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Hornblower 04 - Hornblower wird Kommandant

Hornblower 04 - Hornblower wird Kommandant

Titel: Hornblower 04 - Hornblower wird Kommandant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
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wahrnehmen. Er beobachtete die Stelle mit größter Sorgfalt weiter. Sie schien allmählich auszuwandern.
    »Genauer steuern!« knurrte er den Rudergänger an.
    Eine Weile zweifelte er, ob der dunkle Fleck dort wirklich existierte oder ob das Auge nur zu sehen glaubte, was ihm die Phantasie vorgaukelte - kam es doch zuweilen vor, daß sich eine ganze Schiffsbesatzung einbildete, ein bestimmtes Objekt zu erkennen, wenn nur einer dem anderen einredete, daß es vorhanden war. Nein, hier war von einer Sinnestäuschung bestimmt keine Rede, der schwarze Schatten zog unverkennbar vor dem Bug der Atropos vorbei, es sah nicht nur so aus, weil etwa das eigene Schiff durch schlechtes Steuern gegiert hätte, dazu wanderte er viel zu rasch und gleichmäßig aus. Das mußte die Castilla sein. Offenbar hatte sie um Mitternacht abgehalten und kam nun mit raumem Wind herangerauscht, um sich überraschend auf ihr Opfer zu stürzen. Hätte er am Abend nicht Segel gekürzt, dann wäre sie genau mit ihm zusammengetroffen.
    Die spanischen Ausguckposten waren augenscheinlich nicht auf der Höhe, denn sie behielt ihren Kurs auch jetzt noch unentwegt bei.
    »Drehen Sie bei, Mr. Turner«, sagte er und begab sich nach Backbord, um die Castilla weiter im Auge zu behalten, während die Atropos in den Wind drehte. Die Castilla hatte den Vorteil ihrer Luvstellung schon beinahe eingebüßt, in wenigen Minuten war er ganz verloren. Die langsam ziehenden Wolken begannen sich zu teilen, eine dünne Stelle ließ den ersten schwachen Schimmer durch, dann wurde es noch einmal dunkel, und endlich schien der Mond hell durch eine Lücke. Ja, das war ein Schiff, das war die Castilla , sie stand bereits weit in Lee.
    »An Deck! Ich sehe das Schiff deutlich, an Backbord achtern, Sir. Jetzt halst es.«
    So war es. Die Segel der Castilla leuchteten sekundenlang hell im Mondlicht, als sie herumschwang. Ihr Versuch, den Gegner zu überraschen, war mißlungen, jetzt verfolgte sie offenbar einen neuen Plan.
    »Gehen Sie mit Backbordhalsen an den Wind, Mr. Turner.«
    Bei diesem Wetter konnte die kleine Atropos mit jeder schweren Fregatte Katze und Maus spielen. Sie drehte wie befohlen an den Wind und zeigte dem Verfolger wiederum ihr Heck.
    »Topp! Welche Segel führt der Gegner?«
    »Setzt soeben die Royals, Sir. Alle Rahsegel und Royals.«
    »Pfeifen Sie: Alle Mann, Mr. Turner. Alle Segel setzen.«
    Der Wind war immer noch stark genug, um die Atropos überzulegen und wie einen Renner voranzutreiben, als sie die Untersegel und Royals gesetzt hatte. Hornblower blickte nach achtern, wo sich die Marssegel und Royals der Castilla unter dem Mond scharf gegen den Himmel abhoben. Bald schon konnte er feststellen, daß die Atropos rasch weglief. Er dachte schon daran, die Segel wieder zu kürzen, aber der Entschluß dazu wurde ihm erspart. Die Schatten der Segel rückten plötzlich zusammen.
    »An Deck!« rief es im nächsten Augenblick aus dem Topp.
    »Gegner fällt ab, Sir.«
    »Gut! Mr. Turner, bitte halsen. Nehmen Sie die Castilla recht voraus, und machen Sie die Fock wieder fest.«
    Der Terrier war dem Angriff des Stieres ausgewichen und schnappte nun wieder nach seinen Hinterbeinen. Es war nicht schwer, der Castilla für den Rest der Nacht zu folgen, man mußte nur scharfen Ausguck halten, wenn sich der Mond verhüllte, damit ihr nicht eine ähnliche List gelang wie zuvor der Atropos . Als es voraus zu dämmern begann, standen die Marssegel und Royals der Castilla tintenschwarz vor der Kimm, später schimmerten sie elfenbeinweiß in der Bläue von Himmel und See. Hornblower konnte sich gut vorstellen, daß der spanische Kommandant vor Wut außer sich geriet, wenn er den hartnäckigen Verfolger hinter sich entdeckte, der sich ungestraft so frech an seine Fersen heften durfte. Der Abstand der beiden Schiffe betrug etwa sieben Seemeilen, aber für die schweren Achtzehnpfünder der Castilla hätten es ebensogut siebzig sein können. Dazu kam als weiterer und wirksamster Schutz der unsichtbare Wind, der von der Atropos zur Castilla hinwehte und ihr vor deren Angriff Deckung bot wie jener geheimnisvolle gläserne Schild, an dem, wie es in einer italienischen Erzählung heißt, das Schwert des angreifenden Helden abglitt. Hier, sieben Meilen zu luward, war die Atropos in der Tat so unverletzlich und dabei so sichtbar wie der morgenländische Magier der Sage.
    Hornblower begann wieder seine Müdigkeit zu spüren. Er war seit Mitternacht auf den Beinen und hatte vorher noch

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