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Hornblower 07 - Unter wehender Flagge

Hornblower 07 - Unter wehender Flagge

Titel: Hornblower 07 - Unter wehender Flagge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
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zum Ufer, Sir, und da waren schon massenhaft Franzmänner. Die sind, glaube ich, von dem brennenden Schiff herübergeschwommen, und die brachten mich zu den Soldaten, und die Soldaten brachten mich hierher, Sir. Da war 'n Offizier, der allerlei Fragen an mich richtete, Sir - au, habe ich lachen müssen, wie er versuchte, Englisch zu sprechen, aber gesagt habe ich nichts, Sir. Und wie sie das gemerkt haben, Sir, da haben sie mich hier zu den anderen gesperrt. Am Gefecht teilgenommen haben die alte Pluto und die Caligula und...«
    »Ja, das habe ich gesehen«, unterbrach Hornblower den Seemann. »Ich sah auch, daß die Pluto ihre Grossmarsstenge verloren hatte. Hat sie schwer gelitten?«
    »Oh, keine Spur, Sir. Wir haben kaum ein halbes Dutzend Treffer bekommen, und die richteten wenig Schaden an, mit Ausnahme von dem, der den Admiral verwundete.«
    »Den Admiral?!« Hornblower zuckte betroffen zusammen.
    »Meinen Sie den Admiral Leighton?«
    »Jawohl, Sir.«
    »Wurde... wurde er schwer verwundet?«
    »Ich weiß nicht, Sir. Selbst habe ich's ja nicht gesehen, weil ich auf dem Hauptdeck war, wie's passierte. Der Segelmachersmaat hat mir erzählt, Sir, daß der Admiral von 'nem Splitter getroffen wurde. Er wusste es vom Küfersmaat, der geholfen hatte, ihn unter Deck zu tragen.«
    Hornblower wusste zunächst nichts mehr zu sagen. Er starrte wortlos das gutmütig dumme Gesicht des Seemanns an, der vor ihm stand. Dennoch entging es ihm auch in diesem Augenblick nicht, daß dem Mann das Schicksal seines Admirals keineswegs zu Herzen ging. Nelsons Tod hatte seinerzeit die ganze Flotte in tiefste Trauer versetzt, und er kannte mehrere andere Flaggoffiziere, deren Tod oder Verwundung den unter ihnen stehenden Männern die Tränen in die Augen getrieben haben würde. In einem solchen Fall hätte der neue Gefangene unzweifelhaft von der Verwundung des Admirals gesprochen, ehe er seine eigenen Abenteuer berichtete. Hornblower wusste bereits seit längerem, daß Leighton bei seinen Offizieren nicht beliebt war, und hier hatte er nun den Beweis, daß er auch unter der Mannschaft kein Ansehen genoss. Aber Barbara liebte ihn vielleicht. Zum mindesten hatte sie ihn geheiratet. Hornblower zwang sich dazu, in natürlicher Weise weiterzusprechen.
    »Das genügt«, sagte er kurz und suchte dann mit den Blicken seinen Bootssteurer. »Gibt's was zu melden, Brown?«
    »Nein, Sir; alles wohl, Sir.«
    Hornblower klopfte von innen an die verschlossene Tür, um aus dem Gefängnis heraus und wieder zu seiner Zelle geführt zu werden, wo er nachdenklich auf und niedergehen konnte; drei Schritte in jeder Richtung. Sein Hirn schien wie ein Kochtopf zu brodeln. Jetzt wusste er gerade genug, um sich Gedanken und Sorgen zu machen. Leighton war verwundet worden, aber das hieß noch nicht, daß er sterben würde. Eine von einem Splitter herrührende Wunde; das konnte viel oder wenig bedeuten.
    Allerdings hatte man ihn nach unten getragen. Kein Admiral hätte das geduldet, wenn er die Kraft besessen hätte, es zu verhindern; zum mindesten nicht mitten im Gefecht. Sein Gesicht konnte aufgeschlitzt oder auch der Unterleib zerrissen worden sein. Schaudernd schüttelte Hornblower die Erinnerung an die grauenvollen Verwundungen ab, die er im Laufe seiner zwanzigjährigen Dienstzeit zu sehen bekommen hatte. Sachlich betrachtet bestand eine erhebliche Wahrscheinlichkeit dafür, daß Leighton starb; die Sterblichkeit der Verwundeten war durchweg ungeheuer hoch.
    Erlag aber Leighton seinen Verletzungen, so war Barbara wieder frei. Was hatte das jedoch mit ihm, einem verheirateten Mann, zu tun, dessen Frau sich zudem in gesegneten Umständen befand? Solange Maria lebte, kam sie ihm dadurch um keinen Schritt näher. Und doch linderte der Gedanke, sie könne alsbald Witwe sein, einigermaßen seine Eifersucht.
    Möglicherweise allerdings heiratete sie dann abermals, und aufs neue musste Hornblower dann alle Qualen durchmachen, die er damals fühlte, als er zum erstenmal von der bevorstehenden Vermählung mit Leighton erfuhr. Da wäre es ihm wirklich schon lieber gewesen, Leighton bliebe am Leben; als Krüppel vielleicht, nicht mehr als Mann im eigentlichen Sinne. Die Gedankenkette führte in einen Abgrund der sich überschlagenden Phantasie, aus dem er sich nur durch eine verzweifelte Willensanstrengung zu befreien vermochte.
    In der darauffolgenden Reaktion verhöhnte er sich selbst ganz kalt als einen Narren. Er war der Gefangene des Herrschers, dessen Machtbereich

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