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Hoppe

Hoppe

Titel: Hoppe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felicitas Hoppe
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andere und neue Weise erkennen, wer wir wirklich sind, weil sie sich nicht mit ihrer Liebe den Blick verstellen oder weil sie uns auf eine Weise lieben, die längst andere, neue Namen erfordert, oder weil sie besser als andere wissen, wer wir wirklich sind und schon auf den ersten Blick erkennen, dass ich mehr Fly als Felicitas bin, mehr Sawchy als Fly, mehr Wicketoo als Sawchy und mehr Fleur als Wicketoo, und überhaupt mehr als alle Namen der Welt zusammen.«
     
    »Sie war tatsächlich«, erzählt Viktor, »in Namen verliebt und taufte ungefragt alles, was keinen Namen hatte. Spitznamen waren ihre Spezialität, wobei sie ziemlich treffsicher war, hätte sie zeichnen können, sie wäre eine großartige Karikaturistin gewesen. Stieß sie auf Namen, die ihr nicht passten, taufte sie einfach um und neu, ganz nach Belieben, eine übermütige Schöpferlaune, der sie sich zügellos hingab. Einer muss es ja tun, sagte sie, einer muss sich ja schließlich die Mühe machen, die Menschen und ihre Namen zur Deckung zu bringen, weil die meisten Leute, sagte sie, bei Regen nun mal andere Namen tragen als bei Sonne, so wie du dienstags nicht ungestraft mit demselben Namen aus dem Haus gehen kannst wie sonntags, das versteht sich von selbst, genauso wenig, wie du im Mai als der herumlaufen kannst, der du noch im Januar glaubtest zu sein, das wäre, unter uns, doch komisch. Manchmal hielt sie unvermutet einen ganzen Strauß von Namen in die Luft: Zieh dir einen!, rief sie und war förmlich betrübt, dass ich nicht zog, weil ich ihrem Spielplan nicht folgen konnte, nicht weil ich nicht wollte, sondern weil sie einfach zu schnell war, zu beweglich, weil sie andauernd so mühelos zwischen den Welten hin- und hersprang, als gäbe es in Wirklichkeit nur eine einzige Welt, in der es auf nichts anderes ankäme, als Tage in Träume zu verwandeln und das Tagwerk in einen Tagtraum.
    Und doch war das Ganze weit mehr als ein Spiel, weil es von einem eigentümlichen Ernst unterlegt war, jenem typischen Hoppeernst, der ihr ganzes Wesen auf unheimliche Weise grundierte und sie ihr Leben lang davon abhielt, sich, welches Spiel auch immer sie spielte, einfach unbeschwert zu vergnügen. Denn einmal, sagte sie, auch wenn keiner von uns weiß, wann, wird auch dieses Spiel ausgespielt sein, weil unvermutet jemand vorbeikommen wird, der dich bei deinem richtigen Namen nennt, den ich auch nicht kenne. Denn auf welchen Namen wir wirklich getauft sind, wer kann das schon wissen. Diesem und keinem anderen Ruf wirst du folgen, denn diesen Ruf vernimmt jeder, auch wer kein absolutes Gehör hat, weil dieser Ruf auf das reine A gestimmt ist, weshalb du sofort wissen wirst, dass du gemeint bist, nur du und sonst niemand, für immer und ewig. Aber das kann noch dauern, denn die meiste Zeit unseres Lebens, sagte sie, verbringen wir erstaunlicherweise damit, unter falschen Namen und Pässen zu reisen.
    Aber da war nicht nur dieses Spiel mit den Namen. Da waren noch tausend andere Spiele, tausend Geheim- und Zeichensprachen, lauter heimliche Hinweise, lauter Zettel mit kleinen unentzifferbaren Botschaften, Felicitas’ seltsame Art, überall, wo auch immer sie war und wo immer sie hinging, winzige Spuren zu hinterlassen. Überall legte sie diese Spuren aus, obwohl man nie genau wusste, ob es absichtlich oder unabsichtlich geschah, was vermutlich Teil des ganzen Systems war, auch wenn sie nicht müde wurde zu behaupten, es gäbe kein System, nichts sei ihr fremder als Systeme. So wie es auch keinen Schlüssel zur Welt gibt, sagte sie, weil die Türen zur Welt jederzeit offen stehen, nur dass das komischerweise keiner merkt. Alle sind andauernd auf der Suche nach einem Schlüssel, den sie selbst in der Hand haben, wie jemand, der eine Brille sucht, die er längst auf der Nase hat. Hätten wir das begriffen, wäre alles ganz leicht, weil wir dann auch begriffen hätten, dass wir es sind und sonst niemand, die bestimmen, ob Sonntag ist oder Donnerstag, ob die Sonne untergeht oder aufgeht und neben wem wir aufwachen wollen, wenn die Reise zu Ende ist.«
    Aber sosehr Hoppe sich auch bemüht, sich in Leben wie Werk immer wieder als Spielerin außerhalb aller Ordnungen und als ständige Umwandlerin des Lebens in einen neuen Entwurf zu präsentieren, und damit den Versuch unternimmt, als eine vom wirklichen Leben abgetrennte und isolierte Erscheinung auf die Bühne zu treten, so deutlich tritt sie uns zugleich in dem von ihr selbst stilisierten Bild jener Mutter aus
Die

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