Hornblower 08 - Der Kommodore
hatte. Man schaffte eine Laterne herbei, um sie anzuleuchten, und Hornblower seufzte erleichtert auf, als er auf der Brust des Führers den glänzenden Stern der Ehrenlegion erkannte. »Ich bitte Sie um Angabe Ihres Namens und Ihrer Dienststellung, Monsieur«, sagte er höflich in französischer Sprache.
»Jussey, Bataillonkommandeur im Geniekorps der kaiserlichen Armeen.« Also ein Major der Pioniere, das war kein übler Fang. Hornblower machte eine Verbeugung und stellte sich vor. Unterdes überlegte er fieberhaft, wie er diesen Major dazu bringen könnte, alles zu sagen, was er wußte. »Ich bedaure außerordentlich«, sagte er dann, » daß ich Monsieur le Chef de Bataillon als meinen Gefangenen betrachten muß, und noch dazu bei Beginn eines so aussichtsreichen Feldzuges. Aber vielleicht habe ich schon bald das Glück, einen Austausch in die Wege leiten zu können. Ich nehme an, Monsieur le Chef de Bataillon hat Kameraden in der französischen Armee, denen er gern Nachricht über sein Schicksal zukommen lassen möchte?
Ich werde den ersten Parlamentär damit beauftragen, sie zu überbringen.«
»Der Marschall Herzog von Tarent wäre bestimmt froh, über mich zu hören«, sagte Jussey schon etwas weniger steif, »ich bin in seinem Stabe.« Der Marschall Herzog von Tarent war Macdonald, der hier den Oberbefehl hatte - der Sohn eines schottischen Emigranten, der nach dem Aufruhr des jungen Prätendenten außer Landes gegangen war. Möglicherweise war Jussey sogar Chef seines Pionierstabes. Das war ein Fang, der alle seine Hoffnungen übertraf.
»Es war ein höchst unglücklicher Zufall, der Sie in unsere Hand fallen ließ«, sagte Hornblower. »Wie konnten Sie auch ahnen, daß zur Zeit ein britisches Geschwader in dieser Bucht operiert!«
»Ich wußte auch nichts davon. Unsere Gewährsmänner behaupteten das Gegenteil. Aber diese Livländer...«
Also ließ sich der französische Stab von livländischen Verrätern unterrichten. Das war nicht schwer zu erraten, und doch war es besser, die Bestätigung dafür zu haben.
»Sie sind so unzuverlässig wie alle Russen«, meinte Hornblower verständnisinnig. »Ihr Kaiser dürfte keinem starken Widerstand begegnet sein.«
»Smolensk ist unser, der Kaiser marschiert auf Moskau, und wir haben die Aufgabe, St. Petersburg zu besetzen.«
»Wird Ihnen die Überschreitung der Düna keine Schwierigkeiten bereiten?« Jussey zuckte im flackernden Lampenlicht die Achseln. »Das glaube ich nicht. Wir brauchen nur hier an der Mündung beherzt überzusetzen, dann ziehen sich die Russen auf der ganzen Linie zurück, weil ihre Flanke eingedrückt ist.« Das also war Jusseys Aufgabe, er suchte an der Mündung der Düna nach einem geeigneten Platz zur Landung französischer Truppen auf der noch von den Russen besetzten Seite des Stromes.
»Das ist ein kühnes Unternehmen, Monsieur, das die große Tradition der französischen Armee würdig fortsetzt. Zweifellos haben Sie reichlich Schiffsraum, um Ihre Truppen überzusetzen.«
»Ein paar Dutzend Schuten. Wir haben sie in Mitau erbeutet, ehe die Russen sie zerstören konnten.«
Jussey hielt plötzlich inne. Man sah ihm an, daß er über seine eigene Offenherzigkeit erschrocken war.
»Die Russen sind unfähig«, sagte Hornblower im Tone völligen Einverständnisses. »Entschlossener Angriff, der ihnen keine Zeit gibt, immer wieder Fuß zu fassen, ist natürlich das beste Mittel, mit ihnen fertig zu werden. Aber ich bitte Sie, mich zu entschuldigen. Die Pflicht ruft.«
Im Augenblick war aus diesem Jussey wohl nichts mehr herauszuholen. Aber das Wesentlichste hatte er ja schon erfahren, daß nämlich den Franzosen eine ganze Flotte von Schuten in die Hände gefallen war, die die Russen aus Nachlässigkeit oder infolge ungünstiger Umstände nicht rechtzeitig zerstört hatten, und daß sie damit zum Angriff auf die russische Flanke über die Flußmündung setzen wollten.
Hornblower hoffte, Jussey dadurch wieder zu einer offenen Sprache zu verleiten, daß er sich für den Augenblick völlig gleichgültig stellte. Jussey verbeugte sich, und Hornblower wandte sich an Mound. »Wir wollen zum Geschwader zurück«, sagte er.
Mound gab sogleich die entsprechenden Befehle und brachte die Harvey auf dem Steuerbordbug hart an den Wind. Die französischen Kriegsgefangenen duckten sich ängstlich, als der schwere Großbaum über ihre Köpfe schwang, und wurden dabei von den an die Großschot rennenden Matrosen angerempelt.
Während Jussey und
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