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Hornblower 09 - Lord Hornblower

Hornblower 09 - Lord Hornblower

Titel: Hornblower 09 - Lord Hornblower Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
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Guerillakrieges ein scharfes Auge für die wirkliche Lage bekommen und wußten genau, daß alles, was sie jetzt noch unternahmen, nur noch den Wert einer Geste besaß. Sie kannten außerdem alle Clausens Aufruf, der ihnen Straflosigkeit zusagte.
    Brown stand an seiner Seite, er sagte nichts, aber sein Schweigen sprach deutlicher als Worte. Seine Hand lag am Griff der Pistole, die in seinem Gürtel stak.
    Hornblower überlegte weiter. Da waren zunächst Brown, er selbst und Marie, dazu kamen der Graf und Annette, deren Leistungsfähigkeit freilich recht begrenzt war, und wenn es hoch kam, noch zwei, drei andere Männer, Leute wie zum Beispiel der alte Fermiac. Damit waren aber schon alle aufgezählt, auf die er sich verlassen konnte.
    Für den Augenblick genügte das. Er konnte ein paar der hartnäckigsten Gehorsamsverweigerer niederschießen, dann würde sich der Rest wohl dazu bequemen, aufzustehen, und schließlich auch mit verbissener Wut weitermarschieren. Wie aber wollte er diese widerspenstige Gesellschaft während eines Nachtmarsches zusammenhalten? Da fiel es doch allzu leicht, sich seitwärts in die Büsche zu schlagen und, wenn sich gar einer der Männer von Wut und Verzweiflung hinreißen ließ, dann war es für ihn verdammt einfach, ihm auf dem Marsch ein Messer in den Rücken zu stoßen oder die Mündung seiner Muskete gegen die Rippen zu halten und auf den Abzug zu drücken.
    Er war bereit, diese Gefahr auf sich zu nehmen, er war bereit, ein paar von den Unzufriedenen niederzustrecken. Konnte er sich aber von einem solchen Vorgehen irgendeinen greifbaren Vorteil versprechen? Nein. Also blieb ihm jetzt nur noch ein einziger Ausweg, der letzte, der dem in die Enge getriebenen Freischarführer offen steht, nämlich der, seine Bande aufzulösen und auf eine bessere Zukunft zu hoffen. Das war gewiß eine bittere Pille, vor allem angesichts der tödlichen Gefahr, in der Marie und der Graf schwebten. Aber es stand ihm eben nicht mehr frei, unter mehreren Möglichkeiten eine günstige zu wählen, er mußte vielmehr bescheiden Schlimmes auf sich nehmen, um Schlimmstes zu verhüten. Schrecken der Niederlage...
    »Gut also«, sagte er, »dann werden wir hier voneinander Abschied nehmen.«
    Einige der Männer fuhren hoch, als sie diese Worte hörten.
    »'Oratio!« fuhr Marie auf, aber dann blieb sie stumm. Sie hatte es gelernt, sich unterzuordnen.
    »Euer Leben ist nicht in Gefahr«, sprach Hornblower weiter.
    »Ihr habt alle den Aufruf Clausens gelesen. Morgen oder, wenn ihr wollt, heute Abend noch könnt ihr euch bei seinen Truppen melden und die Waffen niederlegen. Dann dürft ihr nach Hause gehen. Madame, der Herr Graf und ich aber werden den Kampf fortsetzen, weil uns keine andere Wahl bleibt. Wir würden allerdings auch weiterkämpfen, wenn wir nicht müßten.«
    Die Männer hörten diese Worte in bestürztem Schweigen an, niemand regte sich, man hörte aus dem Dunkel keinen Laut.
    Diese vierzehn Tage voller Mühsal, Härte und Gefahr, die sie nun hinter sich hatten, kamen den meisten nachträglich so lang vor wie ein ganzes Leben, und es wollte einem nun einmal nicht so leicht in den Kopf, daß man ein ganzes Leben hinter sich hatte.
    »Aber wir kommen wieder«, fuhr Hornblower fort. »Vergeßt uns nicht, wenn ihr zu Hause seid, denkt an uns. Wir kommen bestimmt wieder und rufen euch von neuem zu den Waffen.
    Dann scharen wir uns wieder alle, alle zusammen, um den Tyrannen endlich den Todesstoß zu versetzen. Vergeßt das nicht. Und nun noch ein letztes Hoch dem König! Vive le Roi!«
    Das Hoch klang in der nassen Dunkelheit recht verzagt, aber Hornblower hatte doch das erreicht, was er sich vorgenommen hatte. Die Saat für eine künftige, zweite Erhebung war gesät.
    Sobald Clausens Division von hier verschwand, brauchte nur ein Führer aufzutreten, brauchten nur er und der Graf eines Tages wieder hier aufzutauchen, und das ganze Nivernais stand sofort wieder in Flammen. Das war nur ein leiser, ferner Hoffnungsschimmer, es war das einzige, was ihnen jetzt noch blieb. »In Gottes Namen!« sagte Fermiac. »Ich bleibe bei Euch.«
    »Ich auch«, hörte man eine zweite Stimme aus dem Dunkel.
    Vielleicht gelang es ihm jetzt, bei diesen temperamentvollen Franzosen mit ein paar überschwenglichen Worten doch noch eine Begeisterung zu entzünden, die die ganze Schar noch einmal zur Fortsetzung des Marsches bewog. Der Gedanke hatte für Hornblower etwas Verlockendes, aber er zwang sich dazu, alles Für und Wider noch

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