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Hornblower 09 - Lord Hornblower

Hornblower 09 - Lord Hornblower

Titel: Hornblower 09 - Lord Hornblower Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
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auch sie beide Seite an Seite geschlafen. Bis Hornblower seine fünf Sinne wieder beisammen hatte, vergingen noch einige Sekunden, der erste Eindruck, den er bewußt in sich aufnahm, war das Rauschen des reißenden Flusses, der in nächster Nähe vorüberströmte. Als er sich aufsetzte, erwachte auch Marie an seiner Seite. Beim Aufstehen wurde er in peinlichster Weise an seine schmerzenden Gelenke und an die Blasen an seinen Füßen erinnert. Es war schwer, diese Schmerzen zu verbeißen, sie waren so furchtbar wie irgendeine der peinvollen Erfindungen des Mittelalters. Dennoch verlor er kein Wort darüber. Bald waren sie wieder unterwegs, der Zustand ihrer Pferde schien sich seit dem Abend vorher um kein Haar gebessert zu haben.
    Ein Leben, wie sie es führten, war eben ganz dazu angetan, Pferden den Garaus zu machen. Der Nebel lichtete sich rasch, Hornblower erwartete einen jener Sommertage mit Sonne und frischer Brise, die für Mittelfrankreich so typisch sind. Er konnte annehmen, daß der Nebel spätestens in einer Stunde verschwunden war. Neben ihnen rauschte und sang der Fluß, wenn die Schwaden einmal dünner waren, konnte er seine weite, graue, mit weißen Schaumstreifen überzogene Fläche erkennen.
    Nicht weit zu ihrer Rechten verlief die große Straße nach Briare und Paris, sie selbst folgten dem Landweg, der am Rande des Hochwasserbettes entlangführte. Während sie so neben dem Fluß hinritten, überschlug Hornblower rasch, wie er das Übersetzen bewerkstelligen könnte. Unter der weiten Wasserfläche verbarg sich eine Menge flacher Bänke, die sich, wie sie alle wußten, über einen wesentlichen Teil der gesamten Breite erstreckten. Die Hauptwassermasse strömte durch eine einzige tiefe Rinne, die bald an diesem, bald an jenem Ufer und zuweilen auch in der Mitte verlief - wie gut wußte er das noch von damals, als er mit seiner kleinen Nußschale flußabwärts getrieben war, um der Gefangenschaft zu entgehen! Wenn sie nur über diese tiefe Rinne hinübergelangten und die Pferde dazu brachten, sie zu durchschwimmen, die flachen Strecken boten dann keine Schwierigkeiten. Mariens Furt war ein quer über die Rinne verlaufendes Felsband, das so dicht unter der Oberfläche lag, daß man bei niedrigem Wasserstand darüber waten konnte.
    Da dieses Riff ihnen den Dienst versagt hatte, mußten sie sich eben auf andere Mittel besinnen. Ein kleines Ruderboot, wie es die meisten am Flußufer gelegenen Bauernhöfe besaßen, genügte vollauf, um ihnen auf die andere Seite hinüberzuhelfen.
    Hätten sie Mariens Furt benutzen können, so wäre das natürlich weit besser gewesen, weil sie dann den Verfolgern keinen Anhaltspunkt dafür geboten hätten, daß sie vom diesseitigen Ufer verschwunden waren, aber auch das weniger Günstige war als Lösung immer noch besser als gar nichts. Waren sie erst drüben, dann konnten sie sich frische Pferde stehlen und die Verfolger mit deren Hilfe abschütteln. Der Graf brummte etwas in seinen Bart, als Hornblower das Wort »stehlen« gebrauchte, aber er ging nicht so weit, seinen Einspruch in Worte zu kleiden.
    Die Sonne brach durch den Nebel, sie stand dicht über dem Höhenzug zu ihrer Rechten, nur der Fluß dampfte noch ein wenig. Man konnte damit rechnen, daß der Tag sehr heiß würde.
    Endlich sahen sie, was sie suchten: An die schützenden Höhen geschmiegt, lag dicht am Flußufer ein kleines Bauernhaus mit ein paar Nebengebäuden. Die Sonne schien auf sein Dach, das sich groß und dunkel gegen die brodelnden, weißen Schwaden abhob. Der Instinkt des Feldsoldaten veranlaßte sie sofort, Deckung zu nehmen. Sie schwenkten in eine tiefe, weidenbestandene Mulde ab und stiegen dort von ihren Pferden.
    »Gestatten Sie mir, daß ich weiter vorgehe, Mylord?« fragte Brown. Wenn er sich auch jetzt noch dieser formvollendeten Redeweise bediente und betont die Haltung eines wohlerzogenen Dieners einnahm, dann war das vielleicht seine Weise, sich in dieser verzweifelten Lage die Besonnenheit und den klaren Verstand zu erhalten. »Ja, geh nur los«, sagte Hornblower.
    Brown schlich sich also mit größter Vorsicht an das Gehöft heran, und Hornblower selbst schob sich so weit vor, daß er ihn dabei gut beobachten konnte. Befanden sich hier oder in der Nähe Truppen, dann saßen sie in der Falle. Wenn wirklich Soldaten hier waren, dann konnte man allerdings annehmen, daß sie sich um diese Morgenstunde im Umkreis der Baulichkeiten irgendwie bemerkbar machten. Das war nicht der Fall, es war

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