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Hoppe

Hoppe

Titel: Hoppe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felicitas Hoppe
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Sommerverbrecher
entgegen, deren »Tüchtigkeit keine Jahreszeiten kannte«. Sie hatte nämlich das überaus seltene Talent, ihr klares Bewusstsein vom falschen Leben wenigstens kurzfristig immer wieder mit den Notwendigkeiten des praktischen Lebens in Einklang zu bringen, was sie nicht selten größte Anstrengung gekostet haben dürfte, war sie doch ihrer Umwelt gegenüber dabei auf zahlreiche Täuschungsmanöver angewiesen, die kaschieren sollten, wie wenig sie sich in diesem Alltag zu Hause fühlte.
    An fast jeder Stelle ihres Werkes wird deutlich, wie wenig Hoppe das Konzept des Alltags insgesamt mochte, wie sehr ihr Routinen und Wiederholungen verhasst waren. Und trotzdem dürfte ihr gerade die Bewältigung jenes Alltags und jener Routinen, mit Hilfe welcher Täuschungsmanöver auch immer, eine gewisse Lust und Befriedigung verschafft haben. Sie war nämlich, nicht nur was ihre physische Erscheinung betraf, weit weniger luftig, als sie vorgab zu sein, auf verblüffende Weise praktisch und bodenständig, in anderen Worten höchst alltagstauglich und hatte, was nicht zuletzt ihrem Hang zu andauernden Provokationen geschuldet sein mag, jenseits aller Traumtänzerei, gelegentlich einen starken Hang zur Vereinfachung, was nicht selten mit einer starken Neigung zur Selbstverleugnung einherging.
    Auf der unermüdlichen Suche nach der ultimativen Geschäftsidee dürfte Hoppe jedenfalls nicht nur in Chittenango mehr als einmal die Ärmel hochgekrempelt haben. Schon auf dem Hahndorfer Schützenfest war sie bekannt dafür, dass sie nicht nur »für drei schaffte« (so der Besitzer von
Otto’s
), sondern auch ganze Nächte durcharbeiten konnte, mit weniger als fünf Stunden Schlaf auskam und am nächsten Morgen trotzdem »wie frisch gebügelt« (Otto) wieder zur Arbeit antrat. »Eine Art Napoleonsyndrom«, wie Viktor Seppelt es nennt, der sich außerdem daran erinnert, dass Felicitas »manchmal auf geradezu unangenehme Weise pünktlich und zuverlässig war. Unangenehm vor allem deshalb, weil sie damit alle anderen beschämte, die weniger pünktlich und zuverlässig waren. Bei aller Großzügigkeit ging von ihr, aus einem merkwürdig moralischen Überschuss heraus, eine sozusagen passive Strenge aus, deren sie sich selbst nicht bewusst war.
    Ich kann mich jedenfalls nicht daran erinnern, dass sie sich auch nur ein einziges Mal darüber beschwert hätte, wenn jemand, bei den Proben beispielsweise, zu spät kam. Sie war unmenschlich geduldig, auf schreckliche Weise nachsichtig und entgegenkommend, Diplomatie ist gar kein Ausdruck dafür. Eine Eigenschaft, die paradoxerweise genau das Gegenteil von dem bewirkte, was sie bewirken sollte – man hatte bloß ein doppelt schlechtes Gewissen, erstens, weil ihre Überpünktlichkeit den Tatbestand der eigenen Verspätung unangenehm vergrößerte, und zweitens, weil sie sich niemals beschwerte. In anderen Worten: Sie ging immer mit gutem Beispiel voran, wobei die Betonung auf voran liegt, sie ging voran, wir anderen rannten hinterher, was nicht nur jede Form tröstlicher Kumpanei vollkommen unmöglich machte, sondern auch jede Form von Auseinandersetzung verhinderte. Es war so gut wie unmöglich, sich mit ihr zu streiten, sie hasste Streit und Konflikte und zog es jederzeit vor, auszuweichen. Alles machte sie mit sich selber aus.«
    Viktors Ausführungen erinnern uns an das bereits von Bamie Boots beobachtete Phänomen vom unfreiwilligen Spielverderbertum, durch das Hoppe sich bereits auf dem Eis auszeichnete. Versuchen wir, die verschiedenen Aussagen wie Einzelteile zu einem Großen und Ganzen zusammenzusetzen, ergibt sich, bei aller scheinbaren Kompliziertheit, ein klares Bild, das eine Person zeigt, die nur auf den ersten Blick mit allem gesegnet ist, was eine erfolgreiche Laufbahn ermöglichen könnte. In Wahrheit nämlich trifft jedes einzelne Hoppetalent auf ein so quälendes wie kontraproduktives Gegentalent, eine seltsame körper- oder geisteseigene Gegenbewegung, nie gegen andere, sondern immer gegen sich selbst gerichtet, was dazu führt, dass Hoppe sich in allem, was sie tut, gleichzeitig ausbremst und den Wind aus den eigenen Segeln nimmt, als erschrecke sie vor ihren eigenen Möglichkeiten. So kommt es, dass sie sich permanent, selbst auf einer noch so geraden Strecke, wie auf einem Hindernisrennen gebärdet, dessen Hindernisse ihr niemand als sie selbst in den Weg gestellt hat. So wie jeder einmal gedachte Gedanke durch einen zweiten flankiert werden muss, der den

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