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Hornblower 09 - Lord Hornblower

Hornblower 09 - Lord Hornblower

Titel: Hornblower 09 - Lord Hornblower Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
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war der hübscheste Liebesbeweis, den sie ihm geben konnte, denn das Hantieren mit Nadel und Fingerhut war ihr sonst gründlich zuwider. Hornblower legte den Schal unter dem Kragen des Peajecketts um den Hals. Seine Wärme und Weichheit und nicht zuletzt die Erinnerung an Barbara, die er weckte, taten ihm wohl. Er nahm noch einmal festen Stand, zielte auf die Tür und gelangte in einem Schwung über die fünf Stufen des Niedergangs auf das Achterdeck.
    Oben herrschte pechrabenschwarze Dunkelheit, Hornblower war sogar von der elenden Beleuchtung in einer Kammer noch geblendet. Rings um ihn heulte der Sturm mit verbissener Wut, er mußte sich mit vorgebeugtem Kopf dagegen anstemmen.
    Obwohl der Wind nicht querein, sondern achterlich stand, lag die Porta Coeli hart über. Dabei rollte und stampfte sie gleichzeitig wie von Sinnen. Spritzer vermengten sich mit dem Regen, der über das Deck hinjagte und Hornblower wie mit Nadeln ins Gesicht stach, während er sich mühsam zur Luvverschanzung hinkämpfte. Selbst als sich seine Augen bereits an die Dunkelheit gewöhnt hatten, war er kaum imstande, das schmale Rechteck des gerefften Großmarssegels auszumachen. Das kleine Fahrzeug sprang unter seinen Füßen wie ein scheuer Gaul, die See ging hoch, selbst durch das Heulen des Sturmes konnte Hornblower das Knirschen der Ruderketten vernehmen, wenn der Rudergänger hinten am Rad mit aller Kraft zu verhindern suchte, daß das Schiff gierend in die Wellentäler fiel.
    Hornblower fühlte, daß Freeman irgendwo in der Nähe war, aber er nahm keine Notiz von ihm. Es gab nichts zu sagen, und wenn es etwas gegeben hätte, dann wäre die Verständigung bei dieser Windstärke alles andere als einfach gewesen. Er hakte seine Arme in die Finknetze, um besseren Halt zu finden, und starrte in die Nacht hinaus. Neben der Bordwand tauchten immer wieder die weißschäumenden Kuppen der schräg von hinten anrollenden Seen auf, die einen Augenblick später das Heck der Porta Coeli auf ihren Rücken hoben. Und vorn arbeiteten die Männer an den Pumpen, ab und zu drang das dumpfe Geklapper des Geschirrs an Hornblowers Ohr. Das war keineswegs überraschend, denn das Schiff arbeitete so heftig, daß sich die Nähte des übermäßig beanspruchten Rumpfes dabei öffnen und schließen mußten wie die Lippen eines Mundes.
    Irgendwo in dieser schwarzen Nacht segelten andere Schiffe, vielleicht waren sie schon ermattet vom Kampf gegen den Sturm, irgendwo strandete vielleicht gerade eines, fanden vielleicht Seeleute ihr Ende in der Brandung, und der Sturm heulte ohne Erbarmen über sie hin. Dies war eine Nacht, in der sich die Anker durch den Grund holten, in der Trossen und Leinen brachen. Der gleiche Sturm fegte aber auch über die elenden Biwaks des armen, kampfdurchtobten Europa.
    Millionen namenloser, zu Soldaten gepreßter Bauern drängten sich in diesem Augenblick um ihre Lagerfeuer, die nur mit Mühe in Brand zu halten waren, schlaflos und hungrig, fluchend auf Regen und Wind, erwarteten sie die Schlacht, die ihnen vielleicht morgen bevorstand. Seltsamer Gedanke, daß es von ihnen, von all den unbekannten kleinen Leuten letzten Endes abhing, ob er selbst bald aus dem Sklavenzustand befreit wurde, in dem er sich zur Zeit befand. Nun kam seine Seekrankheit vollends zum Ausbruch, und er übergab sich würgend in den Wassergang.
    Freeman sprach ihn an, aber Hornblower verstand nicht, was er sagte. Er mußte lauter schreien.
    »Es sieht so aus, als müßte ich bald beidrehen, Sir!«
    Freeman hatte sich erst nicht mit der Sprache herausgewagt, weil er etwas verlegen war. Die Lage war nämlich nicht ganz einfach für ihn. Nach Recht und Seegebrauch war er der Kommandant dieses Schiffes, und Hornblower war trotz seines weit höheren Ranges nichts als sein Passagier. Nur ein Admiral konnte dem eingesetzten Kommandanten ohne langes, schwieriges Verfahren das Kommando aus der Hand nehmen, ein Kapitän zur See konnte es nicht, auch wenn er, wie Hornblower, den Rang eines Kommodore innehatte. Das Gesetz und die Kriegsartikel gaben Hornblower nur das Recht, die Operationen der Porta Coeli zu leiten, Freeman aber trug allein die Verantwortung dafür, wie Hornblowers Befehle ausgeführt wurden. Rechtlich war es also ganz der Entscheidung Freemans überlassen, ob er beidrehte oder nicht. Aber ein Leutnant, der eine Achtzehn-Kanonen-Brigg führte und einen ausgewachsenen Kommodore an Bord hatte, konnte dessen Wünsche eben doch nicht gut außer acht lassen -

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