Hornblower 04 - Hornblower wird Kommandant
Hornblower von ihm verabschiedete.
Diese Operation bedurfte mindestens ebenso sorgfältiger Vorbereitung wie Abercrombies Landung in Ägypten - dabei gab es im Mittelmeer nicht einmal Gezeiten, die jede Planung so ungemein erschwerten. 38 Fahrzeuge mit ihren Besatzungen und Ruderknechten, dazu die Ehreneskorte, die offiziellen Leidtragenden und die Vertreter der Behörden und Körperschaften, das machte zusammen mindestens 1000
Offiziere und Mannschaften, die unter Hornblowers Befehl stehen sollten. Der Mut sank ihm ein wenig, als er bald darauf eine von den Staatsbarken in der Deptford Werft von den Handwerkern übernehmen konnte, die sie dort schon mit Abzeichen und Emblemen schmückten, und damit zuvörderst einmal Probefahrten machte. Das Fahrzeug war sehr groß und unglaublich schwerfällig, seine Ausmaße gaben denen einer gewöhnlichen Frachtschute nicht viel nach. Vorn im offenen Vorschiff waren sechs Paar Riemen untergebracht, die achtere Hälfte des Schiffes überwölbte ein massiv gebauter Baldachin, der einen riesigen Windfang bildete. Die Barke, die die LEICHE (nach dem Anhören von Mr. Pallenders Erklärungen war es unmöglich, dieses Wort anders als groß zu schreiben) zu tragen hatte, war überdies von vorn bis achtern mit Bündeln von Straußenfedern besteckt, die dem Wind eine Fläche boten wie das Großsegel einer Fregatte. Für diese Barke waren die kräftigsten Ruderer auszusuchen, und am besten war es, ihr irgendwo unter dem Baldachin versteckt noch eine vollständige Ablösung mit an Bord zu geben. Aber da sie den Zug anzuführen hatte und die anderen Boote den Anschluß an sie nicht verlieren durften, war es auch wieder angezeigt, hinsichtlich der Fahrt des Guten nicht zuviel zu tun. Hornblower hatte den ganzen zeitlichen Ablauf mit großer Sorgfalt vorauszubestimmen: Die Flut brachte den Zug stromauf, die Ankunft an der Whitehall-Treppe mußte genau bei Stauwasser erfolgen, damit die schwierigen Manöver dort mit einem Mindestmaß an Risiko verbunden waren, zuletzt half dann die beginnende Ebbe den Booten und Barken wieder auf dem Rückweg, bis sie sich unterwegs nach Bedarf zerstreuten.
»Liebling«, sagte Maria, als er wieder einmal bei ihr im›George‹auf dem Zimmer saß, »du hörst wohl überhaupt nicht mehr zu, wenn ich dir etwas sage.«
»Wie meintest du, Schatz?« sagte Hornblower und blickte mit abwesender Miene von dem Tisch auf, an dem er schrieb. Er war ganz von dem Problem in Anspruch genommen, wie man tausend Menschen, die den Tag über voraussichtlich nichts mehr zu essen bekamen, mit einem kräftigen Frühstück versorgen konnte.
»Ich sagte eben, daß ich heute mit der Hebamme gesprochen habe. Sie macht einen sehr netten Eindruck. Von morgen an hält sie sich für mich frei. Da sie nur ein paar Häuser von hier wohnt, braucht sie nicht hier bei uns Quartier zu nehmen, um abzuwarten, bis es soweit ist. Darüber bin ich besonders froh, du weißt ja, wie wenig Geld wir haben, Horatio.«
»Ach ja, Schatz«, sagte Hornblower. »Ist übrigens meine schwarze Kniehose schon abgeliefert worden?«
Es war gar nicht so abwegig, daß er von Marias bevorstehender Entbindung via Geld auf seine schwarze Hose zu sprechen kam, aber Maria nahm ihm seine scheinbare Herzlosigkeit übel.
»Deine Hose ist dir wohl wichtiger als dein Kind«, fragte sie, »... und als ich.«
»Aber Schatz«, entgegnete Hornblower. Er mußte die Feder aus der Hand legen und aufstehen, um sie zu trösten. »Ich habe eben allzuviel im Kopf und das grade in diesen Tagen - ich kann dir gar nicht sagen, wie schwer das für mich ist.«
Es ging wirklich mit dem Teufel zu: Die Blicke nicht nur Londons, sondern ganz Englands ruhten auf diesem Trauerzug.
Wenn es da einen Versager gab, dann wurde ihm das sein Leben lang nicht vergessen. Und hier Maria in ihrem Zustand - er mußte sie bei den Händen nehmen, um sie zu trösten.
»Und doch bist du mein ein und alles«, sagte er und blickte ihr lächelnd in die Augen. »Es gibt nichts in der Welt, was mir noch mehr am Herzen läge.«
»Ich wollte, ich wäre dessen so sicher«, sagte Maria.
Er küßte ihre Hand, die er noch in der seinen hielt. »Was kann ich denn noch sagen, um deine Zweifel zu verscheuchen?« fragte er. »Daß ich dich über alles liebe?«
»Ja, das wäre wohl schön zu wissen«, sagte Maria.
»Aber du weißt doch, daß ich dich liebe«, sagte er, und da sie ihn bis jetzt noch keines Lächelns gewürdigt hatte, fuhr er fort:
»Wenn ich dir sage:
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