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Hornblower 07 - Unter wehender Flagge

Hornblower 07 - Unter wehender Flagge

Titel: Hornblower 07 - Unter wehender Flagge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
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gestatten, das Thema fallen zulassen und einige persönliche Fragen an Sie zu richten?« fragte der Hausherr. »Gewiss.«
    »Ich nehme an, daß Sie auf dem Transport nach Paris entsprungen sind.«
    »Allerdings.«
    »Wo gelang es Ihnen, zu entkommen?«
    Hornblower suchte seinem Gastgeber klarzumachen, daß es an einem Punkt am Loireufer, sechs Kilometer jenseits von Nevers, geschehen sei. Stockend fuhr er mit der Schilderung der Einzelheiten fort; wie der Oberst Caillard unschädlich gemacht wurde und wie dann im Dunkeln die wilde Fahrt den Strom hinunter vor sich ging.
    »Das dürfte wohl gegen sechs Uhr gewesen sein, wie?« meinte der Graf.
    »Ja.«
    »Jetzt ist es Mitternacht, und inzwischen haben Sie nicht weniger als zwanzig Kilometer zurückgelegt. Somit besteht nicht die geringste Aussicht dafür, daß man Sie hier sehr bald suchen wird. Das ist es, was ich wissen wollte. Sie werden heute nacht ruhig schlafen können, Herr Kapitän.«
    Hornblower erschrak fast ein wenig bei der Erkenntnis, daß er das bereits seit längerem als feststehend angenommen hatte; zum wenigsten, soweit es sich um die sofortige Wiedergefangennahme handelte. Um anderes zu empfinden, dazu war die ganze Stimmung des Hauses viel zu freundlich gewesen. Nun aber kamen ihm als Reaktion darauf allerlei Zweifel.
    »Werden... hahm... werden Sie der Polizei mitteilen, daß wir hier sind?« Es fiel ihm ungeheuer schwer, den Satz in einer fremden Sprache zu formen, ohne daß dieser beleidigend klang.
    »Im Gegenteil«, lächelte der Graf. »Wenn man mich fragt, so werde ich leugnen, daß Sie hier sind. Ich hoffe, Herr Kapitän, daß Sie sich dessen bewusst sind, unter Freunden zu weilen, und daß Sie bei uns bleiben, solange es Ihnen angenehm ist.«
    »Ich danke Ihnen, Herr Graf... ich danke Ihnen von Herzen«, stammelte Hornblower.
    »Ich darf hinzufügen«, fuhr der Franzose fort, »dass die Behörden infolge gewisser Umstände, die jetzt zu schildern zu weit führen würde, mein Zeugnis, wonach ich nichts von Ihrem Verbleib weiß, unbesehen zur Kenntnis nehmen werden; ganz abgesehen davon, daß ich als Bürgermeister dieser Gemeinde persönlich die Ehre habe, die Obrigkeit zu vertreten, obwohl ich die eigentlichen Arbeiten durch meinen Beigeordneten erledigen lasse.«
    Hornblower entging das eigentümliche Lächeln nicht, das bei der Aussprache des Wortes Ehre über die Züge des Sprechers glitt. Er versuchte eine passende Antwort zusammenzustoppeln, die der Hausherr höflich zuhörend zur Kenntnis nahm. Erst ganz allmählich kam Hornblower der erstaunliche Zufall zum Bewusstsein, der ihn dieses Haus finden ließ, in dem er willkommen war und in dem man ihm Schutz gewährte, so daß er mit Bestimmtheit annehmen konnte, vor seinen Verfolgern in Sicherheit zu sein. Der Gedanke an einen ungestörten Schlaf brachte ihn zur Einsicht, daß er ungeachtet seiner Erregung zum Umfallen müde war. Der ruhige Ausdruck des Hausherrn und die freundlichen Züge seiner Schwiegertochter ließen ihn nicht erkennen, ob auch sie sich gern zurückgezogen hätten.
    Minutenlang machte Hornblower das Problem schwer zu schaffen, das sich einem meistens am ersten, in einem fremden Haus verbrachten Abend aufzudrängen pflegt, ob der Gast zuerst aufbrechen oder auf ein Zeichen der Gastgeber warten soll.
    Entschlossen stand er auf.
    »Sie sind müde«, meinte die Vicomtesse. Es waren die ersten Worte, die sie seit längerem gesprochen hatte.
    »Ja«, gab Hornblower zu.
    »Ich werde Ihnen Ihr Zimmer zeigen, Herr Kapitän«, sagte der Hausherr. »Soll ich nach Ihrem Diener läuten? Nein?«
    Draußen in der Halle - Hornblower hatte sich mit einer Verbeugung von der Dame des Hauses verabschiedet - deutete der Graf auf die beiden Pistolen, die noch auf dem Tischchen lagen.
    »Vielleicht wäre es Ihnen lieb, sie neben Ihrem Bett zu wissen?« fragte er zuvorkommend. »Möglicherweise fühlten Sie sich sicherer.«
    Hornblower hätte das Angebot beinahe angenommen, lehnte dann aber ab. Zwei geladene Pistolen würden ihn nicht vor dem Zugriff der Polizei Bonapartes bewahrt haben, falls man gekommen wäre, ihn zu verhaften.
    »Wie Sie wünschen«, sagte der Graf, der ihm mit einer Kerze voranleuchtete. »Ich lud die Waffen, als ich Sie und Ihre Begleiter kommen hörte, denn es bestand immerhin die Möglichkeit, daß es sich um eine Gruppe sogenannter Refractaires handelte. Das sind junge Männer, die sich dem Militärdienst dadurch entziehen, daß sie sich in den Wäldern und in den

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