Hornblower 02 - Leutnant Hornblower
natürlich keine Entschuldigung, war es um so weniger, wenn man sich das Beispiel des jungen Wellard vor Augen hielt, der gewissenhaft an Hornblowers Seite geblieben war und unverdrossen seinen Pflichten nachkam.
»Machen Sie jetzt schleunigst das Signal an das Schiff klar«, sagte Bush. »Vor fünf Minuten mußten Sie das schon fertig haben! Die drei Schuß klar! Wer hat eigentlich die Flagge?
Suchen Sie den Mann, und stecken Sie unsere Flagge über der spanischen an. Los jetzt, sonst mache ich Ihnen Beine!«
Gesiegt zu haben war ein köstliches Gefühl, aber dieses Gefühl hatte auf Bushs Stimmung keinerlei Einfluß mehr, nachdem die Reaktion auf die Erregung des Gefechts einmal eingesetzt hatte. Er hatte nicht geschlafen und nicht gefrühstückt, und obwohl seit der Einnahme des Forts höchstens zehn Minuten vergangen waren, lagen ihm eben diese zehn Minuten schon jetzt wie eine Zentnerlast auf dem Gewissen.
Was hätte man in dieser Zeit nicht alles tun sollen? Da war es eine richtige Erholung, sich einmal von der Betrachtung der eigenen Unvollkommenheiten loszureißen und mit Whiting über die Bewachung der Gefangenen zu konferieren. Sie waren jetzt alle aus den Unterkünften herausgeschafft, es handelte sich um hundert halbnackte Männer und mindestens zwei Dutzend Frauen mit lang herabhängenden losen Haaren, die mit ein paar dürftigen Fetzen mühsam ihre Blöße bedeckten. In eine friedlicheren Augenblick hätte Bush wohl ein Auge auf diese weiblichen Wesen geworfen, aber so wie die Dinge lagen, machte ihn der Gedanke an diese zusätzliche Belastung nur nervös, und darum nahm er auch nur sozusagen statistisch von ihnen Notiz.
Unter den Männern fand sich ein kleiner Einschuß von Negern und Mulatten, weitaus die meisten waren jedoch richtige Spanier. Fast alle Toten, die hier und dort herumlagen, trugen weiße Uniformen mit blauen Aufschlägen - das waren die Posten und die Hauptwache, die die Strafe für ihre mangelnde Wachsamkeit getroffen hatte.
»Wer hatte hier eigentlich das Kommando?« wollte Bush von Whiting wissen.
»Das weiß ich nicht, Sir.«
»Fragen Sie doch einmal bei den Leuten herum.«
Bush sprach nur seine englische Muttersprache, und bei Whiting stand es, nach seinem unglücklichen Gesicht zu urteilen, nicht viel anders.
»Bitte Sie etwas fragen zu dürfen, Sir...« Das war der Sanitätsmaat Pierce, der verzweifelt versuchte, sich bei Bush Gehör zu verschaffen. »Kann ich eine Gruppe Krankenträger haben? Die Verwundeten müssen in den Schatten gebracht werden.«
Ehe Bush ihm antworten konnte, rief Abbott von den Geschützständen her:
»Die Geschütze sind klar, Sir. Kann ich die Pulverladungen aus dem Magazin holen?«
Wieder fand Bush keine Zeit, ihm das zu erlauben, denn schon erschien der junge Wellard auf dem Plan und suchte Pierce gleich mit dem Ellbogen wegzudrängen, um ja sofort Bushs Aufmerksamkeit zu erregen.
»Bitte, Sir, bitte, Sir! Mr. Hornblower läßt gehorsamst fragen ob Sie einen Augenblick auf den Turm kommen könnten. Mr. Hornblower meint, es sei dringend, Sir.«
10. Kapitel
Bush war von Herzen froh, daß er einen Grund hatte, den lästigen Fragern den Rücken zu kehren und zu Hornblower auf den kleinen Wachtturm zu steigen, der die Südwest-Bastion krönte. Über ihren Köpfen wehte die englische über der spanischen Flagge. Diese beiden Flaggen und die drei verabredeten Schüsse hatten die Renown inzwischen wohl davon unterrichtet daß das Fort gefallen war.
Aber die Aufmerksamkeit der beiden Offiziere galt jetzt nicht der Renown, sondern vier kleinen Schiffen, die in der Tiefe der Bucht, vor der Stadt Samana vor Anker lagen. Das waren offenbar jene Kaperschiffe, die die Mona-Passage unsicher machten und in den Pausen zwischen ihren Unternehmungen hier friedlich liegen konnten, weil sie sich im Schutz der Küstenbatterien sicher fühlen durften. Jetzt hatten sie wahrscheinlich längst entdeckt, daß es mit dieser Sicherheit vorbei war.
»Sie wissen natürlich, daß wir dieses Fort in Händen haben«, sagte Hornblower zu Bush. »Sie werden also leicht erraten können, daß ihnen die Renown bald unangenehm nahe auf den Pelz rücken wird. Aber was macht ihnen das am Ende. Sie haben ihre langen Riemen, sie können ihre Schiffe schleppen und wenn sie wollen auch warpen. Ehe wir es uns versehen, sind sie aus der Bucht verschwunden. Sind sie aber erst bei Engano Point, dann haben sie ständig guten Wind nach Martinique.«
»Es wird das beste sein, wenn wir
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