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Hornblower 09 - Lord Hornblower

Hornblower 09 - Lord Hornblower

Titel: Hornblower 09 - Lord Hornblower Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
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mit einem dumpfen Krach zusammen, und er selbst wäre beinahe aus dem Sattel geflogen, als sein eigener Gaul einen Seitensprung machte, um den anderen nicht zu treten.
    »Sind Sie verletzt, Sir?« hörte er gleich darauf Brown im Dunkeln fragen. Brown mußte trotz der Behinderung durch sein Handpferd sofort aus dem Sattel geglitten sein.
    »Nein«, sagte der Graf, »aber das Pferd, fürchte ich.« Nach einiger Zeit ließ sich Brown wieder hören: »Jawohl, Sir, es hat sich die Schulter ausgerenkt. Ich werde an seiner Stelle das Handpferd satteln.«
    »Bist du auch sicher nicht verletzt, Vater?« fragte Marie.
    Diese vertrauliche Anrede war zwischen ihnen keineswegs die Regel. »Nein, mein Liebling, nicht im geringsten«, sagte der Graf so verbindlich, als säße er behaglich in seinem Salon.
    »Wenn wir den Gaul zurücklassen, Mylord«, sagte Brown, »dann finden sie ihn, wenn sie hier vorüberkommen.« Mit »sie« waren natürlich die Verfolger gemeint. »Ja«, sagte Hornblower.
    »Ich möchte ihn vom Weg fortschaffen und erschießen, Mylord.«
    »Du wirst ihn nicht weit führen können«, sagte der Graf.
    »Vielleicht genügen schon ein paar Meter«, sagte Brown.
    »Wollen Sie bitte so gut sein, einstweilen diese beiden Pferde zu halten.«
    Sie saßen und standen umher, während Brown das arme Tier dazu brachte, mit ihm an die Stelle zu humpeln, wo es von seinen Leiden Erlösung finden sollte. Im eintönigen Geriesel des Regens hörten sie das Knacken der versagenden Pistole. Sie warteten, bis Brown neues Zündpulver aufgeschüttet hatte, dann krachte endlich der Schuß. »Danke, Sir«, hörte Hornblower wieder die Stimme Browns. Wahrscheinlich hatte er sein Pferd wieder übernommen, das ihm der Graf solange gehalten hatte.
    Dann fügte Brown hinzu: »Darf ich jetzt Ihr Handpferd übernehmen, Madame?«
    In diesem Augenblick kam Hornblower zu seinem Entschluß.
    »Wir wollen noch ein Stück am Ufer entlangreiten«, sagte er, »dann können wir bis zum Morgengrauen Rast machen. Und morgen früh versuchen wir, gleich über den Fluß zu setzen.«

20. Kapitel
    In dieser Nacht fanden sie sehr wenig Schlaf, alles zusammengerechnet, wenn es hoch kam, eine Stunde, denn trotz ihrer Müdigkeit fielen ihnen die Augen immer nur auf Minutendauer zu. Ihre Sachen waren ja völlig durchnäßt, und der Lagerplatz ließ alles zu wünschen übrig. Sie hatten zwar trotz Dunkelheit ein Stückchen grasbewachsenen Uferhang entdeckt, auf dem man einigermaßen liegen konnte, aber man fühlte eben doch den harten Felsboden durch, der dicht unter der dünnen Grasnarbe lag. Sie waren jedoch so müde und hatten in letzter Zeit so wenig Schlaf bekommen, daß sie dennoch hie und da auf kurze Zeit in eine dumpfe Bewußtlosigkeit hinüberglitten und die Kälte und ihre schmerzenden Glieder vergaßen. Nichts war natürlicher, als daß Hornblower und Marie einander eng umschlungen hielten. Sein Mantel diente ihnen als Unterlage, mit dem ihrigen deckten sie sich zu. So wärmten sie sich gegenseitig. Wahrscheinlich hätten sie in dieser Umarmung auch dann am besten geruht, wenn sie einander nichts bedeutet hätten, in gewisser Hinsicht war das ja im Augenblick auch wirklich der Fall, weil sie beide todmüde waren. Wenn Hornblowers Herz auch jetzt von zärtlichster Liebe erfüllt war, dann hatte das nichts mit dem Umstand zu tun, daß sich sein zerschlagener Körper so eng an den ihrigen schmiegen durfte.
    Kälte und Müdigkeit ließen keine Leidenschaft aufkommen.
    Aber da lag Marie in der dunklen Nacht, ihr Arm lag über ihm, sie war jünger als er, sie war nicht so müde. Vielleicht war darum auch ihre Liebe wärmer und inniger. Ehe noch der Tag anbrach, hörte der Regen auf, da durfte sie eine halbe Stunde lautersten Glücks erleben. Hornblower lag friedlich schlafend neben ihr, sein Kopf ruhte auf ihrer Schulter - er gehörte ganz ihr. Weit hinter ihnen lag der Krieg, vor ihnen stand der Tod - in diesem Augenblick gab es keine Macht, die es vermocht hätte, sie zu trennen. Vielleicht war das die glücklichste halbe Stunde, die ihr Hornblower je geschenkt hatte. Hornblower erwachte im ersten Morgengrauen. Ein schwerer Nebel lag über dem Fluß und den von Nässe vollgesogenen Feldern. In wenigen Metern Entfernung entdeckte er in dem dichten, weißen Dunst ein schattenhaftes Etwas. Mit einiger Mühe stellte er fest, daß es der Graf war, der in seinen Mantel gehüllt auf dem Boden saß.
    Brown lag neben ihm und schnarchte leise - offenbar hatten

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