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Hornblower 07 - Unter wehender Flagge

Hornblower 07 - Unter wehender Flagge

Titel: Hornblower 07 - Unter wehender Flagge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
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Endgültiges, Unwiderrufliches war es.
    Aber nein, das war doch nicht das Eigentliche. In erster Linie empfand er rein gefühlsmäßig Angst vor einem plötzlichen und sehr drastischen Übergang zu etwas völlig Unbekanntem. Er entsann sich der Nacht, die er als Junge im Wirtshaus von Andover verbracht hatte, als er anderen Tages in das ihm fremde Marinedasein eintreten sollte. Dieser Vergleich lag ihm noch am nächsten. Damals - er erinnerte sich jetzt deutlich daran - war er so voller Angst gewesen, daß er nicht schlafen konnte. Und dennoch war›Angst‹ein zu starkes Wort für seinen damaligen Gemütszustand Im Grunde genommen war er doch durchaus vorbereitet gewesen auf jenen einschneidenden Wechsel der Lebensweise, und daher konnte man ihm auch das plötzlich einsetzende Herzklopfen und den Schweißausbruch nicht wirklich verübeln.
    Ein stöhnendes Seufzen Bushs, das in der Stille des Zimmers unnatürlich laut klang, lenkte ihn von der Analyse der Furcht ab.
    Auch Bush würde erschossen werden. Vermutlich fesselten sie ihn an einen Pfahl, um ein gutes Ziel zu haben. Merkwürdig war es eigentlich, daß man ohne weiteres ein Kommando für die Erschießung eines aufrecht stehenden, wenn auch hilflosen Menschen zusammenstellen konnte, während sich jegliches Gefühl dagegen sträubte, einen auf einer Tragbahre Liegenden auf solche Weise hinzurichten. Übrigens würde die Erschießung Bushs ein ungeheuerliches Verbrechen darstellen, denn selbst wenn man den Kapitän für schuldig befinden wollte, so blieb dem Ersten Offizier doch nichts anderes übrig, als die ihm erteilten Befehle auszuführen. Dennoch würde Bonaparte es tun.
    Die Notwendigkeit, ganz Europa zum Kampf gegen England auf die Beine zu bringen, wurde immer brennender. Die Blockade erdrosselte das französische Imperium, wie Herkules den Anteus erwürgt hatte. Die widerwilligen Verbündeten Bonapartes - also mit Ausnahme von Portugal und Sizilien wohl sämtliche europäische Staaten - wurden immer schwieriger zu behandeln und dachten an Abfall. Auch die Franzosen selbst waren, wie Hornblower zu erraten glaubte, durchaus nicht mehr so entzückt von dieser Rute, die sie sich aufgebunden hatten. Es genügte indessen für den Korsen nicht, zu behaupten, die britische Flotte sei das verbrecherische Instrument einer treulosen Tyrannei, denn das predigte er bereits seit über einem Jahrzehnt. Es würde auch nur geringes Aufsehen erregen, wenn er britische Seeoffiziere des Verstoßes gegen die Gesetze der Kriegführung beschuldigte. Eine Gerichtsverhandlung gegen solche Offiziere, die dann auf Grund eines kriegsgerichtlichen Urteils erschossen wurden, das war die überzeugende Geste, deren er bedurfte, zumal er hoffen konnte, durch eine von Paris ausgehende Verdrehung der Tatsachen die öffentliche Meinung Frankreichs und Europas nochmals zu seinen Gunsten aufzuputschen.
    Pech, daß gerade er - Hornblower - und Bush die Opfer solcher politischer Erwägungen sein sollten. Im Verlauf der letzten Jahre war mindestens ein Dutzend englischer Kapitäne in französische Gefangenschaft gefallen, und die Hälfte von ihnen hätte Bonaparte ebenfalls unter Anklage stellen können.
    Offenbar war es also Schicksal, daß gerade Hornblower und sein Erster Offizier für diesen Akt ausersehen waren. Hornblower entsann sich, schon vor zwanzig Jahren daran geglaubt zu haben, er werde eines gewaltsamen Todes sterben. Nun stand dieses Ende also unabwendbar fest. Er hoffte, daß er als tapferer Mann sterben werde, wie ein mit wehender Flagge untergehendes Schiff, aber er misstraute seinen Nerven. Er fürchtete, daß seine Wangen bleich sein, daß seine Zähne klappern würden. Schlimmer noch: sein Herz ließ ihn vielleicht derartig im Stich, daß er ohnmächtig zusammenbrach, noch ehe der zu seiner Hinrichtung kommandierte Zug Infanterie seine Schuldigkeit getan hatte. Das aber wäre ein gefundenes Fressen für einen entsprechenden Nachruf im Moniteur Universel gewesen, eine herzerhebende Lektüre für Lady Barbara und Maria.
    Hätte er sich allein befunden im Zimmer, so würde er laut gestöhnt und sich unruhig auf seinem Lager hin und hergeworfen haben. So aber lag er starr und schweigend da.
    Wenn seine Untergebenen wach waren, so durften sie unter keinen Umständen merken, daß auch ihm der Schlaf fern blieb.
    Um seine Gedanken von der bevorstehenden Hinrichtung abzulenken, suchte sein Geist nach anderen Stoffen, und in der Tat drängten sie sich ihm in Scharen auf. Ob der

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