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Hornblower 07 - Unter wehender Flagge

Hornblower 07 - Unter wehender Flagge

Titel: Hornblower 07 - Unter wehender Flagge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
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erschien ein anderes Schiff, dessen Marssegel schwarz vor der sinkenden Sonne standen. Von der Flut getrieben, glitt es dicht am Wind heran. Es führte ebenfalls das amerikanische Sternenbanner. Abermals hatte Hornblower das Gefühl hilfloser Erbitterung, das er vor vielen Jahren bereits im Geschwader des Admirals Pellew empfunden hatte. Welchen Zweck hatte es überhaupt, unter den größten Schwierigkeiten und Gefahren eine Küste zu blockieren, wenn neutrale Fahrzeuge ganz dreist ein und auslaufen durften? Die Weizenladung galt offiziell nicht als Konterbande, aber dieser Weizen war für Bonaparte von der gleichen Bedeutung wie Hanf, Pech oder irgend etwas anderes von den vielen Dingen, die auf der Liste standen. Hornblowers Gedanken schweiften zu der ewigen Frage ab, wann Amerika endlich der Unwürdigkeiten dieser Neutralität überdrüssig werden und die Waffen gegen England oder Frankreich kehren würde.
    Tatsächlich hatte sich das Land bereits für kurze Zeit im Kriegszustand mit Frankreich befunden, und es lag durchaus in seinem Interesse, das Regime Bonapartes zusammenbrechen zu sehen, doch blieb es zweifelhaft, ob es der Versuchung widerstehen konnte, dem britischen Löwen in den Schweif zu kneifen.
    Der Neuankömmling, der übrigens seemännisch ausgezeichnet geführt wurde, näherte sich dem Kai. Ein backgebrasstes Marssegel nahm die Fahrt aus dem Schiff, und schon kreischten die Warpleinen um die Poller. Müßig sah Hornblower den Vorgängen zu. Seine beiden Begleiter standen neben ihm. Sobald das Schiff festgemacht hatte, wurde eine Laufplanke zum Kai hinübergeschoben, und ein kleiner untersetzter Mann schickte sich an, von Bord zu gehen. Er trug Zivilkleidung, hatte ein rundes, rosiges Gesicht und einen lächerlichen, kleinen, schwarzen Schnurrbart mit emporgezwirbelten Enden. Aus der Art, wie er dem Kapitän die Hand schüttelte, und aus seinem höchst holperigen Englisch erriet Hornblower, daß dies der Lotse war.
    Der Lotse! Eine Flut von Gedanken stürzte auf ihn ein. In weniger als einer Stunde würde es dunkel sein. Der Mond stand im ersten Viertel. Schon konnte er ihn kaum sichtbar und hoch über der sinkenden Sonne am Abendhimmel erkennen. Eine sternklare Nacht würde es geben mit bald einsetzender Ebbe und einer leichten, ein wenig vom Osten kommenden südlichen Brise. Ein Lotse war da und auch eine Crew. Dann aber zögerte er. Der ganze Plan war waghalsig bis zur Verrücktheit und sogar darüber hinaus. Unsinn! Noch einmal griff er den Gedanken in allen Einzelheiten auf, und dann riss ihn eine Welle der Tollkühnheit mit sich fort. Etwas Berauschendes lag darin, alle Bedenken rücksichtslos in den Wind zu schlagen, wie er es seit seiner Knabenzeit nicht mehr empfunden hatte. In den wenigen ihm zur Verfügung stehenden Sekunden, während der Lotse das Schiff verließ und sich ihm den Kai entlang schreitend näherte, fasste er einen Entschluss. Er gab seinen beiden Gefährten einen leichten Wink, trat vor und redete den kleinen dicken Lotsen an, der gerade lebhaften Schrittes an ihnen vorübergehen wollte.
    »Monsieur, ich habe ein paar Fragen an Sie zu richten.
    Wollen Sie die Güte haben, mich für ein paar Augenblicke an Bord meines Schiffes zu begleiten?«
    Der Franzose bemerkte die Uniform, den Stern der Ehrenlegion und das selbstbewusste Auftreten.
    »Aber gewiss«, lächelte er. Sein Gewissen war rein. Er hatte sich höchstens ein wenig bestechen lassen und dadurch das System der Kontinentalsperre etwas geschädigt. Jetzt trottete er neben Hornblower her. »Sie sind neu hier im Hafen, wie ich annehme, Herr Oberst?«
    »Ich bin gestern, von Amsterdam kommend, eingetroffen«, erwiderte Hornblower kurz.
    Brown befand sich an der anderen Seite des Lotsen. Bush bildete die Nachhut und bemühte sich tapfer, Schritt zu halten.
    Sein Stelzfuss schlug dumpf auf das Pflaster. Gleich darauf betraten sie das Oberdeck der Witch of Endor . Der wachhabende Maat sah sie etwas betroffen an, aber er kannte den Lotsen, und er kannte auch die Uniform des Zolldienstes.
    »Ich möchte gern Einblick in eine Ihrer Seekarten nehmen«, erklärte Hornblower. »Bitte führen Sie mich in die Kajüte.«
    Der Steuermannsmaat war ahnungslos. Den Besuchern voran stieg er den kurzen Niedergang hinunter, der zur Kajüte führte.
    Hornblower ließ auch dem Lotsen in höflicher Weise den Vortritt. Sie befanden sich in einem engen Raum, doch bot er hinreichende Sicherheit, sobald die Franzosen unten waren.
    Hornblower war

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