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Hornblower 10 - Hornblower in Westindien

Hornblower 10 - Hornblower in Westindien

Titel: Hornblower 10 - Hornblower in Westindien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
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Metzeleien sogar Bolivars Ruf bedrohten. Hier war der Beweis, daß es sich wirklich so verhielt, vor allem aber deuteten diese überfüllten Boote darauf hin, daß die Einnahme Puerto Cabellos durch Bolivar unmittelbar bevorstand. Er hatte die Schlacht von Carabobo gewonnen, ein Sieg in offener Feldschlacht, so nahe der Hauptstadt Caracas, konnte nur den Zusammenbruch der Sache Spaniens bedeuten. Carabobo ging als das Yorktown des südamerikanischen Befreiungskrieges in die Geschichte ein, daran war nicht zu zweifeln. Gemessen an dem Erreichten - der Befreiung eines ganzen Kontinents - konnte der Verlust der Bride of Abydos für Ramsbottom nur noch wenig bedeuten.
    Für Hornblower war es erforderlich, daß er sich unverzüglich vergewisserte, ob seine Vermutungen zutrafen. Das Kabinett in London brannte darauf, über die Lage in Venezuela rasch und aus erster Hand unterrichtet zu werden. »Sir Thomas«, sagte er darum, »ich gehe an Land.«
    »Wollen Sie eine bewaffnete Eskorte, Mylord?«
    »Wie Sie meinen.« Ein kümmerliches Dutzend mit Musketen ausgerüsteter Matrosen konnte ihm wenig helfen, wenn er unversehens einer siegestrunkenen Soldateska in die Hände fiel.
    Aber er stimmte dem Kommandanten doch lieber zu, weil ihm auf diese Art lange Erörterungen und vorwurfsvolle Blicke erspart blieben.
    Als Hornblower im blendenden Licht der Mittagssonne den Fuß auf die Pier setzte, lag der kleine Hafen völlig verlassen da.
    Kein Fischerboot war zurückgeblieben, der Kai und die anliegenden Straßen wirkten wie ausgestorben. Er drängte rasch voran, die Wache marschierte hinterher, und Gerard ging an seiner Seite. Die lange, gewundene Straße, der sie folgten, wirkte nicht mehr so tot, hier und dort spähten einzelne Frauen, alte Männer oder Kinder neugierig aus den Häusern. Er hörte zur Rechten Musketenfeuer, das nach kurzem Aufflackern wieder erstarb, und dann kam ihnen eine ganze Marschkolonne des Elends entgegen, lauter Kranke und Verwundete, die sich halbnackt und stumpfen Sinnes dahinschleppten. Manche stürzten, um sich sogleich wieder aufzuraffen, andere aber brachen vor Hornblowers Augen kraftlos zusammen und kamen nicht wieder hoch. Von diesen hatten einige wenigstens noch soviel Besinnung, daß sie sich an den Straßenrand rollten, die übrigen blieben liegen, wo sie lagen, und alle, die folgten, stolperten gefühllos über sie hinweg. Verwundete, Halbnackte, Barfüßige, Leute in Fieberdelirien und solche, die sich in Krämpfen wanden, taumelten ihnen entgegen, während das Musketengeknatter im Rücken dieses Elendshaufens immer näher und bedrohlicher klang. Kaum war der letzte Verwundete vorbei, als auch schon die ersten Männer der Nachhut erschienen. Die Fetzen, die sie am Leibe trugen, hatten nur noch eine schwache Ähnlichkeit mit dem Blau-Weiß der Königlich Spanischen Armee. Immerhin konnte Hornblower feststellen, daß diese Armee trotz ihrer Niederlage noch über eine geordnete Nachhut verfügte, so daß man nicht gut von ›voller Auflösung‹ reden konnte. Diese Nachhut war nur jämmerlich klein, kaum ein paar hundert Mann stark, und zehrte offensichtlich auch schon an den letzten Kraftreserven. Aber noch setzten sie ihren Widerstand unverdrossen fort.
    Die Männer bissen ihre Patronen auf, rammten die Pulverladungen in die Läufe und setzten die Kugeln darauf, dann warteten sie allein oder zu zweit hinter irgendeiner Deckung, bis sie wieder einen Schuß auf ihre Verfolger anbringen konnten. Unter ihnen befand sich ein Dutzend Offiziere, deren blanke Säbel in der Sonne blitzten. Der berittene Kommandeur der Truppe entdeckte Hornblower mit seinen Leuten und riß überrascht seinen Gaul herum. »Wer sind Sie?« rief er. »Engländer«, antwortete Hornblower. Ehe noch weitere Worte gewechselt werden konnten, lebte das Feuer im Rücken der Nachhut wieder gewaltig auf. Aber es kam gleich noch schlimmer: Aus einer Seitengasse, schon in gleicher Höhe mit der weichenden Truppe, erschienen urplötzlich ein Dutzend Kavalleristen, deren Lanzenspitzen in der Sonne funkelten. Jetzt hörte auch bei der Nachhut der letzte Rest von Ordnung auf, die Männer rasten in wilder Flucht die Straße entlang, um nicht abgeschnitten zu werden. Hornblower sah, wie ein Reiter einem der Fliehenden seine Lanzenspitze zwischen die Schultern jagte, wie der Getroffene auf sein Gesicht fiel und einen Meter weit durch den Staub geschleift wurde, bis sich die Lanze endlich wieder aus der Wunde riß, und er wie ein Tier mit

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