Hornblower 04 - Hornblower wird Kommandant
war.
»Da, wie er lacht, weil sein Daddy wieder da ist«, rief die Wirtin, dann rückte sie zögernd mit einem Wunsch heraus, der ihr wohl fast etwas zu gewagt dünkte.
»Er muß jetzt bald zu Bett, Sir. Möchten Sie noch etwas mit ihm spielen, bis es soweit ist, Sir?«
»Gern«, sagte Hornblower.
»So, mein Kleiner«, sagte die Wirtin. »Dein Daddy spielt jetzt mit dir. Hopp, mein Schätzchen, so. Das Nebenzimmer ist frei, Sir. Emily, bring eine Kerze für Herrn Kapitän.«
Als der kleine Horatio auf dem Fußboden des Zimmers gelandet war, konnte er sich nicht gleich entscheiden, welche Fortbewegungsart einem jungen Mann im Alter von einem Jahr am besten anstand. Auf allen vieren ging es zweifellos am schnellsten und in jeder Richtung, die ihm beliebte; er hatte aber außerdem schon gelernt, sich an einem Stuhlbein emporzuziehen, bis er auf den kleinen Beinen stand, und als er das nun unternahm, verriet seine strahlende Miene, wie sehr ihn der Erfolg beglückte. Jetzt wagte er sogar, sich umzudrehen, das war sehr schwer, aber es gelang, am Ende ließ er die Händchen los und trippelte ein paar Schritte auf den Vater zu. Aber schon mußte er einen Halt einlegen und stand eine Weile schwankend auf gespreizten Beinen, ehe er ein weiteres Schrittchen wagte.
Das Ende war dann immer, daß er mit einem Bums auf dem Boden landete. Und die Silbe, die er dabei jedesmal ausstieß?
Sie klang wie »Da«, sollte das etwa gar Daddy bedeuten? Sein kleiner Junge trippelte mit den ersten Schritten ihm, dem Vater, entgegen. Da war es wieder, dieses schwebende, allzu flüchtige Glücksgefühl.
»Komm zu Daddy«, sagte Hornblower und streckte seinem Kleinen die Hände entgegen.
Da wandelte sich dessen fröhliches Gelächter plötzlich zu einem spitzbübischen Grinsen, Horatio junior fiel auf alle viere und galoppierte auf Händen und Knien blitzschnell durchs Zimmer. Als ihn der Vater mit raschen Schritten einholte, aufnahm und hoch in die Luft schwang, jauchzte er in einem wahren Freudentaumel auf. Nach dem Jubel zu urteilen, den er damit weckte, mußte das ein wunderbares Vergnügen sein.
Die Wirtin klopfte und trat ein.
»Auch Männer spielen gern einmal«, sagte sie, und Hornblower hätte sich beinahe ein bißchen geschämt, daß er sich mit seinem Jungen so gut unterhalten hatte.
»Wo habe ich nur meinen Kopf, Sir«, fuhr die Wirtin fort.
»Da habe ich doch rein vergessen, Sie zu fragen, ob Sie kein Abendbrot wünschen.«
»Abendbrot?« sagte Hornblower. Seine letzte Mahlzeit war der Imbiß in der Painted Hall in Greenwich gewesen.
»Vielleicht Eier mit Schinken?« fragte die Wirtin. »Oder lieber ein Stückchen kalten Braten?«
»Beides, wenn ich bitten darf.«
»Ehe eine Ente dreimal mit dem Schwanz wackelt, sind Sie bedient«, sagte die Wirtin. »Vielleicht können Sie den Kleinen noch so lange beschäftigen, bis ich damit fertig bin.«
»Aber ich sollte mich eigentlich wieder nach meiner Frau umsehen.«
»Die wird es auch noch zehn Minuten ohne Sie aushalten können«, meinte die Wirtin resolut.
Die Eier mit Schinken dufteten köstlich, als sie aufgetragen wurden, und Hornblower konnte sich mit bestem Appetit zu Tisch setzen, während Emily den kleinen Horatio zu Bett brachte. Und auf die Eier folgten dann der kalte Braten mit eingemachten Zwiebeln und dazu ein Fläschchen Bier - sich einmal richtig toll und voll zu essen, auch das gehörte zu den einfachen Genüssen, die das Leben bot; das Bewußtsein, des Guten zuviel zu tun, gab dem Exzeß für ihn noch eine besondere Würze, da er sonst fast immer ausgesprochen mäßig war und für alle Völlerei nur verächtliches Kopfschütteln übrig hatte. Seine heutige Aufgabe war glücklich gelöst, und über das Morgen regte er sich einstweilen noch nicht auf, obwohl er mit leisem Schaudern daran dachte, daß ihm schon übermorgen die Teilnahme am königlichen Lever bevorstand. Vor allem hatte Maria ihre schwere Zeit gut hinter sich gebracht, und er besaß nun eine kleine Tochter, die seinem über alles geliebten Sohn sicherlich in nichts nachstand. Als er in seinen Gedanken so weit gediehen war, mußte er dreimal hintereinander heftig niesen.
6. Kapitel
»Whitehall-Treppe!« befahl Hornblower, als er am Deptford Hard seine Gig bestieg. Es war angenehm, die Gig zur Verfügung zu haben, sie war erstens schneller als alle Mietboote, und zweitens fuhr er damit umsonst.
»Absetzen!« kommandierte der Bootssteurer.
Natürlich mußte es regnen. Der Westwind hatte
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