Hornblower 06 - An Spaniens Küsten
ersten Schuß sein Ziel traf.
Über der Nehrung, die das Meer von der Lagune trennte, stand eine mächtige Rauchsäule. Das gute Schiff war rettungslos verloren, aber Krieg und Vernichtung waren einander ergänzende Begriffe. Die Tat brachte den Eigentümern Kummer und Armut. Gleichzeitig aber bedeutete sie, daß die Einwohner des feindlichen Landes, das während einer achtzehnjährigen Kriegsdauer, abgesehen von den Aushebungen Bonapartes, kaum in Mitleidenschaft gezogen worden war, die Länge des Armes Großbritanniens kennenlernen. Und mehr als das: die für die Sicherung dieses Teiles der Verbindungslinie Marseille-Spanien verantwortlichen Behörden wurden genötigt, Truppen und Geschütze zur Verhinderung weiterer Überfälle bereitzustellen. Dadurch aber mußten sie die für eine zweihundert Meilen lange Küste verfügbaren Streitkräfte noch weiter auseinanderziehen. Ein derartig geschwächter Küstenschutz konnte an bestimmten Stellen durch schlagartige Aktionen durchbrochen werden. Hierzu eignete sich insbesondere ein Linienschiffsgeschwader, das nach Belieben kommen und verschwinden konnte. Eine sachgemäße Führung konnte auf solche Weise die gesamte Küste von Barcelona bis Marseille in dauerndem Alarmzustand halten. Derlei aber mußte in hervorragender Weise dazu beitragen, die Kräfte des korsischen Giganten zu zermürben. Ein vom Wetter begünstigtes Schiff konnte sich viel schneller bewegen als eine marschierende Truppe, ja als ein gutberittener Meldereiter.
Hornblower hatte einen Stoß gegen das französische Zentrum und gegen den linken Flügel geführt. Auf dem Rückweg zum Rendezvous mußte er nun auch noch den rechten Flügel treffen.
Während sich das Boot bereits der Sutherland näherte, erfüllte ihn der Wunsch nach neuer Tätigkeit mit Unruhe.
Deutlich hallte Gerards Stimme über das Wasser: »Ja, was denn... zum Teufel...?« Offenbar hatte Gerard gerade die Nacktheit der im Boot befindlichen Männer erkannt. Die Pfeifen trillerten, um die Wache zum Empfang des Kommandanten zu rufen. Nackt und bloß mußte Hornblower vor den Augen der salutierenden Offiziere die Fallreepspforte durchschreiten, derweil die angetretenen Seesoldaten das Gewehr präsentierten.
Er war indessen zu sehr mit seinen Gedanken beschäftigt, um auf die Wahrung seiner Würde bedacht zu sein. So betrat er das Oberdeck. Der Säbel hing an seiner nackten Hüfte. Der Auftritt ließ sich nun einmal nicht vermeiden, und eine zwanzigjährige Marinedienstzeit hatte Hornblower gelehrt, sich klaglos in das Unabänderliche zu fügen. Die Gesichter der Schiffsjungen und Soldaten waren im Bemühen, nicht zu grinsen, zu Masken erstarrt; er achtete nicht darauf. Jene jenseits der Nehrung stehende Rauchsäule kennzeichnete einen Erfolg, auf den jeder hätte stolz sein können. Hornblower verblieb an Deck, bis er Bush die nötigen Befehle erteilt hatte, deren Ausführung die Sutherland auf südlichen Kurs bringen und neuen Abenteuern entgegenführen sollte. Der Wind war seinem Vorhaben günstig, und Hornblower war nicht der Mann, der bei günstig wehendem Wind auch nur eine Minute zu verlieren pflegte.
13. Kapitel
Auf ihrer Fahrt nach Südwesten hatte die Sutherland nichts von der Caligula zu sehen bekommen. Allerdings war es Hornblower auch durchaus nicht um eine Begegnung zu tun gewesen, zumal die Möglichkeit bestand, daß auch die Pluto am vereinbarten Treffpunkt erschienen war. Die Befehle des Geschwaderchefs aber würden jene des Kapitäns z. S. Bolton aufgehoben und die Hornblower zugestandene Frist verkürzt haben. So hatte die Sutherland während der dunkelsten Nachtstunden die Höhe der Palamos-Spitze passiert, und als es zu tagen begann, stand sie bereits weit im Südwesten, indessen an Steuerbord voraus das Bergland Kataloniens einem blauen Streifen gleich über der Kimm erschien.
Schon seit der frühen Dämmerung weilte Hornblower an Deck, eine volle Stunde, bevor das Land gesichtet wurde.
Seinem Befehl entsprechend ging das Schiff über Stag, um dicht beim Winde liegend abermals nach Nordosten zu segeln. Dabei hielt man etwas mehr auf Land zu, bis die Einzelheiten des hügeligen Geländes deutlich in Erscheinung traten. Inmitten einer Gruppe von Offizieren stand Bush auf der Leeseite der Kampanje. Auf und nieder schreitend, spürte Hornblower sehr wohl die auf ihn gerichteten Blicke, doch gab er sich große Mühe, sie nicht zu beachten. Immer wieder spähte er durch das Fernrohr zur Küste hinüber. Er wußte, daß
Weitere Kostenlose Bücher