht weiß, wer ich bin. In meiner Verzweiflung springe ich nach den beiden Pässen, die Helena, die größer als ich ist, über meinem Kopf hin- und herschwenkt, ich bin der Hund und der Pass die Wurst, wobei sie laut lachend CHASE THAT ruft. Ich beginne zu weinen. Du musst doch nicht weinen, sagt Helena, das sind doch gar nicht deine Pässe, das sind doch bloß die von Madame und Monsieur Paganel.
    Auftritt Madame und Monsieur Paganel, er mit einem karierten Rucksack, sie in einem karierten Overall. Der Rucksack ist voller Briefe, mal sehen, sagt Monsieur Paganel fröhlich, ob für Felicitas heute was dabei ist. Er stülpt den Rucksack um, der ganze Boden bedeckt mit Briefen, Unmengen von Briefen, die alle an mich adressiert sind, alle aus Hameln. Ich beginne wahllos die Briefe aufzureißen. Keiner länger als eine Seite, auf jeder Seite derselbe Satz, keine Unterschrift, nur ein Buchstabe: L.
    Ich fege die Briefe mit den Füßen zusammen, stopfe sie zurück in den Rucksack, richte mich auf. Hinter mir steht Martha (Knit/fh). Würdest du mir deinen Mantel verkaufen, fragt Martha, den mit dem Reißverschlussschild, es ist ziemlich kalt hier oben geworden, ich könnte ihn wirklich gut gebrauchen. Ich habe den Mantel zufällig dabei und schließe das Geschäft sofort ab, kassiere im Gegenzug Notenpapier und eine Stimmgabel. Martha ist überglücklich und erzählt mir, während sie den Mantel in einem kleinen Koffer verstaut,

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