Hornblower 02 - Leutnant Hornblower
breiten Grinsen: »Und außerdem habe ich dann mehr von Ihnen.«
»Das ist es ja gerade«, sagte Hornblower. Hier ging es wieder einmal um Dinge, für die man nie die richtigen Worte fand.
Jenkins hatte Bush den Mantel gebracht und half ihm hinein.
Sein Benehmen ließ den armen Bush keinen Augenblick im Zweifel, daß ihn jeder Gentleman in den Long Rooms mit mindestens einem Shilling entlohnte, wenn er ihm in den Mantel half. Zuerst wollte sich Bush nicht darauf einlassen, eher sollte die Welt untergehen, als daß er diesem Menschen einen Shilling Trinkgeld gab. Aber dann fiel ihm etwas ein, das seinen Entschluß über den Haufen warf. Womöglich gab Hornblower Jenkins den Shilling, wenn er es nicht tat Da langte er lieber selbst in die Tasche und gab dem Diener das Geld.
»Danke, Sir«, sagte Jenkins.
Als Jenkins außer Hörweite war, wäre Bush nur zu gern mi einer Frage herausgeplatzt, aber er fand einfach nicht die richtigen Worte. Darum pirschte er sich erst einmal an das Thema heran.
»Schlimm das mit dem jungen Wellard, nicht wahr?« sagte er.
»Ja«, sagte Hornblower.
»Was ist Ihre Ansicht?« fuhr Bush mit Todesverachtung fort.
»Hatte er damals beim Absturz des Kommandanten die Hand im Spiel oder nicht?«
»Ich kann darüber keine Ansicht äußern«, antwortete Hornblower, »dazu bin ich selbst über den Vorfall viel zuwenig unterrichtet.«
»Aber...«, wollte Bush beginnen, unterbrach sich jedoch sofort, weil ihm Hornblowers Miene sagte, daß alles weitere Fragen zwecklos war.
Der Marquis hatte eben den Saal betreten und sah sich unauffällig prüfend um. Natürlich fiel ihm sofort auf, daß noch nicht alle Herren beim Spiel saßen, während Hornblower müßig an der Tür stand und sich unterhielt. Bush konnte das genau verfolgen und sah auch den mahnenden Blick, den er jetzt zu Hornblower herübersandte. Da verließen ihn plötzlich die Nerven.
»Leben Sie wohl«, sagte er hastig und wandte sich zur Tür.
19. Kapitel
Der eisige Nordost, der ihn draußen auf der Straße empfing, schien ihm nicht so grausam zu sein wie die ganze übrige Welt Als Bush klopfte, öffnete ihm eine kleine Frau mit harten Zügen. Sie sah womöglich noch härter drein, als er nach Leutnant Hornblower fragte.
»Oben unter dem Dach«, sagte sie endlich und überließ es Bush, seinen Weg zu finden.
Hornblowers Freude über das Wiedersehen war unverkennbar. Ein offenes Lächeln erhellte sein Gesicht, er zog Bush sofort ins Zimmer, während er ihm noch die Han schüttelte. Dieses »Zimmer« war eine gewöhnliche Dachkammer mit schräger Decke, es enthielt nur ein Bett, einen Nachttisch und einen Stuhl, sonst konnte Bush bei seiner ersten flüchtigen Umschau nichts, aber auch gar nichts darin entdecken.
»Wie geht es Ihnen denn?« fragte Bush und setzte sich auf den angebotenen Stuhl, während Hornblower auf dem Bettrand Platz nahm.
»Nicht übel«, erwiderte Hornblower - aber hatte er vor dieser Antwort nicht für den Bruchteil einer Sekunde schuldbewußt gezögert? Auf jeden Fall verwischte er die Wirkung seines verräterischen Zögerns durch die sofortige Gegenfrage: »Und wie steht es bei Ihnen?«
»So, so, la, la«, sagte Bush.
Eine Zeitlang sprachen sie über lauter gleichgültige Dinge, Hornblower wollte dies und jenes über das Häuschen in Chichester wissen, wo Bush bei seinen Schwestern wohnte.
»Wir müssen uns vor allem gleich um Ihr Bett kümmern«, sagte Hornblower, als ihnen für den Augenblick der Gesprächsstoff ausging. »Ich werde einmal hinuntergehen und mit Mrs. Mason sprechen.«
»Das beste ist, ich komme gleich mit«, sagte Bush.
Mrs. Mason lebte offenbar in einer harten, bösen Welt, sie ließ sich den Vorschlag sekundenlang durch den Kopf gehen, ehe sie ihn endlich annahm. »Gut, einen Shilling für das Bett.
Bei diesen Seifenpreisen kann ich das Bettzeug nicht billiger waschen.«
»Einverstanden«, sagte Bush.
Er sah, wie ihm Mrs. Mason gleich die Hand hinstreckte, und legte ihr einen Shilling hinein. Ihre Geste ließ keinen Zweifel, daß sie von Hornblowers Freunden im voraus bezahlt werden wollte. Hornblower war rasch in die Tasche gefahren, als er ihr unzweideutige Handbewegung sah, aber Bush war ihm zuvorgekommen.
»Sie reden natürlich die ganze Nacht miteinander«, sagte Mrs.
Mason. »Daß Sie mir ja meine anderen Zimmerherren nicht stören. Und machen Sie wenigstens das Licht aus, wenn Sie sich miteinander unterhalten, sonst verbrennen Sie mir ja allein für einen Shilling
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