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Hornblower 09 - Lord Hornblower

Hornblower 09 - Lord Hornblower

Titel: Hornblower 09 - Lord Hornblower Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
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nur wegen des verbissenen Wahnsinns eines einzigen Mannes seine Freiheit opfern, sich von Weib und Kind losreißen und unter diesen widerwärtigen Verhältnissen seekrank, frierend und elend endlose Tage und Nächte verbringen, so lange, bis ihn zuletzt sein Alter von diesem unseligen Zwang befreite. Es war wohl das erstemal in seinem Leben, daß er den Wunsch empfand, es möchte ein Wunder geschehen oder irgendein unverhoffter Glücksfall eintreten - daß etwa Bonaparte einer verirrten Kugel zum Opfer fiele oder daß er endlich den Fehler beginge, der ihm die nicht zu verleugnende, die endgültige Niederlage einbrachte, daß die Bevölkerung von Paris sich erfolgreich gegen den Tyrannen erhöbe, daß Frankreich eine Hungerernte erlebte oder daß sich die Marschälle aus Angst um die Erhaltung ihrer erbeuteten Schätze gegen den Kaiser wendeten und ihre Soldaten dazu bestimmten, mit ihnen gemeinsame Sache zu machen. Dabei bestand, wie er genau wußte, nicht die geringste Aussicht, daß etwas Derartiges wirklich geschah. Der Kampf ging weiter und immer weiter, und er blieb seekrank, gefesselt an die Kette des Gehorsams, bis sein Haar weiß geworden war.
    Er hatte die Augen fest geschlossen gehabt. Als er sie nun aufschlug, sah er Brown, der sich über ihn beugte: »Ich habe geklopft, Sir, aber Sie hörten mich nicht.«
    »Ist etwas los?«
    »Kann ich Ihnen etwas bringen, Sir? In der Kombüse wird gleich Feuer ausgemacht. Wollen Sie noch eine Tasse Kaffee?
    Oder Tee? Oder einen heißen Grog?«
    Ein richtiger steifer Grog schenkte ihm vielleicht den Schlaf, den er brauchte. Dann konnte er seine krankhaften, düsteren Gedanken eine Zeitlang vergessen, dann fand er wenigstens vorübergehend Erlösung von dem dunklen Druck, der ihn vollends zu überwältigen drohte. Als er sich schließlich Rechenschaft darüber gab, daß er im Ernst mit diesem Gedanken spielte, war er ehrlich entsetzt über sich selbst. Seit fast zwanzig Jahren hatte er keinen Tropfen mehr in der Absicht getrunken, sich damit zu berauschen, und Trunkenheit war ihm bei sich selbst womöglich noch widerlicher als bei anderen Leuten. Daß er jetzt imstande war, so etwas auch nur einen Augenblick ernstlich in Erwägung zu ziehen, machte ihn bestürzt, jagte ihm geradezu einen Schrecken ein. Das war ja wieder ein Abgrund in seiner Seele, von dem er bis jetzt nicht das mindeste geahnt hatte! Dabei war er noch dazu in einem besonders wichtigen, geheimen Auftrag unterwegs, zu dessen Erfüllung ein klarer Kopf und schnelle Überlegungen lebenswichtig waren.
    Um so schlimmer! Er kam sich bei diesen Erkenntnissen bitter verächtlich vor.
    »Nein«, sagte er. »Ich werde wieder an Deck gehen.« Damit schwang er auch schon die Beine aus der Koje. Die Porta Coeli war jetzt gut frei von Land, in dem kurzen Seegang des Kanals rollte und stampfte sie wie verrückt. Der backstags einkommende Wind legte sie so weit über, daß Hornblower sofort gegen das Schott auf der anderen Seite gerutscht wäre, als er sich erhob, wenn Brown ihn nicht mit starker Hand gestützt hätte. Brown verlor nie seine Seebeine, Brown war nie seekrank, Brown besaß die körperlichen Kräfte, die Hornblower sich immer so sehnlich gewünscht hatte. Da stand er breitbeinig und fest wie ein Felsen vor ihm und ließ sich auch bei den wildesten Bocksprüngen der Brigg nichts anmerken, während er, Hornblower, unsicher hin- und hertaumelte. Er wäre mit dem Kopf gegen die Hängelampe gestoßen, hätte Brown seine Bewegung nicht mit kräftigem Druck auf die Schulter abgelenkt.
    »Eine elende Nacht, Sir. Ich glaube, ehe es abflaut, bekommen wir noch allerhand auf den Hut.«
    Hiob hatte man ähnliche Trostsprüche geboten. Hornblower konnte nicht umhin, Brown über die Schulter anzuknurren, und sein Ärger wurde nur noch größer, als er sah, mit welchem Gleichmut dieser seine Gereiztheit hinnahm. Sollte man keine Wut bekommen, wenn man sich behandelt sah wie ein launisches Kind?
    »Am besten nehmen Sie den Schal um, Sir, den Ihre Ladyschaft gemacht hat«, fuhr Brown mit unerschütterlicher Ruhe fort. »Gegen Morgen wird es bitter kalt werden.«
    Mit einer einzigen Bewegung zog er ein Schubfach auf und brachte den Schal zum Vorschein, ein quadratisches Seidentuch von unschätzbarem Wert, federleicht und doch warm. Es war vielleicht das wertvollste Stück, das Hornblower je besessen hatte, den Hundert-Guineen-Säbel eingerechnet. Barbara hatte es mit unendlicher Sorgfalt bestickt - daß sie das getan hatte,

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