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Hornblower 07 - Unter wehender Flagge

Hornblower 07 - Unter wehender Flagge

Titel: Hornblower 07 - Unter wehender Flagge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
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sich der vom Lufthauch bewegte Kutter und stieß gegen die Fender, die zwischen ihm und der Kaimauer hingen.
    Ein Blick über die Seite verriet Hornblower, daß die Ebbe noch nicht eingesetzt hatte. Man musste noch ein paar Minuten warten. Er wandte sich an Brown, der sichtlich nervös beim Großmast stand. Der Lotse kauerte in sehr unbehaglicher Haltung vor ihm.
    »Brown«, sagte Hornblower ruhig, »eilen Sie zu unserem Boot, und holen Sie meinen Kleidersack. Los! Worauf warten Sie noch?«
    Brown gehorchte nur ungern. Schrecklich fand er es, daß der Kapitän kostbare Minuten damit vergeudete, um seine Kleider zu bekommen. daß er überhaupt an derlei zu denken vermochte!
    Aber Hornblower handelte durchaus nicht so unüberlegt, wie man hätte meinen können, und Brown konnte schließlich ebensogut beschäftigt werden, als untätig, aber aufgeregt an Deck zu stehen. Ausnahmsweise war es Hornblower nicht darum zu tun, sich vor seinen Untergebenen in Pose zu setzen.
    Ungeachtet der ihn beherrschenden Erregung arbeiteten seine Gedanken ganz klar.
    »Danke«, nickte er, als Brown keuchend mit dem Leinensack zurückkehrte. »Packen Sie mal meinen Uniformrock aus.«
    Er streifte die holländische Uniform ab und schlüpfte in den Rock, den Brown für ihn bereithielt. Ein angenehmes Empfinden durchrieselte ihn, als seine Finger die mit Krone und Anker gezierten Knöpfe schlossen. Wenn auch der Rock arg zerknittert und die goldene Litze sehr unansehnlich geworden war, so blieb er doch immer noch Uniform. Vor Monaten, damals, als sie in der hochgehenden Loire kenterten, hatte er ihn zum letztenmal getragen. Nun konnte man ihn zum mindesten nicht mehr als Spion behandeln, falls das Unternehmen fehlschlug. Die Wiedergefangennahme lag, wie er sich folgerichtig vorhielt, durchaus im Bereich der Möglichkeiten, aber man konnte ihn jetzt nicht mehr heimlich ermorden. Die Entführung der Witch of Endor würde in hinreichendem Masse Aufregung erregen, um derlei auszuschließen. Allein schon dadurch hatte sich seine Lage bereits gebessert. Man konnte ihn weder als Spion erschießen noch in aller Stille im Gefängnis umbringen. Ergriff man ihn, so konnte man höchstens die alte Anklage gegen ihn erheben, daß er die Gesetze der Kriegführung verletzt habe, aber Hornblower fühlte, daß die jüngste Entwicklung dazu angetan war, ihm hinreichende Sympathien zu sichern und es für Bonaparte überhaupt nicht ratsam erscheinen zu lassen, auf jene Vorfälle zurückzukommen.
    Mittlerweile war es Zeit zum Handeln geworden. Er nahm einen Belegbolzen von der Nagelbank und ging langsam zu dem sitzenden Lotsen hinüber, wobei er das Stück Eisen nachdenklich in der Hand wog.
    »Monsieur«, sagte er, »ich wünsche, daß Sie dies Schiff in See bringen.«
    Der Mann sah zu ihm auf, und im schwachen Mondschein bemerkte Hornblower, daß ihm die Augen aus den Höhlen zu quellen schienen.
    »Das... das kann ich nicht«, stammelte er. »Meine Berufsehre und meine Pflicht...«
    Eine drohende Geste mit dem Belegbolzen schnitt ihm das Wort ab.
    »Wir legen jetzt ab«, sagte Hornblower. »Es bleibt Ihnen überlassen, Anweisungen zu geben oder nicht, aber das sage ich Ihnen, Monsieur: Im Augenblick der Grundberührung haue ich Ihren Schädel mit diesem hier zu Brei.«
    Er beobachtete das bleiche Gesicht des Lotsen. In lächerlicher Weise hingen die Schnurrbartspitzen hernieder, die ihre Stellung bei der rauhen Behandlung eingebüsst hatten. Der Blick des Mannes haftete an dem Belegbolzen, mit dem Hornblower spielerisch auf die linke Handfläche klopfte, während er innerlich triumphierte. Für diesen phantasiebegabten Südländer hätte die Drohung, ihm eine Kugel durch den Kopf zu jagen, nicht genügt. Aber nun malte sich der Mann offenbar aus, wie ihm der Eisenbolzen auf den Schädel krachte und ihn wütende Hiebe zerschmetterten. Die von Hornblower gewählte Begründung seiner Wünsche erwies sich als die wirkungsvollste von allen.
    »Ich gehorche, Monsieur«, murmelte der Lotse.
    »Schön... Brown, laschen Sie ihn da drüben an die Reling, und dann kann's losgehen. Mr. Bush, wollen Sie bitte das Ruder übernehmen?«
    Die notwendigen Vorbereitungen waren bald getroffen. Die Sträflinge wurden zu den Taljeläufern geführt. Man legte ihnen die Enden klar zum Steifholen in die Hände. Hornblower und Brown besaßen so ausgiebige Erfahrungen darin, die von britischen Presskommandos zusammengetriebenen Leute auszubilden, daß sie auch diesmal keine sonderlichen

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