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Hornblower 07 - Unter wehender Flagge

Hornblower 07 - Unter wehender Flagge

Titel: Hornblower 07 - Unter wehender Flagge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
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getreulich gedient und sich während dieser Zeit bei Tisch keiner anderen Werkzeuge als seines Takelmessers und seiner Finger bedient. Nie hatte er von Porzellan gegessen und niemals aus einem Weinglas getrunken. Er empfand geradezu Alpdrücken, als er die Augen seiner Offiziere auf sich gerichtet sah. Nervös griff er zum Löffel und machte sich an die ungewohnte Aufgabe. Hornblower erkannte plötzlich die Verlegenheit seines Bootsmannes. Oft hatte er ihn seiner Muskeln und Sehnen wegen beneidet. Auch besaß er im Kampf eine unerschütterliche Ruhe, die Hornblower nie zu erreichen hoffte. Im Splissen und Knoten, im Bedienen der Segel, im Loten und im Pullen war er seinem Kommandanten weit überlegen. In einer heulenden Sturmnacht enterte er mit der größten Selbstverständlichkeit auf, aber der Anblick von Messer und Gabel ließ seine Hände erzittern.
    Hornblower aber wusste wie kaum ein anderer, daß die Demütigung keinem Mann gutgut. Unauffällig rückte er daher einen Stuhl zu Bushs Bahre und ließ sich darauf nieder, wobei er dem Tisch fast den Rücken kehrte. Dann begann er möglichst lebhaft mit seinem Ersten Offizier zu plaudern, indessen hinter ihm das Geschirr klapperte.
    »Möchten Sie nicht lieber ins Bett gelegt werden?« fragte er, weil ihm gerade nichts anderes einfiel.
    »Nein, danke, Sir«, lehnte Bush ab. »Seit vierzehn Tagen schlafe ich nun schon auf der Tragbahre und habe mich recht gut daran gewöhnt. Die Bewegung täte mir bloß weh, Sir, selbst wenn... wenn...«
    Ihm fehlten die Worte, um seiner Entschlossenheit Ausdruck zu geben, unter gar keinen Umständen in dem einzigen vorhandenen Bett zu schlafen.
    »Warum reisen wir eigentlich nach Paris?« erkundigte er sich.
    »Das wissen die Götter«, erwiderte Hornblower, »aber ich habe so eine Ahnung, als interessiere sich Boney ganz persönlich für uns.«
    Diese Antwort hielt Hornblower schon seit Stunden bereit, denn daß die Frage kommen musste, war ihm längst klar. Bushs Genesung wäre es sicherlich nicht förderlich gewesen, wenn ihm das Schicksal bekannt wurde, das ihnen beiden bevorstand.
    »Womöglich trinken wir dann 'ne Tasse Tee mit Marie Louise in den Tuilerien«, höhnte Bush.
    »Mag sein. Vielleicht sollten wir ihm auch Unterricht in Seemannschaft erteilen. Wie ich hörte, ist er ein schlechter Mathematiker.«
    Die Worte riefen ein Lächeln hervor. Bush selber war anerkanntermaßen schwach auf diesem Gebiet und stand Todesängste aus, wenn er eine verhältnismäßig einfache Aufgabe aus der sphärischen Trigonometrie zu lösen hatte.
    Hornblowers scharfe Ohren hörten Browns Stuhl ein wenig scharren. Offenbar nahm das Mahl einen guten Verlauf.
    »Schenken Sie sich Wein ein, Brown«, sagte er, ohne sich umzudrehen.
    »Danke, Sir«, antwortete der Seemann vergnügt.
    Außer der angebrochenen stand noch eine ganze Flasche auf dem Tisch. Dies war eine gute Gelegenheit, festzustellen, ob Brown hinsichtlich des Alkoholgenusses zuverlässig war.
    Hornblower kehrte ihm daher nach wie vor den Rücken und setzte seine Unterhaltung mit Bush fort. Fünf Minuten später scharrten die Stuhlbeine noch hörbarer über den Boden, und nun sah Hornblower sich um.
    »Genug gehabt, Brown?«
    »Aye, aye, Sir. Ein feines Abendessen war das.«
    Die Suppenterrine und die Fleischschüssel waren leer. Das Brot war bis auf einen kleinen Rest verschwunden, und das gleiche galt vom Käse, aber die eine Weinflasche enthielt noch zwei Drittel ihres Inhalts. Demnach hatte Brown höchstens eine halbe zu sich genommen. Gerade aber die Tatsache, daß er so viel und nicht mehr getrunken hatte, war ein stichhaltigerer Beweis für seine Zuverlässigkeit, als wenn er den Wein überhaupt nicht angerührt hätte.
    »Na, dann ziehen Sie mal die Klingelschnur.«
    Dem schwachen Gebimmel folgte nach einer Weile das Klappern der Schlüssel, und abermals betrat der Sergeant mit den beiden Mägden das Zimmer. Die Mägde begannen sofort abzuräumen.
    »Ich muss noch eine Schlafgelegenheit für Sie besorgen«, meinte Hornblower.
    »Ich kann auf dem Boden schlafen, Sir.«
    »Nein, das können Sie nicht.«
    In dieser Hinsicht hatte Hornblower sehr bestimmte Ansichten. Als junger Offizier hatte er mehrmals auf den Decksplanken schlafen müssen, und er wusste, wie unbequem das war.
    »Ich brauche ein Bett für meinen Begleiter«, sagte er zu dem Sergeanten.
    »Er kann auf dem Boden schlafen.«
    »Das dulde ich nicht. Besorgen Sie ihm eine Matratze.«
    Hornblower war überrascht

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