Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hoppe

Hoppe

Titel: Hoppe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felicitas Hoppe
Vom Netzwerk:
ersten erbarmungslos kommentiert und konterkariert: »Könnte nicht alles ganz anders sein?«
    Es kommt nicht von ungefähr, dass die spätere Autorin nur scheinbar im Scherz und mit jener für sie so typischen Überheblichkeit immer wieder behauptet hat, sie selbst sei ihre »beste und schärfste Kritikerin«, niemand könne »so gute Verrisse« über Hoppe schreiben wie Hoppe. Es sind jene bereits weiter oben von Tracy Norman erwähnten Scheinangriffe, gegen die Hoppe sich jederzeit verteidigt, obwohl sie (noch) gar nicht stattgefunden haben, ein quälender Zustand andauernder Wachheit, der keine Ruhe kennt, weshalb es nicht überrascht, dass eines der Lieblingsthemen Hoppes jene »große Stille« ist, die niemals eintreten kann.
    Ein Charakterzug mit weitreichenden Folgen. Die »Spätzünderin« Hoppe, als die die Autorin sich immer wieder selbst bezeichnet hat, ist selbstverständlich keine Spätzünderin, sondern, wie schon allein ihr überbordendes improvisatorisches Talent beweist, eine Schnellzünderin, die einzig deshalb für alles »so endlos lange« braucht, weil sie, was immer sie zwischen die Finger, vor die Augen oder in den Kopf bekommt, so lange dreht und wendet, dass die Vorwärtsbewegung sich erheblich verlangsamt, gelegentlich sogar wie Stillstand anmutet. Von Stillstand kann allerdings keine Rede sein, vielmehr handelt es sich um einen Zustand gesteigerter Geschwindigkeit, einem sich rasant drehenden Kreisel gleich, dessen Bewegung wir gar nicht mehr wahrnehmen können, weshalb er uns regungslos erscheint. Ein Bild, in das Hoppe sicher nicht zufällig verliebt war: »Wo faktische Bewegung und optischer Stillstand in eins fallen«, schreibt sie in ihrem Aufsatz
Der Kreisel
( 2011 ), ist das Ziel erreicht, erst dann herrscht reinste und schönste Geistesgegenwart, und wir sind kurzfristig ewig.«
    Ist dieses Prinzip erst einmal begriffen, lesen sich Hoppes Texte anders und neu. Die rhetorische Gegenbewegung, von der sie getragen werden, jener immer wiederkehrende Gestus des Abbiegens, Entwischens, Verschwindens und Abbremsens, ist weit mehr als ein Spiel und mehr als die Freude an »übertrieben schrägen Paradoxa« (Strat). Er erscheint, weit ernsthafter, als die einzige Möglichkeit der Wahrheitsfindung und der Erkenntnis der Realität und hat nichts mit dem immer wieder auftauchenden Vorwurf zu tun, die Autorin drehe sich »fröhlich im Kreis« (Rost) und habe »an nichts mehr Freude als daran, ihre Leser zu verwirren«.
    Es ist also kein Wunder, dass aus Felicitas, all ihrer Tüchtigkeit, all ihren Begabungen und ihrer bemerkenswerten Konstitution zum Trotz »entschieden nichts werden kann«, schreibt viele Jahre später und nach wie vor mit einem Unterton großer Zuneigung und tiefen Bedauerns zugleich, Quentin Blyton in
Growing up in Adelaide
. »Für eine Geschäftsfrau ist sie schlicht und einfach zu wenig ins Geld und zu sehr in ihre Ideen verliebt, für eine Wissenschaftlerin ist sie zu maßlos und grenzenlos, für eine Ehefrau zu ehrlich und zu wenig fürsorglich, für eine Geliebte zu aufrichtig und zu wenig leichtfertig, für Freundschaften eindeutig zu wenig parteiisch. Bleibt nur die Künstlerin. Aber für eine Künstlerin ist sie, bei allem Talent und aller Ausdauer, allzu sehr, nämlich bis zur peinlichen Selbstzerstörung, in ihre eigenen Zweifel verliebt, woraus weder ein Werk noch jemals ein persönliches Glück wachsen kann.«
     
    »Ich bin nicht glücklich und habe nicht die Absicht, es zu werden«, schreibt Hoppe in ihrer Geschichte
Leben und Werk
(
Picknick der Friseure
). Ein Text, in dem es gleichfalls um Tüchtigkeit, Ausdauer und Pflichterfüllung geht, die allesamt keinen Raum lassen für jene »schlecht rasierten Liebhaber«, die ihr im selben Text abends vor einem nicht näher bestimmten Museum auflauern und darauf warten, dass sie sich ihnen, spätestens nach Feierabend, in die Arme wirft. Hoppe hatte erwiesenermaßen, bei aller Hingabe an die Sache, um welche Sache auch immer es ging, insgesamt wenig Talent dafür, sich irgendjemandem in die Arme zu werfen. Dafür verfügte sie, im Gegenzug, über das große Talent der Anverwandlung. In der Regel wusste sie, mit wem sie es zu tun hatte, und versuchte, ihrem Gerechtigkeitssinn folgend, ihrem Gegenüber jederzeit Genüge zu tun, was ihr vermutlich nicht immer leichtfiel, vor allem dann nicht, wenn sich die Wünsche des jeweiligen Gegenübers nicht mit den eigenen in Einklang bringen ließen, was meistens der Fall

Weitere Kostenlose Bücher